Worte

“Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.” (Joh 1,14)

Es ist die entscheidende Botschaft des Christentums: die Menschwerdung Gottes, die Inkarnation – bei der Verkündigung in Nazaret gewirkt, in der Geburt Jesu in Betlehem sichtbar geworden, in der Eucharistie Tag für Tag auf den Altären der Kirche erneuert, in der Monstranz ununterbrochen angebetet.

Päpste, Bischöfe und Theologen vieler Epochen der Kirche haben die Bedeutung der Eucharistie und ihrer Anbetung wärmstens empfohlen, leidenschaftlich verteidigt und lebendig bezeugt. Einige dieser Äußerungen sollen hier gesammelt werden:

Vatikan - Lineamenta zur Bischofssynode 2005
hl. Papst Johannes Paul II. - Ansprachen

Eucharistische Frömmigkeit pflegen

Audienz für die Mitglieder des Päpstlichen Komitees für die Eucharistischen Weltkongresse
Ansprache von Johannes Paul II. am 22. März 2002

Meine Herren Kardinäle, verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Brüder und Schwestern!

1. Es ist mir eine Freude, euch zu empfangen und mit großer Herzlichkeit zu begrüßen. Ein besonderer Gedanke gilt Herrn Kardinal Jozef Tomko, dem Präsidenten des Päpstlichen Komitees für die Eucharistischen Weltkongresse, dem ich für die Worte danke, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat.

In diesen Tagen, in denen ihr euch versammelt habt, um das Programm für die Aktivitäten des kürzlich in seiner Zusammensetzung erneuerten Komitees zu entwerfen, habt ihr diese Begegnung mit dem Papst gewünscht. Ich danke euch für euren Besuch und heiße jeden einzelnen herzlich willkommen, verbunden mit dem Wunsch einer fruchtbringenden Arbeit.

2. Gerne ergreife ich diese günstige Gelegenheit, um meine tiefe Wertschätzung gegenüber eurem Komitee zu bekunden, das sich für die Verbreitung der Verehrung der Eucharistie in der ganzen Kirche einsetzt. Die Eucharistischen Kongresse sind wichtige Erfahrungen des Glaubens und des intensiven Gebets, weil sie vielen Gläubigen die Gelegenheit geben, das in der Eucharistie geheimnisvoll verhüllte Antlitz Christi zu betrachten. Durch euch möchte ich den Delegierten auf nationaler Ebene und allen, die auf verschiedene Art und Weise zum guten Gelingen dieser so wichtigen Ausdrucksform der christlichen

Frömmigkeit beitragen, meine aufrichtige Dankbarkeit aussprechen.

Ihr wißt sehr genau, wie wichtig die eucharistische Frömmigkeit für das Leben der Kirche und die Verbreitung des Evangeliums ist. In der Eucharistie ist nämlich das kostbarste geistige Gut der christlichen Gemeinschaft enthalten, das heißt Christus selbst der sich am Kreuz für das Heil der Menschheit hingegeben hat. Führt also mit Hingabe und Begeisterung diese so tief geschätzte Arbeit fort.

Ich versichere euch meines Gedenkens im Gebet und erteile euch und allen, die euch nahestehen, von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

(Orig. ital. in 0.R. 23.3.2002)

Predigt bei der Christmette 2004: Adoro te devote latens deitas

1. „Adoro Te devote, latens Deitas“.

In dieser Nacht ist mein Herz von den Anfangsworten des bekannten eucharistischen Hymnus erfüllt, der mich in diesem Jahr, das auf besondere Weise der Eucharistie gewidmet ist, Tag für Tag begleitet.

Im Sohn der Jungfrau, der, „in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“ (Lk 2, 12), erkennen wir und beten an „das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Joh 6, 41.51), den Erlöser, der auf die Erde gekommen ist, um der Welt das Leben zu geben.

2. Betlehem! Die Stadt, in der Jesus Christus gemäß der Schrift geboren wurde, bedeutet auf hebräisch „Haus des Brotes“. Dort also sollte der Messias geboren werden, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh 6, 35.48).

In Betlehem ist Der geboren, der unter dem Zeichen des gebrochenen Brotes sein Pascha-Gedächtnis hinterlassen hat. Die Anbetung des Jesuskindes wird in dieser Heiligen Nacht zur eucharistischen Anbetung.

3. Wir beten dich an, Herr, der du im Sakrament des Altares wirklich gegenwärtig bist, du lebendiges Brot, das dem Menschen Leben gibt. Zartes, wehrloses Kind in der Krippe, wir bekennen dich als unseren einzigen Gott! In der Fülle der Zeit bist du „Mensch unter Menschen geworden, um Ende und Anfang zu verbinden, das heißt den Menschen mit Gott zu vereinen“ (vgl. hl. Irenäus, Adv. hær., IV, 20,4).

In dieser Nacht wurdest du, unser Göttlicher Erlöser, geboren, und für uns Wanderer auf den Pfaden der Zeit hast du dich zur Speise des ewigen Lebens gemacht.

Denk an uns, ewiger Sohn Gottes, der du im jungfräulichen Schoß Marias Fleisch geworden bist. Deiner bedarf die ganze Menschheit, die von so vielen Prüfungen und Schwierigkeiten gezeichnet ist.

Bleibe bei uns, du lebendiges Brot, das zu unserem Heil vom Himmel herabgekommen ist! Bleib immer bei uns. Amen!

Ansprache an die Mitglieder des Kommitees für die Eucharistischen Weltkongresse
am 22.3.2002: Eucharistische Frömmigkeit pflegen

Ansprache von Johannes Paul II. am 22. März 2002

Meine Herren Kardinäle, verehrte Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Brüder und Schwestern!

1. Es ist mir eine Freude, euch zu empfangen und mit großer Herzlichkeit zu begrüßen. Ein besonderer Gedanke gilt Herrn Kardinal Jozef Tomko, dem Präsidenten des Päpstlichen Komitees für die Eucharistischen Weltkongresse, dem ich für die Worte danke, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat.

In diesen Tagen, in denen ihr euch versammelt habt, um das Programm für die Aktivitäten des kürzlich in seiner Zusammensetzung erneuerten Komitees zu entwerfen, habt ihr diese Begegnung mit dem Papst gewünscht. Ich danke euch für euren Besuch und heiße jeden einzelnen herzlich willkommen, verbunden mit dem Wunsch einer fruchtbringenden Arbeit.

2. Gerne ergreife ich diese günstige Gelegenheit, um meine tiefe Wertschätzung gegenüber eurem Komitee zu bekunden, das sich für die Verbreitung der Verehrung der Eucharistie in der ganzen Kirche einsetzt. Die Eucharistischen Kongresse sind wichtige Erfahrungen des Glaubens und des intensiven Gebets, weil sie vielen Gläubigen die Gelegenheit geben, das in der Eucharistie geheimnisvoll verhüllte Antlitz Christi zu betrachten. Durch euch möchte ich den Delegierten auf nationaler Ebene und allen, die auf verschiedene Art und Weise zum guten Gelingen dieser so wichtigen Ausdrucksform der christlichen

Frömmigkeit beitragen, meine aufrichtige Dankbarkeit aussprechen.

Ihr wißt sehr genau, wie wichtig die eucharistische Frömmigkeit für das Leben der Kirche und die Verbreitung des Evangeliums ist. In der Eucharistie ist nämlich das kostbarste geistige Gut der christlichen Gemeinschaft enthalten, das heißt Christus selbst der sich am Kreuz für das Heil der Menschheit hingegeben hat. Führt also mit Hingabe und Begeisterung diese so tief geschätzte Arbeit fort.

Ich versichere euch meines Gedenkens im Gebet und erteile euch und allen, die euch nahestehen, von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

(Orig. ital. in 0.R. 23.3.2002)

Eucharistische Gemeinschaft von Gläubigen aus aller Welt

Eröffnung bei der Vesper am Dreifaltigkeitssonntag auf dem Petersplatz
Homilie von Papst Johannes Paul II. am 18. Juni 2000

1. »E i n Leib und e i n Geist, wie euch durch eure Berufung auch e i n e gemeinsame Hoffnung gegeben ist« (Eph 4,4).

»Ein« Leib! Auf diese Worte des Apostels Paulus konzentriert sich heute abend in besonderer Weise unsere Aufmerksamkeit während dieser feierlichen Vesper, mit der wir den Eucharistischen Weltkongreß eröffnen. »Ein« Leib: die Gedanken gehen in erster Linie zum Leib Christi, dem Brot des Lebens!

Jesus, vor, zweitausend Jahren von der Jungfrau Maria geboren, wollte uns beim Letzten Abendmahl seinen Leib und sein Blut aufgeopfert für die ganze Menschheit hinterlassen., Um die Eucharistie, Sakrament seiner Liebe zu uns, sammelt sich die Kirche, die sein mystischer Leib ist. Siehe: Christus und die Kirche, »ein« Leib, ein einziges großes Geheimnis. »Mysterium fidei! [Geheimnis des Glaubens!]«

Menschwerdung als Geheimnis betrachten

2. »Ave, verum corpus, natum de Maria Virgine! [Sei gegrüßt, o wahrer Leib, geboren von der Jungfrau Maria!]« – Sei gegrüßt, wahrer Leib Christi, geboren von der Jungfrau Maria! Geboren in der Fülle der Zeit geboren von einer Frau, geboren unter dem Gesetz (vgl. Gal 4,4).

Mitten im Großen Jubiläum und zu Beginn dieser Woche, die dem Eucharistischen Kongreß gewidmet ist, kehren wir zu dem historischen Ereignis zurück, das die volle Erfüllung unseres Heils anzeigt. Wir beugen die Knie vor der Krippe in Betlehern so wie die Hirten; so wie die Sterndeuter aus dem Osten huldigen wir Christus, dem Heiland der Welt. Wie der greise Simeon nehmen wir ihn in unsere Arme, Gott lobpreisend, weil unsere Augen das Heil gesehen haben, das er vor allen Völkern bereitet hat: Licht die Heiden zu erleuchten, und Herrlichkeit für sein Volk Israel (vgl. Lk 2,30-32).

Wir durchlaufen die Stationen seines Erdendaseins bis hin zu Golgota, bis zur Herrlichkeit der Auferstehung. Im Lauf der nächsten Tage werden wir vor allem im Abendmahlssaal verweilen und bedenken, was Christus Jesus für uns getan und gelitten hat.

3. »In supremae nocte cenae … se dat suis manibus. [In der Nacht beim letzten Mahle … gab mit eigner Hand er selbst sich dar.]« Beim Letzten Abendmahl, als er mit seinen Jüngern das Pascha feierte, gab Christus sich selbst uns dar. ja, zum Eucharistischen Weltkongreß versammelt kehrt die Kirche in diesen Tagen in den Abendmahlssaal zurück und verweilt dort in betrachtender Anbetung. Sie erlebt neu das große Geheimnis der Menschwerdung, ihren Blick auf das Sakrament konzentriert, in dem Christus uns das Gedächtnis seines Leidens vermacht hat: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird … Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut das für euch vergossen wird« (Lk 22,19-20).

»Ave, verum corpus … vere passum, immolatum! [Sei gegrüßt, oh wahrer Leib … wahrhaft gelitten, wahrhaft geopfert!]«

Wir beten dich an, wahrer Leib Christi, gegenwärtig im Sakrament des neuen und ewigen Bundes, lebendiges Gedächtnis des Erlösungsopfers. Du, Herr, bist das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen, das dem Menschen das Leben gibt! Am Kreuz hast du dein Fleisch hingegeben für das Leben der Welt (vgl. Joh 6,51): »in cruce pro homine! [am Kreuz für den Men schenl]«

Vor einem so erhabenen Geheimnis gibt de menschliche Verstand auf. Gestärkt von der göti lichen Gnade, wagt er jedoch mit Glauben m wiederholen:

»Adoro te devote, latens Deitas, quae sub his figuris vere latitas. [Demütig bete ich Dich, verborgene Gottheit an, die unter diesen Zeichen, du wahrhaft verborgen bist.]«

Ich bete dich an, oh verborgener Gott, der du dich unter den heiligen Gestalten wirklich verbirgst.

Aufruf zu Versöhnung und Einheit

4. »E i n Leib und e i n Geist wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist« (Eph 4,4).

In diesen Worten, die wir gerade vernommen haben, spricht der Apostel Paulus von der Kirche, der Gemeinschaft der Gläubigen, verbunden in der Einheit des einen Leibes, belebt von dem gleichen Geist und getragen von der Teilhabe an derselben Hoffnung. Paulus denkt an die Wirklichkeit des mystischen Leibes. Christi, der im eucharistischen Leib Christi sein Lebenszentrum hat von dem aus die Energie der Gnade in jedes Glied strömt.

Der Apostel betont: »Ist das Brot das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? E i n Brot ist es. Darum sind wir viele e i n Leib« (1 Kor 10,16-17). So sind wir alle, die Getauften, Glieder dieses Leibes und daher Glieder, die zueinander gehören (vgl. 1 Kor 12,27; Röm 12,5).

Mit inniger Erkenntlichkeit danken wir Gott, der die Eucharistie zum Sakrament unserer vollen Gemeinschaft mit ihm und mit den Brüdern gemacht hat.

5. Am heutigen Abend beginnen wir mit der feierlichen Vesper der Heiligsten Dreifaltigkeit eine Woche von außerordentlicher Dichte, in der Bischöfe und Priester, Ordensleute und Laien aus allen Teilen der Welt sich um die Eucharistie sammeln. Es wird eine einzigartige Erfahrung des Glaubens und ein beredtes Zeugnis kirchlicher Gemeinschaft sein.

Euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr an diesem Jubiläumsereignis teilnehmt in dem das Wesentliche des ganzen Heiligen Jahres zum Ausdruck kommt gilt mein Gruß. Besonders grüße ich die Gläubigen der Diözese Rom, unserer Diözese, die unter der Führung des Kardinalvikars und der Weihbischöfe und mit der Mitarbeit des Klerus, der Ordensmänner und Ordensfrauen wie auch der vielen hochherzigen Laien den Eucharistischen Kongreß in seinen verschiedenen Aspekten vorbereitet hat. Sie stellt sich nun darauf ein, dessen geordneten Ablauf in den kommenden Tagen zu gewährleisten, ganz der Ehre bewußt die es bedeutet, dieses zentrale Ereignis des Großen Jubiläums als Gastgeber auszurichten.

Einen speziellen Gruß möchte ich auch. an die zahlreichen Bruderschaften richten, die für einen bedeutungsvollen »Weg der Brüderlichkeit« nach Rom gekommen sind. Eure Anwesenheit stimmungsvoll bereichert durch die künstlerisch gearbeiteten Kreuze und die kostbaren heiligen Szenen, die ihr auf gewaltigen Aufbauten, sogenannten »macchine« (Traggestelle mit Heiligenfiguren) mit euch tragt, ist eine würdige Umrahmung für die eucharistische Andacht zu der wir uns hier versammelt haben.

Auf diesen Platz sind die Gedanken und Herzen von vielen Gläubigen überall auf der Welt gerichtet Alle lade ich ein – die einzelnen Gläubigen wie auch die kirchlichen Gemeinschaften an allen Orten der Erde -, diese Augenblicke hoher eucharistischer Spiritualität mit uns zu teilen. Ich bitte besonders die Kinder und die Kranken sowie die kontemplativen Gemeinschaften, ihr Gebet darzubringen für das glückliche und fruchtbare Gelingen dieses eucharistischen Weltereignisses.

6. Vom Eucharistischen Kongress ergeht die Aufforderung an uns, unseren Glauben an die reale Anwesenheit Christi im Altarsakrament zu erneuern: »Ave, verum corpus!«

Zugleich ergeht an uns der dringliche Aufruf zur Versöhnung und zur Einheit aller Glaubenden: »E i n Leib … e i n Glaube, e i n e Taufe!« (Eph 4,4.). Spaltungen und Zwistigkeiten verletzen leider immer noch den Leib Christi und hindern die Christen der verschiedenen Konfessionen daran, das eine eucharistische Brot miteinander zu teilen. Daher rufen wir vereint die heilende Kraft des – in diesem Jubiläumsjahr überreichen – göttlichen Erbarmens an.

Und du, oh Christus, einziges Haupt und einziger Retter, ziehe alle deine Glieder an dich. Eine sie und verwandle sie in deiner Liebe, damit die Kirche in jener übernatürlichen Schönheit erstrahle, die in den Heiligen jeder Zeit und Nation, in den Märtyrern, in den Bekennern, in den jungfräulichen Menschen und in den unzähligen Zeugen des Evangeliums erscheint!

»O Jesu dulcis, o Jesu pie, o Jesui fili Mariae! [Oh du lieber Jesus, oh du heiliger Jesus, oh Jesus, Sohn Mariae!]«

Amen!

(Orig. ital. in 0.R. 19./20.6.2000)

Ansprache an die Kongregation der Rogationisten 6.12.2001

Seid zutiefst eucharistische Seelen

In einer Ansprache an Mitglieder der Kongregation der Rogationisten ermutigte Papst Johannes Paul II. die Ordensleute, „zutiefst eucharistische Seelen zu sein, die anbeten, lieben und jubeln in der Eucharistie. Am Beginn eurer Kongregationen stellte der selige Di Francia das eucharistische Geheimnis in die Mitte von allem. Von der Eucharistischen Anbetung werdet ihr nicht nur das Geschenk neuer Berufungen erhalten, auch die Gnade einer größeren Hingabe und Freude in Eurem Priestertum, Eurer Weihe und Eurem christlichen Kampf.“

Gründonnerstag – Abendmahlsmesse in St. Johann im Lateran

Allerheiligstes Sakrament – Quelle der Liebe zu Gott und zum Nächsten

Predigt von Johannes Paul II. am 12. April 2001

1. »In supremae nocte Cenae / recumbens cum fratribus … – In der Nacht beim letzten Mahle, / wo er mit der Jünger Schar, / nach der Vorschrift des Gesetzes / bei dem Osterlamme war, / gab mit eigner Hand den Seinen / Er sich selbst zur Speise dar.«

Mit diesen Worten stellt der eindrucksvolle Hymnus des »Pange lingua« das Letzte Abendmahl vor, bei dem Jesus uns das wunderbare Sakrament seines Leibes und seines Blutes hinterlassen hat. Die soeben vorgetragenen Lesungen veranschaulichen dessen tiefen Sinn. Dabei bilden sie gleichermaßen ein Triptychon: Sie stellen die Einsetzung der Eucharistie vor, deren Vorankündigung im Osterlamm und deren Umsetzung in ein Leben der Nächstenliebe und des Dienstes an den Brüdern.

Es war der Apostel Paulus, der uns in Erinnerung rief, was Jesus »in der Nacht, da er verraten wurde«, getan hat. Dem Bericht der historischen Tatsachen fügte Paulus einen eigenen Kommentar hinzu: »Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt , verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1 Kor 11,26). Die Botschaft des Apostels ist eindeutig: Die Gemeinde, die das Herrenmahl feiert, vergegenwärtigt das Osterfest. Die Eucharistie ist nicht eine bloße Erinnerung an einen vergangenen Ritus, sondern die lebendige Vergegenwärtigung der höchsten Geste des Erlösers. Die christliche Gemeinschaft muss sich daher angespornt fühlen, eine neue Welt zu verkünden, die uns an Ostern eröffnet wurde. Bei der Betrachtung des Geheimnisses der Liebe, das sich uns im Letzten Abendmahl darbietet, verharren auch wir in ergriffener und stiller Anbetung.

2. »Verbum caro, / panem verum verbo carnem efficit … Durch das Wort wird Blut zum Fleische ..«

Dies ist das Wunder, das wir Priester jeden Tag mit unseren Händen bei der heiligen Messe berühren! Die Kirche wiederholt unablässig die Worte Jesu, und sie weiß, dass sie den Auftrag hat, dies bis zum Ende der Zeiten zu tun. Kraft dieser Worte vollzieht sich eine wunderbare Wandlung: Die eucharistischen Gestalten bleiben, doch das Brot und der Wein werden gemäß der vortrefflichen Definition des Konzils von Trient »wahrhaft, wirklich und substanzhaft« zum Leib und Blut des Herrn. Unser Verstand verstummt angesichts eines so erhabenen Geheimnisses. Dem Herzen des Gläubigen drängen sich viele Fragen auf, doch es findet seinen Frieden im Worte Christi: »Et si sensus deficit / ad firmandum cor sincerum sola fides sufficit – Sieht es auch der Sinn nicht ein; / einem reinen Sinn genüget / fester Glaube schon allein.« Getragen von diesem Glauben und von diesem Licht, das unsere Schritte auch in der Nacht des Zweifels und der Schwierigkeiten erhellt, können wir ausrufen: »Tantum ergo Sacramentum / veneremur cernui – Darum lasst uns tief verehren / ein so großes Sakrament …«

3. Die Einsetzung der Eucharistie knüpft an den Pascharitus des ersten Bundes an, der im soeben vorgetragenen Abschnitt aus dem Buch Exodus beschrieben wurde: Es ist die Rede von einem »fehlerfreien, männlichen, einjährigen Lamm« (vgl. Ex 12,5), dessen Opferung das Volk vor der Vernichtung bewahren sollte: »Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Urteil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage« (12,13).

Der Hymnus des hl. Thomas merkt an: »Et antiquum documentum / novo cedat ritui – Dieser Bund wird ewig währen, / und der alte hat ein End …« Daher lenken die biblischen Texte der Liturgie des heutigen Abends unseren Blick richtigerweise auf das neue Lamm. Durch das Blut, das es aus freiem Willen am Kreuz vergossen hat, besiegelte es einen neuen und endgültigen Bund. Dies also ist die Eucharistie: die sakramentale Gegenwart des vom neuen Lamm dargebrachten Fleisches und des von ihm vergossenen Blutes. In der Eucharistie werden der ganzen Menschheit das Heil und die Liebe angeboten. Wie könnte man angesichts dieses Mysteriums nicht in Staunen geraten. Machen wir uns die Worte des hl. Thomas von Aquin zueigen: »Praestet fides supplementum sensuum defectui – Unser Glaube soll uns lehren, / was das Auge nicht erkennt …« Ja, der Glaube führt uns zum Staunen und zur Anbetung!

4. Unser Blick weitet sich nun auf den dritten Bestandteil jenes Triptychons der heutigen Liturgie aus. Wir verdanken dies dem Bericht des Evangelisten Johannes, der uns die überwältigende Ikone der Fußwaschung vorstellt. Mit dieser Geste ruft Jesus den Jüngern aller Zeiten in Erinnerung, dass die Eucharistie durch den Dienst der Nächstenliebe gegenüber den Brüdern und Schwestern bezeugt werden muss. Wir haben die Worte des göttlichen Meisters gehört: »Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen« (Joh 13,14). Aus dieser Geste Jesu ergibt sich ein neuer Lebensstil: Ach habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe« (Joh 13,15).

Die Fußwaschung wird als eine paradigmatische Handlung aufgezeigt, die sich im Kreuzestod und in der Auferstehung Christi unserer Erkenntnis erschließt und in ihnen ihre höchste Erklärung findet. In dieser Tat demütigen Dienens erkennt der Glaube der Kirche das natürliche Ziel einer jeden eucharistischen Feier. Eine wahrhaftige Teilnahme an der Messe muss sowohl im einzelnen Gläubigen als auch in der gesamten kirchlichen Gemeinschaft die brüderliche Nächstenliebe hervorbringen.

5. »Er erwies ihnen seine Liebe bis zur Vollendung« (vgl. Joh 13,1). Die Eucharistie ist das immerwährende Zeichen der Liebe Gottes , jener Liebe also, die uns auf unserem Weg zur vollen Gemeinschaft mit dem Vater, durch den Sohn, im Heiligen Geist trägt. Sie ist eine Liebe, die das Herz des Menschen übersteigt. Wenn wir heute abend innehalten, um das Allerheiligste Sakrament anzubeten und über das Mysterium des Letzten Abendmahles nachzusinnen, fühlen wir uns in den Ozean der Liebe eingetaucht, der dem Herzen Gottes entspringt. Machen wir uns in dankbarer Gesinnung den Dankeshymnus des Volkes der Erlösten zu eigen:

»Genitori Genitoque / laus et jubilatio … Gott dem Vater und dem Sohne / sei Lob, Preis und Herrlichkeit, / Mit dem Geist auf höchstem Throne / eine Macht und Wesenheit! / Singt in lautem Jubeltone / göttlicher Dreieinigkeit.« Amen!

(Orig. ital. in O.R. 14.4.2001)

Ansprache von Papst Johannes Paul II. bei der Generalaudienz am 21. Juni 2000

Die Eucharistie – Quell für den missionarischen Einsatz der Kirche

1. »Jesus Christus, einziger Erlöser der Welt. Brot für das neue Leben«: Das ist das Thema des 47. Eucharistischen Weltkongresses, der am vergangenen Sonntag begonnen hat und am kommenden Sonntag mit der »Statio Orbis« auf dem Petersplatz enden wird.

Der Kongreß stellt die Eucharistie in den Mittelpunkt des Jubiläumsjahrs der Menschwerdung und verdeutlicht deren ganze spirituelle, kirchliche und missionarische Tiefe. Aus der Eucharistie schöpft nämlich sowohl die Kirche als auch jeder Gläubige die Kraft, die zum Verkünden und Bezeugen des Evangeliums vom Heil vor allen Menschen unentbehrlich ist. Die Feier der Eucharistie, als Sakrament des Ostergeschehens des Herrn, ist schon In sich selbst ein missionarisches Ereignis, das den fruchtbaren Samen des neuen Lebens in die Welt bringt.

Dieser missionarische Wesenszug der Eucharistie wird von Paulus im 1. Brief an die Korinther ausdrücklich erwähnt: »Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus diesem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1 Kor 11,26).

Mission und Berufung

2. In der Doxologie nach der Konsekration nimmt die Kirche die Worte des hl. Paulus wieder auf. Die Eucharistie ist ein »missionarisches« Sakrament nicht nur deshalb, weil daraus die Gnade zur Mission hervorgeht, sondern auch weil sie den Ursprung und die ewige Quelle des Heils für alle Menschen in sich selbst enthält. Die Feier des eucharistischen Opfers ist daher das wirksamste missionarische Handeln, das die kirchliche Gemeinschaft in die Geschichte der Welt einbringen kann.

Jede Messe endet mit dem missionarischen Auftrag: »Gehet!« Er fordert die Gläubigen auf, die Verkündigung des auferstandenen Herrn in die Familien, an den Arbeitsplatz und in die Gesellschaft, ja in die ganze Welt zu tragen. Aus diesem, Grunde habe ich die Gläubigen in meinem Schreiben Dies Domini eingeladen, dem Vorbild der Emmaus-Jünger zu folgen: Nachdem sie den auferstandenen Christus am Brechen des Brotes erkannt hatten (vgl. Lk 24,30-32), empfanden sie das Bedürfnis, die Freude der Begegnung mit ihm sofort mit allen Brüdern zu teilen (vgl. Nr. 45). Das »gebrochene Brot« öffnet das Leben des Christen und der gesamten Gemeinschaft zum Teilen und zur Selbsthingabe für das Leben der Welt (vgl. Joh 6,51). Eine Eigenschaft der Eucharistie ist, diese untrennbare Verbindung zwischen Gemeinschaft und Sendung herzustellen, welche die Kirche zum Sakrament der Einheit des ganzen Menschengeschlechts macht (vgl. Lumen gentium, 1).

3. Heute ist es besonders nötig, daß jede christliche Gemeinschaft aus der Feier der Eucharistie die innere Überzeugung und die geistige Kraft schöpft, um aus sich selbst herauszugehen und sich anderen, ärmeren Gemeinschaften zu öffnen, die der Unterstützung im Bereich der Evangelisierung und der missionarischen Zusammenarbeit bedürfen. Auf diese Weise wird ein fruchtbarer Gabenaustausch gefördert, der die ganze Kirche bereichert.

Sehr wichtig ist auch das Erkennen – von der Eucharistie ausgehend – der Berufungen und der missionarischen Dienste. Nach dem Beispiel der ersten Gemeinschaft von Antiochia, die sich zum »Gottesdienst-Feiern« versammelte, ist jede Christengemeinde aufgerufen, auf den Geist zu hören und seinen Einladungen zu folgen, indem sie die besten Kräfte ihrer Söhne und Töchter der Weltmission zur Verfügung stellt sie mit Freude in die Welt hinausschickt und sie dabei mit ihrem Gebet und der nötigen spirituellen und materiellen Unterstützung begleitet (vgl. Apg 13,1-3).

Die Eucharistie ist außerdem eine stete Schule der Nächstenliebe, der Gerechtigkeit und des Friedens, um die Umwelt in Christus zu erneuern. In der Gegenwart des Auferstandenen finden die Gläubigen den Mut Solidarität und Erneuerung zu bewirken und sich für die Abkehr von den Strukturen der Sünde einzusetzen, in denen einzelne, Gemeinschaften und manchmal sogar ganze Völker gefangen sind (vgl. Dies Dornini, 73).

Zeichen des Martyriums

4. In diesen Überlegungen über Bedeutung und missionarischen Gehalt der Eucharistie durfte schließlich die Bezugnahme auf jene einzigartigen »Missionare« und Zeugen des Glaubens und der Liebe Christi, nämlich die Märtyrer, nicht fehlen. Die Reliquien der Märtyrer, seit der Antike unter dem Altar aufbewahrt wo das »Opfer unserer Versöhnung« (Drittes Hochgebet) gefeiert wird, sind ein deutliches Zeichen für die aus dem Opfer Christi hervorgehende Kraft. Diese geistliche Energie führt die, die sich durch den Leib des Herrn stärken, dazu, ihr Leben für ihn und für die Brüder hinzugeben – durch ein vollkommenes Sich-Hinschenken, wenn nötig bis zum Blutvergießen.

Möge der Eucharistische Weltkongreß durch die Fürsprache Marias, Mutter des für uns geopferten Christus, in den Gläubigen das Bewußtsein für den missionarischen Einsatz beleben, der aus der Teilnahme an der Eucharistie hervorgeht. Der hingegebene Leib und das vergossene Blut (vgl. Lk 22,19-20) sind das höhere Kriterium, auf das sie sich in ihrem Hinschenken für das Heil der Welt jetzt und auch in Zukunft immer beziehen müssen.

(Orig. ital. in 0.R. 22.6.2000)

Eucharistiefeier zum Fronleichnamsfest

Eucharistiefeier zum Fronleichnamsfest
Predigt von Johannes Paul II. am 22. Juni

Eucharistie – Stärkung auf dem Weg zum Leben

1. Die Einsetzung der Eucharistie, das Opfer Melchisedeks und die Brotvermehrung: dieses eindrucksvolle »Triptychon« wird uns im Wortgottesdienst des heutigen Fronleichnamsfestes vorgestellt.

Im Mittelpunkt steht die Einsetzung der Euchariste. Der hl. Paulus erinnert im 1. Brief an die Korinther, den wir soeben gehört haben, mit eindeutigen Worten an dieses Ereignis und fügt hinzu: »Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1 Kor 11,26). »So oft«, also auch am heutigen Abend, im Herzen des Eucharistischen Weltkongresses, verkünden wir durch die Feier der Eucharistie den heilbringenden Tod Christi, und wir erneuern in unseren Herzen die Hoffnung auf die endgültige Begegnung mit ihm.

Dessen eingedenk werden wir nach der Wandlung gewissermaßen als Antwort auf die Einladung des Apostels ausrufen: »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.«

2. Unser Blick weitet sich auf die anderen Elemente dieses biblischen »Triptychons« aus, das wir heute betrachten: das Opfer Melchisedeks und die Brotvermehrung.

Der erste Bericht, den wir in der ersten Lesung gehört haben, ist dem Buch Genesis entnommen. Trotz seiner Kürze ist er von großer Bedeutung. Er stellt uns Melchisedek vor, den »König von Salem« und »Priester des Höchsten Gottes«, der Abraham segnete und »Brot und Wein heraus[brachte]« (Gen 14,18). Auf diesen Abschnitt bezieht sich auch Psalm 110, der dem messianischen König einen einzigartigen priesterlichen Charakter aufgrund seiner direkten Einsetzung durch Gott zuschreibt: »Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks« (Ps 110,4).

Am Tag vor seinem Tod am Kreuz setzte Christus im Abendmahlssaal die Eucharistie ein. Auch er brachte Brot und Wein dar, die in seinen »heiligen und ehrwürdigen Händen« (Erstes Hochgebet), als Opfer hingegeben, zu seinem Leib und Blut wurden. Somit erfüllte er die Prophezeiung des Alten Bundes, die an die Opfergabe Melchisedeks gebunden war. Eben daher, so wird im Brief an die Hebräer erinnert, » [ … ] ist er für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden und wurde von Gott angeredet als >Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks<« (5,7-10).

Im Abendmahlssaal wird das Opfer auf Golgota vorweggenommen: der Kreuzestod des menschgewordenen Wortes, des Lammes Gottes, des Lammes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Durch das Leiden Christi findet das Leid eines jeden Menschen Erlösung. Durch seine Passion erhält das Leid des Menschen einen neuen Wert. Durch seinen Tod wird unser Tod auf immer besiegt.

3. Richten wir den Blick auf die biblische Erzählung der Brotvermehrung, die das eucharistische »Triptychon« vervollständigt, dem wir heute unsere Aufmerksamkeit schenken. Im liturgischen Rahmen des Fronleichnamsfestes hilft uns diese Perikope des Evangelisten Markus, das Geschenk und Geheimnis der Eucharistie besser zu verstehen. Jesus nahm die fünf Brote und zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie, brach sie und gab sie den Jüngern, damit diese sie an die Leute austeilten (vgl. Lk 9,16). Alle – so merkt der hl. Lukas an – aßen und wurden satt, und als man die übriggebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll (vgl. ebd., 17).

Es handelt sich um ein überraschendes Wunder, das gewissermaßen den Anfang eines langen geschichtlichen Prozesses darstellt: die sich in der Kirche ereignende unablässige Vermehrung des Brotes des neuen Lebens für die Menschen aller Rassen und Kulturen. Dieser sakramentale Dienst ist den Aposteln und ihren Nachfolgern übertragen. Getreu dem Auftrag des göttlichen Meisters, brechen diese ohne Unterlaß das eucharistische Brot und teilen es von Generation zu Generation aus.

Das Volk Gottes empfängt es in gläubiger Anteilnahme. Von diesem Brot des Lebens, diesem Heilmittel der Unsterblichkeit, nährten sich unzählige Heilige und Märtyrer. Sie nahmen aus ihm die Kraft, auch hartem und langem Leid zu widerstehen. Sie schenkten den Worten Glauben, die Jesus dereinst in Kafarnaum aussprach: »Ich bin das lebendige Brot das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, wird in Ewigkeit leben« (Joh 6,51)

4. »Ich bin das lebendige Brot das vom Himmel herabgekommen ist.« Nachdem wir dieses außergewöhnliche eucharistische »Triptychon« betrachtet haben, das von den heutigen Lesungen gebildet wird, richten wir unser geistiges Auge nun direkt auf das Geheimnis. Jesus bezeichnet sich selbst als das »lebendige Brot« und fügt hinzu: »Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt« (Joh 6,51).

Geheimnis unseres Heilsl Christus, der einzige Herr – gestern, heute und in Ewigkeit -, wollte seine heilbringende Gegenwart in der Welt und Geschichte an das Sakrament der Eucharistie knüpfen. Er wollte sich zum gebrochenen Brot machen, damit sich jeder Mensch durch die Teilhabe am Sakrament seines Leibes und Blutes mit seinem Leben nähren kann.

Wie die Jünger, die erstaunt seine Rede in Kafarnaum anhörten, bemerken auch wir, daß diese Sprache nicht leicht zu verstehen ist (vgl. Joh 6,60). Könnten wir nicht mitunter versucht sein, ihnen eine verkürzte Auslegung zu geben. Doch dies würde uns weit weg führen von Christus, so wie es bei jenen Jüngern geschah, die »daraufhin nicht mehr mit ihm wanderten« (Joh 6,66).

Wir wollen bei Christus bleiben und sprechen daher mit Petrus zu ihm: »Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens« (Joh 6,68). Mit derselben Überzeugung des Petrus beugen wir heute die Knie vor dem Altarsakrament und erneuern in der wirklichen Gegenwart Christi unser Glaubensbekenntnis.

Dies ist die Bedeutung der heutigen Feier, die der Eucharistische Weltkongreß, im Jahr des Großen Jubiläums mit besonderer Eindringlichkeit verdeutlicht. Dies ist auch der Sinn der feierlichen Prozession, die uns in Kürze von diesem Platz aus zur Basilika Santa Maria Maggiore führen wird.

In demütigem Stolz werden wir das Sakrament der Eucharistie durch die Straßen der Stadt geleiten, vorbei an den Häusern, in denen Menschen wohnen und Freud und Leid erleben; inmitten der Geschäfte und Werkstätten, in denen die alltäglichen Tätigkeiten ausgeübt werden. Wir bringen es in Berührung mit unserem Leben, das von so vielen Gefahren bedroht und von Sorgen und Nöten belastet wird und das dem langsamen, aber unaufhaltsamen Lauf der Zeit unterworfen ist.

Wir begleiten es, indem wir als Ehrerbietung unsere Gesänge und Bitten zu ihm erheben: »Bone Pastor, panis vere … Guter Hirt, du wahre Speise« – sprechen wir vertrauensvoll zu ihm – »Jesus, gnädig dich erweise! Nähre uns auf deinen Auen, laß uns deine Wonnen schauen, in des Lebens ewigem Reich!

Du, der alles weiß und leitet, uns im Tal des Todes weidet laß an deinem Tisch uns weilen, deine Herrlichkeit uns teilen. Deinen Seligen mach uns gleich!« Amen!

(Orig. ital. in 0.R. 24.6.2000)

Abschlußfeier des Eucharistischen Weltkongesses »Statio Orbis« auf dem Petersplatz

Eucharistie – Geschenk auf das ewige Leben hin

Predigt von Johannes Paul II. am 25. Juni

1. »Nehmt das ist mein Leib … Das ist mein Blut … « (Mk 14,22-23)

Diese Worte, die Jesus beim Letzten Abendmahl sprach, hallen heute in unserer Versammlung wieder, durch die wir den Eucharistischen Weltkongreß beschließen werden. Sie erklingen mit einzigartigem Nachdruck, als ein erneuter Auftrag:»Nehmt!«

Christus vertraut uns seinen hingegebenen Leib und sein vergossenes Blut an. Er überantwortet sie uns ebenso wie den ersten Aposteln im Abendmahlssaal vor dem höchsten Opfer auf Golgota. Es sind Worte, die Petrus und die anderen Mahlteilnehmer mit Verwunderung und tiefer Rührung aufnahmen. Konnten sie jedoch damals verstehen, von welch weitreichender Bedeutung sie waren?

Es erfüllte sich in diesem Augenblick die Verheißung, die Jesus in der Synagoge von Kafarnaum gegeben hatte: Ich bin das Brot des Lebens [ … ] Das Brot das ich geben werde, ist mein Fleisch (ich gebe es hin) für das Leben der Welt« (Joh 6, 48.51). Diese Verheißung erfüllte sich am Abend vor seinem Leiden, durch das Christus sich selbst zum Heil der Menschen hingeben sollte.

2. »Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird« (Mk 14,24).

Im Abendmahlssaal spricht Jesus vom »Bund«. Die Apostel haben keine Schwierigkeiten, diesen Begriff zu verstehen, da sie zum Volk gehören, mit dem Jahwe so wird uns in der ersten Lesung berichtet während des Auszugs aus Ägypten den alten Bund geschlossen hat (vgl. Ex 1924). In ihrem Gedächtnis sind noch die Erinnerungen an den Berg Sinai und an Mose lebendig, der von diesem Berg hinabstieg und das Gesetz Gottes brachte, das auf zwei Steintafeln gemeißelt war.

Sie haben nicht vergessen, daß Mose, nachdem er das »Bundesbuch« entgegengenommen hatte, es laut vorlas, worauf das Volk zustimmend, erklärte: »Alles, was der Herr gesagt hat wollen wir tun; wir wollen gehorchen« (ebd., 24,7). So ist ein Bündnis zwischen Gott und seinem Volk geschlossen worden, das mit dem Blut von Opfertieren besiegelt wurde. Daher hatte Mose das Volk mit Blut besprengt und gesagt: »Das ist das Blut des Bundes, den der Herr aufgrund all dieser Worte mit euch geschlossen hat« (ebd., 24,8).

Die Apostel hatten also den Bezug zum alten Bund verstanden. Was haben sie jedoch vom neuen Bund verstanden? Sicherlich recht wenig. Es mußte der Heilige Geist herabkommen und ihren Verstand erhellen: dann würden sie den Sinn der Worte Jesu ganz erfassen. Sie würden verstehen und sich daran erfreuen.

Einen deutlichen Widerhall dieser Freude fanden wir in den soeben vorgetragenen Worten aus dem Hebräerbrief: »Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, daß sie leiblich rein werden, wieviel mehr [ … ] das Blut Christi …« (9,13-14). Und der Verfasser des Briefes merkt abschließend an: »Und darum ist er [Christus] der Mittler eines neuen Bundes[ … ], damit die Berufenen das verheißene ewige Erbe erhalten« (9,15).

3. »Dies ist der Kelch mit meinem Blut.« Am Abend des Gründonnerstags gelangten die Jünger bis an die Schwelle des großen Mysteriums. Als sie sich nach dem Mahl gemeinsam auf machten, um zum Ölberg hinauszugehen, konnten sie noch nicht wissen, daß sich die Worte, die er über Brot und Kelch gesprochen hatte, am folgenden Tag in der Stunde des Kreuzes auf dramatische Weise verwirklichen sollten. Vielleicht wurden sie sich nicht einmal an dem schrecklichen und doch glorreichen Tag, den die Kirche »feria sexta in parasceve« nennt am Karfreitag also, dessen bewußt daß das, was Jesus ihnen unter den Gestalten des Brotes und Weines gegeben hatte, das Ostergeschehen in sich enthielt.

Im Lukasevangelium finden wir einen erhellenden Abschnitt. Als der Evangelist über die beiden Jünger berichtet die auf dem Weg nach Emmaus sind, stellt er ihre Enttäuschung fest: »Wir aber hatten gehofft daß er der sei, der Israel erlösen werde« (Lk 24,21). Dieses Gefühl müssen wohl auch andere Jünger vor ihrer Begegnung mit dem auferstandenen Christus gehabt haben.

Erst nach der Auferstehung begannen sie zu verstehen, daß sich im Ostergeschehen die Erlösung des Menschen ereignet hatte. Zur vollen Wahrheit sollte sie dann der Heilige Geist führen, der ihnen enthüllte, daß der Gekreuzigte seinen Leib hingegeben und sein Blut vergossen hatte zur Sühne für unsere Sünden, für die Sünden der ganzen Welt (vgl. 1 Joh 2,2).

Der Verfasser des Hebräerbriefes gibt uns auch eine treffende Zusammenfassung des Geheimnisses: »Christus [ … ] ist [ … ] ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt« (Hebr 9,11-12).

4. Diese Wahrheit bekräftigen wir heute von neuem in der »Statio Orbis« dieses Eucharistischen Weltkongresses, während wir der Weisung Christi getreu »zu seinem Gedächtnis« wiederum das tun, was er im Abendmahlssaal am Abend vor seinem Leiden getan hat.

»Nehmt, das ist mein Leib… Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird« (Mk 14,22.24). Von diesem Platz aus wollen wir diese außergewöhnliche Botschaft für alle Männer und Frauen des dritten Jahrtausends wiederholen: der Sohn Gottes ist für uns Mensch geworden und hat sich zu unserem Heil als Opfer hingegeben. Er gibt uns seinen Leib und sein Blut als Nahrung für ein neues Leben, ein göttliches Leben, das nicht mehr dem Tod unterworfen ist.

Voll innerer Bewegung empfangen wir von neuem diese Gabe aus den Händen Christ, damit sie durch uns in jede Familie und Stadt gelange, an die Orte voller Schmerzen und die Stätten der Hoffnung in unserer Zeit.

Die Eucharistie ist das Geschenk einer grenzenlosen Liebe: unter den Zeichen des Brotes und Weines erkennen und beten wir das eine und vollkommene Opfer Christi an, das zu unserem Heil und zum Heil aller Menschen dargebracht wurde. Die Eucharistie ist wahrhaftig »das Mysterium, das alle Wundertaten, die der Herr zu unserem Heil bewirkt hat, in sich birgt«, (vgl. Hl. Thomas von Aquin, De sacr. Euch., Kap. 1).

Im Abendmahlssaal ist der Glaube der Kirche an die Eucharistie entstanden und entsteht dort fortwährend von neuem. Während der Eucharistische Weltkongreß nunmehr seinem Ende zugeht, wollen wir im Geiste zu diesen Ursprüngen zurückgehen, in die Zeit des Abendmahlssaales und des Golgota, um für das Geschenk der Eucharistie zu danken, diese unschätzbare Gabe, die uns Christus hinterlassen hat, dieses Geschenk, von dem die Kirche lebt.

5. Bald wird unsere liturgische Versammlung auseinandergehen, bereichert durch die Anwesenheit von Gläubigen aus allen Teilen der Welt, was durch den außergewöhnlichen Blumenschmuck stimmungsvoll umrahmt wurde. Ich möchte alle herzlich grüßen und allen von Herzen Dank sagen!

Gehen wir aus dieser Begegnung gestärkt hervor für den apostolischen und missionarischen Einsatz. Die Teilnahme an der Eucharistie mache euch Kranke geduldig in den Zeiten der Prüfung. Euch Brautleute mache sie treu in der Liebe. Euch Geweihten verleihe sie in euren heiligen Vorsätzen Ausdauer. Sie mache euch, liebe Erstkommunionkinder, stark und großherzig, in besonderer Weise jedoch euch, liebe Jugendliche, die ihr euch anschickt, die Verantwortung für die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Mein Gedanke geht von dieser »Statio Orbis« bereits hin zu der Eucharistiefeier, die den Weltjugendtag beschließen wird. Euch Jugendlichen aus Rom, Italien und der ganzen Welt rufe ich zu: bereitet euch sorgfältig auf dieses internationale Jugendtreffen vor, bei dem an euch der Ruf ergeht, die Herausforderungen des neuen Jahrtausends in Angriff zu nehmen.

6. Und Du, Christus, unser Herr, der Du durch »dieses erhabene Geheimnis [ … ] Deine Gläubigen [heiligst und stärkst], damit der eine Glaube die Menschen der einen Erde erleuchte, die eine Liebe sie alle verbinde« (Präfation von der heiligen Eucharistie II), mache Deine Kirche, die das Geheimnis deiner heilbringenden Gegenwart feiert, immer stärker und einiger.

Erfülle alle, die zum heiligen Mahl gehen, mit Deinem Geist, und mache sie mutiger im Zeugnis für das Gebot Deiner Liebe, damit die Welt an Dich glaube, der Du einst sprachst: Ach bin das lebendige Brot das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt wird in Ewigkeit leben« (Joh 6,51).

Du, Herr Jesus Christus, Sohn der Jungfrau Maria, bist der einzige Heiland des Menschen, »gestern, heute und in Ewigkeit«

(Orig. ital in 0.R. 26./27.6..2000)

Jesus Christus – einziger Erlöser der Welt – Brot für das neue Leben

Dieses Leitwort des 47. Eucharistischen Weltkongresses vom 18.-25. Juni 2000 in Rom wird im Logo ins Bild gebracht.

Der Blick fällt sofort auf den blauen Kreis: Symbol für das Weltall. Es ist durchkreuzt. Das Kreuz, das Kennzeichen für Jesus Christus, liegt über dem Kosmos und geht zugleich über ihn hinaus. Jesus Christus Ist gleichsam die Weltachse, das Koordinatensystem, das die Welt und alles, was in ihr geschieht, mehr als alles andere bestimmt Im Kolosserbrief wird von ihm gesagt: in ihm wurde alles erschaffen. Alles ist durch ihn und auf Ihn hin geschaffen. In ihm hat alles Bestand“ (1,16).

Das Kreuz ist im Längs- und Querbalken dreigeteilt. In Jesus offenbart sich der dreieinige Gott und teilt sich mit als Vater, als menschgewordener, gekreuzigter und auferstandener Sohn, als Heiliger Geist. So wird das dreiteilige Kreuz auch zum Zeichen der Erlösung der Weit. Wieder sagt es der Kolosserbrief so: „Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut“ (1,20).

Um den Mittelpunkt des Kreuzes legt sich ein kleinerer Kreis, geformt von fünf miteinander vernetzten Tauben: der Erdkreis mit seinen fünf Kontinenten, ihren Völkern und Kulturen.

Dem geöffneten Herzen des gekreuzigten Erlösers Jesus Christus entströmt der Geist Gottes zu allen Menschen aller Zonen und aller Zeiten, Für alle ist Jesus gestorben, Durch seinen Geist ist er jedem Menschen nahe, will ihn öffnen für Gott und für alle Mitmenschen. So befreit er aus aller Entfremdung, führt zur Einheit mit sich selbst, mit dem dreieinigen Gott, mit den anderen Ober alle Grenzen und Unterschiede hinweg. Was der Epheserbrief als Erfahrung der ersten Christen beschreibt, soll immer mehr die Erfahrung der ganzen Menschheit werden: Jesus Christus ist unser Friede. Er vereinigte alle unterschiedlichen Teile der Menschheit und versöhnte sie durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet. Durch ihn haben wir in dem einen Geist Zugang zum Vater‘ (vgl. 2,1418). In Jesus Christus wird alle Sehnsucht nach Solidarität und Geschwisterlichkeit erfüllt. Deshalb ist er der erlösende und heilende Bezugspunkt aller Zeit, deshalb sind die 2000 Jahre nach Christus 2000 Jahre erfüllt von Christus, deshalb ist 2000 A. D., d. h Annus Domini, Jahr des Herrn, sein Jubiläum, wie die Umschrift es andeutet.

Das vom Kreuz gesegnete Universum und die vom Geist Christi bestimmte Erde werden umrankt von einem belaubten und Trauben tragenden Rebstock sowie von stilisierten Weizenähren. Sie weisen hin auf das Geheimnis der Eucharistie. In ihm kulminiert und konzentriert sich das Heilswirken Gottes durch Jesus Christus und seinen Geist an den Menschen und an der Welt. Die Feier der Eucharistie und die eucharistische Frömmigkeit versammelt die Menschen über alle Kontinente hinweg, sogar über den Tod hinaus am Tisch Gottes Christus macht sie immer mehr zu seinem Leib. Er gibt ihnen die Verheißung der Auferstehung und macht Brot und Wein, die er verwandelt, schon geheimnisvoll zu einem Partikel der österlich verklärten Welt. Gleichzeitig motiviert er zu einem neuen Leben, Maß zu nehmen am Denken und Wollen, am Tun und Lassen, am Leben und Sterben Jesu. So wirkt sich die Eucharistie aus in der Überwindung einer Zivilisation des Todes, im Aufbau einer Kultur der Liebe in allen persönlichen, gesellschaftlichen und globalen Lebensbereichen,

Jesus Christus, der einzige Erlöser der Welt, ist das Brot für ein neues, für ein besseres Leben, das die Welt auch im dritten christlichen Jahrtausend braucht und ersehnt.

Bischof Dr. Anton Schlembach, Nationaldelegierter der Deutschen Bischofskonterenz für den 47. Eucharistischen Weltkongress

Eucharistie – Geschenk auf das ewige Leben hin

Abschlußfeier des Eucharistischen Weltkongesses »Statio Orbis« auf dem Petersplatz
Predigt von Johannes Paul II. am 25. Juni

1. »Nehmt das ist mein Leib … Das ist mein Blut … « (Mk 14,22-23)

Diese Worte, die Jesus beim Letzten Abendmahl sprach, hallen heute in unserer Versammlung wieder, durch die wir den Eucharistischen Weltkongreß beschließen werden. Sie erklingen mit einzigartigem Nachdruck, als ein erneuter Auftrag:»Nehmt!«

Christus vertraut uns seinen hingegebenen Leib und sein vergossenes Blut an. Er überantwortet sie uns ebenso wie den ersten Aposteln im Abendmahlssaal vor dem höchsten Opfer auf Golgota. Es sind Worte, die Petrus und die anderen Mahlteilnehmer mit Verwunderung und tiefer Rührung aufnahmen. Konnten sie jedoch damals verstehen, von welch weitreichender Bedeutung sie waren?

Es erfüllte sich in diesem Augenblick die Verheißung, die Jesus in der Synagoge von Kafarnaum gegeben hatte: Ich bin das Brot des Lebens [ … ] Das Brot das ich geben werde, ist mein Fleisch (ich gebe es hin) für das Leben der Welt« (Joh 6, 48.51). Diese Verheißung erfüllte sich am Abend vor seinem Leiden, durch das Christus sich selbst zum Heil der Menschen hingeben sollte.

2. »Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird« (Mk 14,24).

Im Abendmahlssaal spricht Jesus vom »Bund«. Die Apostel haben keine Schwierigkeiten, diesen Begriff zu verstehen, da sie zum Volk gehören, mit dem Jahwe so wird uns in der ersten Lesung berichtet während des Auszugs aus Ägypten den alten Bund geschlossen hat (vgl. Ex 1924). In ihrem Gedächtnis sind noch die Erinnerungen an den Berg Sinai und an Mose lebendig, der von diesem Berg hinabstieg und das Gesetz Gottes brachte, das auf zwei Steintafeln gemeißelt war.

Sie haben nicht vergessen, daß Mose, nachdem er das »Bundesbuch« entgegengenommen hatte, es laut vorlas, worauf das Volk zustimmend, erklärte: »Alles, was der Herr gesagt hat wollen wir tun; wir wollen gehorchen« (ebd., 24,7). So ist ein Bündnis zwischen Gott und seinem Volk geschlossen worden, das mit dem Blut von Opfertieren besiegelt wurde. Daher hatte Mose das Volk mit Blut besprengt und gesagt: »Das ist das Blut des Bundes, den der Herr aufgrund all dieser Worte mit euch geschlossen hat« (ebd., 24,8).

Die Apostel hatten also den Bezug zum alten Bund verstanden. Was haben sie jedoch vom neuen Bund verstanden? Sicherlich recht wenig. Es mußte der Heilige Geist herabkommen und ihren Verstand erhellen: dann würden sie den Sinn der Worte Jesu ganz erfassen. Sie würden verstehen und sich daran erfreuen.

Einen deutlichen Widerhall dieser Freude fanden wir in den soeben vorgetragenen Worten aus dem Hebräerbrief: »Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, daß sie leiblich rein werden, wieviel mehr [ … ] das Blut Christi …« (9,13-14). Und der Verfasser des Briefes merkt abschließend an: »Und darum ist er [Christus] der Mittler eines neuen Bundes[ … ], damit die Berufenen das verheißene ewige Erbe erhalten« (9,15).

3. »Dies ist der Kelch mit meinem Blut.« Am Abend des Gründonnerstags gelangten die Jünger bis an die Schwelle des großen Mysteriums. Als sie sich nach dem Mahl gemeinsam auf machten, um zum Ölberg hinauszugehen, konnten sie noch nicht wissen, daß sich die Worte, die er über Brot und Kelch gesprochen hatte, am folgenden Tag in der Stunde des Kreuzes auf dramatische Weise verwirklichen sollten. Vielleicht wurden sie sich nicht einmal an dem schrecklichen und doch glorreichen Tag, den die Kirche »feria sexta in parasceve« nennt am Karfreitag also, dessen bewußt daß das, was Jesus ihnen unter den Gestalten des Brotes und Weines gegeben hatte, das Ostergeschehen in sich enthielt.

Im Lukasevangelium finden wir einen erhellenden Abschnitt. Als der Evangelist über die beiden Jünger berichtet die auf dem Weg nach Emmaus sind, stellt er ihre Enttäuschung fest: »Wir aber hatten gehofft daß er der sei, der Israel erlösen werde« (Lk 24,21). Dieses Gefühl müssen wohl auch andere Jünger vor ihrer Begegnung mit dem auferstandenen Christus gehabt haben.

Erst nach der Auferstehung begannen sie zu verstehen, daß sich im Ostergeschehen die Erlösung des Menschen ereignet hatte. Zur vollen Wahrheit sollte sie dann der Heilige Geist führen, der ihnen enthüllte, daß der Gekreuzigte seinen Leib hingegeben und sein Blut vergossen hatte zur Sühne für unsere Sünden, für die Sünden der ganzen Welt (vgl. 1 Joh 2,2).

Der Verfasser des Hebräerbriefes gibt uns auch eine treffende Zusammenfassung des Geheimnisses: »Christus [ … ] ist [ … ] ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt« (Hebr 9,11-12).

4. Diese Wahrheit bekräftigen wir heute von neuem in der »Statio Orbis« dieses Eucharistischen Weltkongresses, während wir der Weisung Christi getreu »zu seinem Gedächtnis« wiederum das tun, was er im Abendmahlssaal am Abend vor seinem Leiden getan hat.

»Nehmt, das ist mein Leib… Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird« (Mk 14,22.24). Von diesem Platz aus wollen wir diese außergewöhnliche Botschaft für alle Männer und Frauen des dritten Jahrtausends wiederholen: der Sohn Gottes ist für uns Mensch geworden und hat sich zu unserem Heil als Opfer hingegeben. Er gibt uns seinen Leib und sein Blut als Nahrung für ein neues Leben, ein göttliches Leben, das nicht mehr dem Tod unterworfen ist.

Voll innerer Bewegung empfangen wir von neuem diese Gabe aus den Händen Christ, damit sie durch uns in jede Familie und Stadt gelange, an die Orte voller Schmerzen und die Stätten der Hoffnung in unserer Zeit.

Die Eucharistie ist das Geschenk einer grenzenlosen Liebe: unter den Zeichen des Brotes und Weines erkennen und beten wir das eine und vollkommene Opfer Christi an, das zu unserem Heil und zum Heil aller Menschen dargebracht wurde. Die Eucharistie ist wahrhaftig »das Mysterium, das alle Wundertaten, die der Herr zu unserem Heil bewirkt hat, in sich birgt«, (vgl. Hl. Thomas von Aquin, De sacr. Euch., Kap. 1).

Im Abendmahlssaal ist der Glaube der Kirche an die Eucharistie entstanden und entsteht dort fortwährend von neuem. Während der Eucharistische Weltkongreß nunmehr seinem Ende zugeht, wollen wir im Geiste zu diesen Ursprüngen zurückgehen, in die Zeit des Abendmahlssaales und des Golgota, um für das Geschenk der Eucharistie zu danken, diese unschätzbare Gabe, die uns Christus hinterlassen hat, dieses Geschenk, von dem die Kirche lebt.

5. Bald wird unsere liturgische Versammlung auseinandergehen, bereichert durch die Anwesenheit von Gläubigen aus allen Teilen der Welt, was durch den außergewöhnlichen Blumenschmuck stimmungsvoll umrahmt wurde. Ich möchte alle herzlich grüßen und allen von Herzen Dank sagen!

Gehen wir aus dieser Begegnung gestärkt hervor für den apostolischen und missionarischen Einsatz. Die Teilnahme an der Eucharistie mache euch Kranke geduldig in den Zeiten der Prüfung. Euch Brautleute mache sie treu in der Liebe. Euch Geweihten verleihe sie in euren heiligen Vorsätzen Ausdauer. Sie mache euch, liebe Erstkommunionkinder, stark und großherzig, in besonderer Weise jedoch euch, liebe Jugendliche, die ihr euch anschickt, die Verantwortung für die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Mein Gedanke geht von dieser »Statio Orbis« bereits hin zu der Eucharistiefeier, die den Weltjugendtag beschließen wird. Euch Jugendlichen aus Rom, Italien und der ganzen Welt rufe ich zu: bereitet euch sorgfältig auf dieses internationale Jugendtreffen vor, bei dem an euch der Ruf ergeht, die Herausforderungen des neuen Jahrtausends in Angriff zu nehmen.

6. Und Du, Christus, unser Herr, der Du durch »dieses erhabene Geheimnis [ … ] Deine Gläubigen [heiligst und stärkst], damit der eine Glaube die Menschen der einen Erde erleuchte, die eine Liebe sie alle verbinde« (Präfation von der heiligen Eucharistie II), mache Deine Kirche, die das Geheimnis deiner heilbringenden Gegenwart feiert, immer stärker und einiger.

Erfülle alle, die zum heiligen Mahl gehen, mit Deinem Geist, und mache sie mutiger im Zeugnis für das Gebot Deiner Liebe, damit die Welt an Dich glaube, der Du einst sprachst: Ach bin das lebendige Brot das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt wird in Ewigkeit leben« (Joh 6,51).

Du, Herr Jesus Christus, Sohn der Jungfrau Maria, bist der einzige Heiland des Menschen, »gestern, heute und in Ewigkeit«

(Orig. ital in 0.R. 26./27.6..2000)

“Die Eucharistie, ein Sakrament zum Anbeten” vom 28.5.1996
(Brief Bischof Albert Houssiau von Lüttich zum 750. Jubiläum des Fronleichnamsfestes)

1. Im Jahre 1246 führte dein entfernter Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Lüttich, Robert von Thourotte, in seiner Diözese das eucharistische Fest ein, das jetzt als Fronleichnamsfest bekannt ist. Er erfüllte damit die Bitte von Juliana von Cornillon, die bereits ein Offizium für das Fronleichnamsfest verfasst hatte, von Eva von St. Martin und anderen Frauen von Lüttich. Einige wenige Jahre später, 1264, dehnte Papst Urban IV dieses Fest des Leibes Christi als verpflichtendes Fest auf die ganze Kirche aus und betonte dabei die Bedeutung der Verehrung des eucharistischen Leibes unseres Erlösers. Zum 750. Jahrtag der Einführung dieses Festes reihe ich mich unter all die Pilger ein, die an den Jubiläumsfeierlichkeiten teilnehmen und unter die Gläubigen überall auf der Welt, die ununterbrochen vor dem Allerheiligsten Altarsakrament beten und richte ein inniges Gebet der Danksagung zu unserem Herrn.

2. Jesus ist nicht mehr in der selben Weise gegenwärtig für die Menschen, wie er es auf den Straßen Palästinas war. Nach der Auferstehung erschien er den Frauen und seinen Jüngern in seinem verherrlichten Leib. Dann nahm er die Apostel und “führte sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben” (Lk 24,50-51). Aber als er zum Himmel hinaufstieg zum Vater, trennte er sich nicht von den Menschen. Er wohnt für alle Zeiten in der Mitte seiner Brüder und, wie er es vorhergesagt hat, begleitet er sie und führt sie mit seinem Geist. Von nun an hat seine Gegenwart eine andere Art. Wahrlich, “beim Letzten Abendmahl, nachdem er das Pascha mit seinen Jüngern gefeiert hat und als die Stunde kam, wo er aus dieser Welt zu seinem Vater gehen sollte, setzte Christus dieses Sakrament als ewiges Gedächtnis seines Leidens ein…, das größte von allen seinen Wundern und er hinterließ dieses Sakrament jenen, die durch seine Abwesenheit mit Trauer erfüllt waren als eine unvergleichliche Tröstung” (Hl. Thomas von Aquin, Offizium von Fronleichnam, ST 4). Jedesmal, wenn wir die Eucharistie in der Kirche feiern, erinnern wir uns an den Tod des Erlösers, wir verkünden seine Auferstehung und wir erwarten seine Wiederkunft. So ist kein Sakrament größer oder wertvoller als das der Eucharistie. Wenn wir die Kommunion empfangen, werden wir in Christus eingegliedert. Unser Leben wird von unserem Herrn verwandelt und angenommen.

3. Außerhalb der Eucharistiefeier verehrt die Kirche das Allerheiligste Altarsakrament, “das an einem bevorzugten Ort aufzubewahren ist … als geistlicher Mittelpunkt einer Ordensgemeinschaft oder Pfarrgemeinde” (Paul VI, Mysterium fidei, n. 68). Das betrachtende Gebet verlängert die Kommunion und ermöglicht jedem, Christus, dem wahren Gott und wahrem Menschen, in einer dauerhafteren Weise zu begegnen. Jeder kann sich von ihm anschauen lassen und seine Gegenwart erfahren. Wenn wir ihn betrachten gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament, zieht uns Christus nahe zu sich und wird uns mehr vertraut als wir uns selber sind. Er gewährt uns Anteil an seinem göttlichen Leben in einer verwandelnden Einheit und gibt uns im Geist Zugang zum Vater, wie er selbst zu Philippus gesagt hat: “Wer mich sieht, sieht den Vater” (Joh 14,9). Das betrachtende Gebet, das auch eine Kommunion der Sehnsucht ist, verbindet uns zutiefst mit Christus, und in einer ganz besonderen Weise verbindet es jene, die am Kommunionempfang gehindert sind.

Wenn wir in Stille vor dem Allerheiligsten Altarsakrament verweilen entdecken wir Christus, der ganz und wirklich gegenwärtig ist. Ihn beten wir an, mit ihm sind wir im Kontakt. Wie auch immer, wir erfassen ihn oder sind ihm nahe nicht durch die Sinne. Unter den Zeichen von Brot und Wein führt uns der Glaube und die Liebe dazu, ihn als den Herrn zu erkennen, der uns “die Segnungen der Erlösung, die er vollendet hat,” vollständig vermittelt, “er der Meister, der gute Hirt, der dem Vater wohlgefällige Mittler” (Leo XIII, Mirae caritatis). Wie es das Glaubensbuch der belgischen Bischöfe in Erinnerung ruft, vereinigt das Gebet der Anbetung in der Gegenwart des Allerheiligsten Altarsakrament die Gläubigen “mit dem Paschamysterium; es ermöglicht ihnen, Anteil zu haben am Opfer Christi, dessen fortwährendes Sakrament die Eucharistie ist.”

4. In der Verehrung des Allerheiligsten Altarsakrament sagen wir auch dem Vater tiefen Dank, denn in seinem Sohn hat er uns besucht und sein Volk erlöst. Durch das Opfer am Kreuz hat Jesus sein Leben hingegeben für die Welt und hat uns nach seinen Worten zu Adoptivkindern gemacht, indem er ein besonders innige Beziehung geschaffen hat, die uns erlaubt, Gott bei dem wundervollen Namen ‚Vater‘ zu rufen. Wie die Schrift uns sagt, verbrachte Jesus ganze Nächte im Gebet, besonders in Momenten, als er wichtige Entscheidungen zu treffen hatte. In seinem Gebet öffnet der Christ in einem Akt des kindlichen Vertrauen und der Nachahmung seines Herrn und Meisters sein Herz und seine Hände, um Gottes Gabe zu empfangen und ihm für seine frei geschenkten Segnungen zu danken.

5. Es ist unschätzbar wertvoll, mit Christus zu sprechen und an die Brust Jesu sich zu lehnen wie sein Lieblingsjünger, wir können die unendliche Liebe seines Herzens fühlen. Wir lernen mehr und tiefer den einen zu verstehen, der sich selbst ganz hingab, besonders in den verschiedenen Geheimnissen seines göttlichen und menschlichen Lebens, so dass wir wirklich seine Jünger werden und im Gegenzug eintreten in diesen großen Akt der Hingabe für die Verherrlichung Gottes und das Heil der Welt. “Christus nachzufolgen ist keine äußere Nachahmung, denn es berührt den Menschen bei den wahren Tiefen seines Seins” (Veritatis splendor, n. 21). Wir sind gerufen von ihm zu lernen, den Geist in uns wirken zu lassen und so die Sendung zu erfüllen, die uns anvertraut ist. Insbesondere drängt uns die Liebe Christi, ständig für die Einheit der Kirche, die Verkündigung des Evangeliums bis an die Enden der Erde zu arbeiten und den Menschen zu dienen; “wir alle sind ein Leib, denn wir alle haben Anteil an dem einen Brot” (1 Kor 10 ,17): Das ist die Frohe Botschaft, die das Herz des Menschen erfreut und ihm zeigt, dass er gerufen ist, am gesegneten Leben mit Gott teilzuhaben. Das eucharistische Geheimnis ist die Quelle, das Zentrum und der Höhepunkt der ganzen geistlichen und karitativen Aktivität der Kirche (vgl. Presbyterorum ordinis, n. 6).

Die Nähe zu Christus in der Stille und das betrachtende Gebet entfernt uns nicht von unseren Zeitgenossen, sondern im Gegenteil, sie machen uns empfänglich und offen für die menschliche Freude und den Kummer und weiten unser Herz zu einer weltweiten Dimension. Sie vereinigen uns mit unseren Brüdern und Schwestern in der ganzen Menschheit und besonders mit den Kindern, die die besonderen Lieblinge des Herrn sind. Durch die Anbetung trägt der Christ auf geheimnisvolle Weise bei zur radikalen Verwandlung der Welt und zur Aussaat des Evangeliums. Jeder, der zum Erlöser betet, zieht die ganze Welt mit ihm und erhebt sie zu Gott. Jene, die vor dem Herrn stehen, erfüllen daher einen eminent wichtigen Dienst. Sie stellen all jene hin vor Christus, die ihn nicht kennen oder weit von ihm entfernt sind: Sie halten Wache in seiner Gegenwart zu deren Gunsten.

6. Bei der Gelegenheit dieses Jubiläums möchte ich die Priester ermutigen, das Gedächtnis ihrer Priesterweihe zu beleben, durch die Christus sie gerufen hat, an seinem einzigen Priestertum in besonderer Weise Anteil zu haben, besonders bei der Feier des eucharistischen Opfers und dem Aufbau seines mystischen Leibes, der die Kirche ist. Mögen sie sich an die Worte erinnern, die der Bischof bei ihrer Weiheliturgie gesprochen hat: “Bedenke was du tust, ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes”! Wenn sie aus der Quelle der heiligen Geheimnisse durch treue und regelmäßige Zeiten des betrachtenden Gebetes leben, werden sie reiche geistliche Früchte ernten für ihr persönliches Leben und ihren Dienst, und im Gegenzug werden sie fähig, das christliche Volk, das ihrer Sorge anvertraut ist, fähig zu machen, die Größe “ihrer eigenen besonderen Teilhabe am Priestertum Christi” (Brief an die Priester zum Gründonnerstag 1996, n. 2) zu verstehen.

7. “Wenn die Gläubigen Christus anbeten, gegenwärtig im Sakrament, sollen sie sich bewusst sein, dass seine Gegenwart vom Opfer kommt und ausgerichtet ist sowohl auf die sakramentale als auch auf die geistige Kommunion” (Ritenkongregation, Instruktion über die Feier des eucharistischen Geheimnisses, n. 50). Daher ermutige ich alle Gläubige, regelmäßig Christus gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament zu besuchen, denn wir sind alle gerufen, in der Gegenwart Gottes zu leben, ihm zu danken, der bei uns bleibt bis zum Ende der Zeiten. Im betrachtenden Gebet werden die Gläubigen immer tiefer erfassen, dass das Paschamysterium im Herzen des ganzen christlichen Lebens steht. diese Übung führt sie dazu, intensiver in das Paschamysterium einzudringen und das eucharistische Opfer, die vollkommene Gabe, zum Zentrum ihres Lebens zu machen gemäß ihrer besonderen Berufung, denn es “bringt eine unvergleichliche Würde auf das christliche Volk herab” (Paul VI., Mysterium fidei, n. 67). Tatsächlich, bei der Eucharistie sind wir von Christus gegrüßt, wir empfangen seine Vergebung, wir werden genährt von seinem Wort und seinem Brot, wir sind dann ausgesandt zu unserer Mission in der Welt; So ist jeder gerufen zu bezeugen, was er empfangen hat und ebenso an seinen Brüdern zu handeln. Die Gläubigen stärken ihre Hoffnung durch die Entdeckung, dass in Christus Leid und Kummer verklärt sind, denn mit ihm sind wir bereits umgekehrt von Tod zum Leben. Wenn sie dem Herrn der Geschichte ihr eigenes Leben, ihre Arbeit und die ganze Schöpfung hingeben, werden ihre Tage schließlich erleuchtet von ihm.

8. Ich dränge die Priester, die Ordensleute und die Laien alle ihre Anstrengungen fortzusetzen und zu verdoppeln, um der jungen Generation die Bedeutung und den Wert der eucharistischen Anbetung und Verehrung zu lehren. Wie sollen junge Leute den Herrn kennenlernen können, wenn sie nicht eingeführt sind in das Geheimnis seiner Gegenwart? Wie der junge Samuel, werden sie durch das Lernen der Worte des Herzensgebetes dem Herrn näher kommen, der sie begleiten wird bei ihrem geistlichen und menschlichen Wachstum und bei ihrem missionarischen Zeugnis, das sie ihr ganzes Leben lang geben müssen. das eucharistische Geheimnis ist tatsächlich der “Höhepunkt der Evangelisation” (Lumen gentium, n. 28), denn es ist das bedeutenste Zeugnis der Auferstehung Christi. Jedes innere Leben braucht Schweigen und Intimität mit Christus um sich entwickeln zu können. Diese schrittweise Vertrautheit mit dem Herrn wird bestimmte junge Leute befähigen, als Ministranten zu dienen und einen mehr aktiven Anteil an der Hl. Messe zu haben. Für Jungen bedeutet das Stehen beim Altar außerdem eine bevorzugte Gelegenheit, den Ruf Christi zu hören und ihm radikaler zu folgen in den priesterlichen Dienst.

9. Indem ich Euch der Fürbitte der Gottesmutter, der Hl. Juliana und auch des Hl. Lambert und des Hl. Hubert anvertraue, den eifrigen Missionaren eures Landes, und allen Heiligen eures Landes, gewähre ich Euch, Eurer ganzen Diözesangemeinschaft und allen Gläubigen, die während dieses Jahres an den verschiedenen Jubeläumsfeierlichkeiten teilnehmen herzlich meinen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 28. Mai 1996

Johannes Paul II.

übersetzt aus dem Englischen von Bernhard Hesse

hl. Papst Johannes Paul II. - Botschaft zum Weltjugendtag 2005

„Wir sind gekommen, um IHN anzubeten” (Mt 2,2)

Meine lieben Jugendlichen,

1. In diesem Jahr haben wir den XIX. Weltjugendtag begangen und darüber nachgedacht , was einige Griechen aus Anlass des Paschafestes gesagt haben, als sie in Jerusalem ankamen: „Wir möchten Jesus sehen” (Joh 12,21). Nun befinden wir uns auf dem Weg nach Köln, wo im August 2005 der XX. Weltjugendtag stattfinden wird. „Wir sind gekommen, um IHN anzubeten” (Mt 2,2): dies ist das Thema des nächsten Weltjugendtags. Es ist ein Thema, das den Jugendlichen aus allen Kontinent ermöglicht, geistig den Weg der Heiligen Drei Könige, deren Reliquien nach einer ehrwürdigen Tradition in Köln verehrt werden, zurückzulegen und wie sie den Messias aller Völker zu finden.

Wahrhaftig, das Licht Christi erleuchtete schon den Verstand und das Herz der Heiligen Drei Könige. „Sie machten sich auf den Weg” (Mt 2,9), berichtet uns der Evangelist. Sie begaben sich mutig auf unbekannte Straßen und unternahmen eine lange und gar nicht leichte Reise. Sie zögerten nicht, alles zurück zu lassen, um dem Stern zu folgen, den sie im Osten hatten aufgehen sehen (vgl. Mt 2,2). Wie die Heiligen Drei Könige rüstet auch ihr euch, liebe Jugendliche, für eine ‘Reise’. Sie führt euch aus allen Erdteilen nach Köln. Wichtig ist, dass ihr euch nicht nur um die praktische Organisation des Weltjugendtags kümmert, sondern dass ihr an erster Stelle die geistliche Vorbereitung in einer Atmosphäre des Glaubens und des Hörens des Gotteswortes pflegt.

2. „Und der Stern … zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war” (Mt 2,9). Die Heiligen Drei Könige kamen in Bethlehem an, weil sie sich fügsam vom Stern leiten ließen. Mehr noch, „als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt” (Mt 2,10). Es ist wichtig, liebe Freunde, die Zeichen zu ergründen, durch die uns Gott ruft und führt. Wer sich seiner Führung bewusst ist, dessen Herz erfährt eine echte und tiefe Freude, die von dem lebhaften Wunsch begleitet ist, ihn zu finden, und von dem beharrlichen Bemühen, ihm fügsam zu folgen.

„Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter” (Mt 2,11). Nichts Außergewöhnliches auf den ersten Blick. Dieses Kind jedoch ist anders als alle anderen: es ist der eingeborene Sohn Gottes, der sich seiner Herrlichkeit entäußert hat (vgl. Phil 2,7) und auf die Erde kam, um am Kreuz zu sterben. Er kam zu uns hernieder und wurde arm, um uns die göttliche Herrlichkeit zu offenbaren, die wir einst im Himmel, unserer himmlischen Heimat, vollkommen schauen werden. Wer hätte sich ein größeres Zeichen der Liebe sich ausdenken können? Wir stehen verzückt vor dem Mysterium eines Gottes, der sich erniedrigt, um unsere menschliche Natur anzunehmen und sich für uns am Kreuz zu opfern (vgl. Phil 2,6-8). In seiner Armut kam er, um den Sündern die Erlösung anzubieten. Er – wie der heilige Paulus uns ins Gedächtnis ruft -, der „reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen“ (2Kor 8,9). Wie sollten wir da nicht Gott für so eine nachgiebige Güte danken?

3. Die Heiligen Drei Könige fanden Jesus in „Bet-lehem”, was ‘Haus des Brotes’ heißt. In der bescheidenen Grotte von Bethlehem liegt auf ein wenig Stroh das „Weizenkorn”, das sterbend „reiche Frucht“ bringen wird (vgl. Joh 12,24). Wenn Jesus während seines öffentlichen Lebens von sich selber und von seiner Heilssendung spricht, so greift er zum Bild des Brotes und sagt: „Ich bin das Brot des Lebens”, „Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist ”, „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, für das Leben der Welt” (Joh 6,35.41.51).

Wenn wir den Weg des Erlösers von der Armut der Krippe bis zur Verlassenheit am Kreuz gläubig vor uns vorüberziehen lassen, so verstehen wir besser das Mysterium seiner Liebe, das die Menschheit erlöst. Das Kind, von Maria sanft in die Krippe gebettet, ist der Gott-Mensch, den wir an das Kreuz genagelt sehen werden. Derselbe Erlöser ist im Sakrament der Eucharistie gegenwärtig. Im Stall von Bethlehem hat er sich in der armen Gestalt eines Neugeborenen von Maria, Josef und den Hirten anbeten lassen; in der konsekrierten Hostie beten wir ihn an, der im Fleisch, im Blut, in der Seele und der Gottheit sakramental gegenwärtig ist; und er bietet sich uns an als Speise des ewigen Lebens. So wird jetzt die heilige Messe zu einer wahren Begegnung der Liebe mit dem, der sich uns gänzlich hingegeben hat. Liebe Jugendliche, zögert nicht, ihm zu antworten, wenn er euch „zum Hochzeitsmahl des Lammes” einlädt (vgl. Offb 19,9). Hört auf ihn, bereitet euch angemessen vor und empfangt das Sakrament des Altares, besonders in diesem Jahr der Eucharistie (Oktober 2004-2005), das ich für die ganze Kirche ausgerufen habe.

4. „Da fielen sie nieder und beteten ihn an” (Mt 2,11). Wenn die Heiligen Drei Könige im Kind, das Maria in ihre Arme schließt, den von den Völkern Ersehnten und den von den Propheten Verheißenen anbeten, so können wir ihn heute in der Eucharistie anbeten und als unseren Schöpfer und alleinigen Herrn und Heiland erkennen. „Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar” (Mt 2,11). Die Gaben, die die Heiligen Drei Könige dem Messias darbringen, symbolisieren die wahre Anbetung. Durch das Gold unterstreichen sie die königliche Gottheit; mit dem Weihrauch erkennen sie ihn als den Priester des Neuen Bundes an; indem sie ihm die Myrrhe anbieten, preisen sie den Propheten, der das eigene Blut vergießen wird, um die Menschheit mit dem Vater zu versöhnen.

Liebe Jugendliche, bringt auch ihr dem Herrn das Gold eures Lebens dar, das heißt die Freiheit, ihm aus Liebe zu folgen, indem ihr seinem Anruf treu folgt; lasst den Weihrauch eures innigen Gebetes zu seinem Lob und Ruhm zu ihm emporsteigen; bringt ihm die Myrrhe dar, das heißt die herzliche Dankbarkeit ihm gegenüber, dem wahren Menschen, der uns so geliebt hat, dass er wie ein Verbrecher auf Golgota gestorben ist.

5. Seid Anbeter des einzigen und wahren Gottes, indem ihr ihm den ersten Platz in eurem Leben zuerkennt! Der Götzendienst ist eine ständige Versuchung des Menschen. Leider gibt es viele Menschen, die die Lösung der Probleme in religiösen, mit dem christlichen Glauben unvereinbaren Übungen suchen. Stark ist der Drang, an falsche Mythen des Erfolgs und der Macht zu glauben; es ist gefährlich, inhaltslose Konzepte des Sakralen zu umarmen, die Gott unter der Gestalt der kosmischen Energie darstellen, oder in anderen Weisen, die nicht mit dem katholischen Lehramt übereinstimmen.

Liebe Jugend, glaubt nicht lügenhaften Illusionen und kurzlebigen Moden, die nicht selten eine tragische seelische Leere zurücklassen! Lehnt ab die Versuchungen des Geldes, des Konsumverhaltens und der hinterlistigen Gewalt, die zuweilen die Massenmedien ausüben. Die Anbetung des wahren Gottes stellt einen wahren Akt des Widerstandes gegen jegliche Form der Vergötzung dar. Betet Christus an: Er ist der Fels, auf dem ihr eure Zukunft und eine gerechtere und solidarischere Welt baut. Jesus ist der Friedensfürst, die Quelle der Vergebung und der Versöhnung, der alle Glieder der Menschenfamilie zu Brüdern und Schwestern machen kann.

6. „Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land ” (Mt 2,12). Das Evangelium präzisiert, dass, nachdem die Heiligen Drei Könige Christus gefunden hatten, sie „auf einem anderen Weg” in ihr Land zurückgekehrt sind. Diese Kursänderung kann die Bekehrung symbolisieren, zu der diejenigen gerufen sind, die Jesus finden, um zu den wahren Anbetern zu werden, die er sich wünscht (vgl. Joh 4,23-24) . Das bringt die Nachfolge Christi mit sich, in der der Mensch, wie der Apostel Paulus schreibt, ein „lebendiges, heiliges, gottgefälliges Opfer” wird. Dann fügt der Apostel hinzu, sich nicht der Mentalität dieses Zeitalters anzugleichen, sondern sich zu wandeln durch die Erneuerung des Denkens, „damit ihr erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist ” (vgl. Röm 12,1-2).

Auf Christus hören und ihn anbeten führt dahin, mutige Entscheidungen zu treffen, manchmal sogar heroische Entschlüsse zu fassen. Jesus ist anspruchsvoll, denn er möchte unser wahres Glück. Einige beruft er, alles zu lassen, damit sie ihm im Priestertum oder im geweihten Leben folgen. Wer diese Einladung wahrnimmt, soll keine Angst haben, ihm mit einem „Ja“ zu antworten und großmütig nachzufolgen. Aber über die Berufungen zur besonderen Weihe hinaus gilt die jedem Getauften eigene Berufung: auch das ist eine Berufung zu jenem „hohen Maßstab“ jeden christlichen Lebens, der sich in der Heiligkeit ausdrückt (vgl. Novo millennio ineunte, 31). Wer Jesus findet und sein Evangelium aufnimmt, ändert sein Leben und wird bewegt, den anderen die eigene Erfahrung mitzuteilen.

Es gibt noch so viele Zeitgenossen, die die Liebe Gottes noch nicht kennen, oder die ihr Herz mit unbedeutenden Ersatzmitteln füllen. Deswegen ist es dringend, Zeugen der in Christus betrachteten Liebe zu sein. Die Einladung, am Weltjugendtag teilzunehmen, gilt auch euch, liebe Freunde, die ihr nicht getauft seid oder die ihr euch nicht mit der Kirche identifiziert. Habt nicht auch ihr Durst nach dem Absoluten, und seid nicht auch ihr auf der Suche nach „etwas“, was eurer Existenz einen Sinn gibt? Wendet euch Christus zu und ihr werdet nicht enttäuscht.

7. Liebe Jugendliche, die Kirche braucht wahre Zeugen für die neue Evangelisierung: Männer und Frauen, deren Leben durch die Begegnung mit Christus gewandelt worden ist; Männer und Frauen, die fähig sind, diese Erfahrung den anderen mitzuteilen. Die Kirche braucht Heilige. Wir alle sind zur Heiligkeit berufen, und nur die Heiligen können die Menschheit erneuern. Auf diesem Weg des evangelischen Heroismus sind uns so viele vorausgegangen, und ich rufe euch auf, oft auf ihre Fürsprache zurückzugreifen. Wenn ihr euch in Köln trefft, werdet ihr einige von ihnen besser kennen lernen, wie den heiligen Bonifatius, den Apostel Deutschlands, die Heiligen von Köln, besonders Ursula, Albert der Große, Theresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) und den seligen Adolph Kolping. Unter diesen möchte ich besonders den heiligen Albert und die heilige Theresia Benedicta vom Kreuz anführen, die in der gleichen inneren Haltung wie der Heiligen Drei Könige die Wahrheit mit Leidenschaft gesucht haben. Sie haben nicht gezögert, ihre intellektuellen Fähigkeiten in den Dienst des Glaubens zu stellen, und so haben sie Zeugnis gegeben, dass Glaube und Verstand miteinander verbunden sind und sich gegenseitig anziehen.

Meine lieben Jugendlichen, die ihr geistig unterwegs nach Köln seid, der Papst begleitet euch mit seinem Gebet. Möge Maria, die „eucharistische Frau“ und Mutter der Weisheit, eure Schritte lenken, euch in euren Entscheidungen erleuchten und euch lieben lehren, was wahr, gut und schön ist. Möge sie euch zu ihrem Sohn führen, der der einzige ist, der die tiefsten Sehnsüchte der Vernunft und des Herzens des Menschen befriedigen kann.

Mit meinem Segen!

Aus Castel Gandolfo, am 6. August 2004
Johannes Paul II. P.P.

Vatikan - Vorschläge für das Jahr der Eucharistie 2004/2005
hl. Papst Johannes Paul II. - Botschaft zum Weltmissionssonntag 2004

Botschaft von Papst Johannes Paul II.
zum Weltmissionssonntag 2004

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Das Missionswerk der Kirche ist auch zu Beginn des dritten Jahrtausends eine Dringlichkeit, an die ich wiederholt erinnert habe. Die Mission ist, wie ich auch in meiner Enzyklika Redemptoris Missio schrieb, noch weit davon entfernt, vollendet zu sein, weshalb wir uns mit allen Kräften für den Dienst an dieser Sendung einsetzen müssen (vgl. Nr. 1). Das ganze Gottesvolk ist zu jedem Zeitpunkt seiner Pilgerreise durch die Geschichte berufen, den „Durst mit dem Erlöser zu teilen (vgl. Joh 19,28). Dieser Durst nach dem Heil der Seelen wurde stets auch von den Heiligen empfunden: Man braucht zum Beispiel nur an die heilige Teresa von Lisieux, die Schutzpatronin der Missionen, oder an Bischof Comboni, den großen Afrikaapostel, zu denken, die ich im vergangenen Jahr zu den Ehren der Altäre erheben durfte.

Die gesellschaftlichen und religiösen Herausforderungen, denen die Menschheit in unserer Zeit gegenübersteht, regen die Gläubigen dazu an, sich in ihrem missionarischen Eifer zu erneuern. Ja! Es ist notwendig, dass wir die Mission „ad gentes“ mutig erneuern, ausgehend von der Verkündigung Christi, des Erlösers aller menschlichen Geschöpfe. Der Internationale Eucharistische Kongress, der im kommenden Oktober, dem Missionsmonat, in Guadalajara in Mexiko gefeiert wird, wird eine einzigartige Gelegenheit zur gemeinsamen missionarischen Bewusstseinsbildung am Tisch des Leibes und des Blutes Christi sein. Um den Altar versammelt, versteht die Kirche ihren Ursprung und ihre missionarische Sendung besser. „Eucharistie und Mission“ sind, wie das Thema des diesjährigen Sonntags der Weltmission besagt, untrennbar miteinander verbunden. Bei der Reflektion über die bestehende Verbindung zwischen dem Geheimnis der Eucharistie und dem Geheimnis der Kirche erinnern wir uns dieses Jahr, dank des 150. Jahrestages des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis (1854-2004) auch an einen bedeutsamen Bezug zur Heiligen Jungfrau. Deshalb wollen wir die Eucharistie mit den Augen Mariens betrachten. Indem sie auf die Fürsprache der Jungfrau hofft, opfert die Kirche allen Völkern Christus, das Brot des Heils, damit sie in ihm den einzigen Erlöser erkennen und annehmen.

2. Indem ich im Geiste in den Abendmahlssaal zurückkehrte, unterzeichnete ich im Vergangenen Jahr am Donnerstag in der Karwoche die Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, aus der ich hier einige Abschnitte zitieren möchte, die uns, liebe Brüder und Schwestern, dabei helfen können, den diesjährigen Sonntag der Weltmission im Geist der Eucharistie zu erleben:

„Die Eucharistie baut die Kirche auf und die Kirche vollzieht die Eucharistie (Nr. 26): schrieb ich und wies darauf hin, wie sehr die Sendung der Kirche in Kontinuität mit der Sendung Christi steht (vgl. Joh 20,21) und ihre geistliche Kraft aus der Gemeinschaft mit seinem Leib und mit seinem Blut schöpft. Ziel der Eucharistie ist gerade die „Gemeinschaft der Menschen mit Christus und in ihm mit dem Vater und dem Heiligen Geist (Ecclesia de Eucharistia, 22). Durch die Teilnahme am Opfer der Eucharistie erfährt man auf tief greifende Weise die Heilsuniversalität und damit die Dringlichkeit der Sendung der Kirche, deren Programm „in Christus selbst“ seine Mitte findet. Ihn gilt es kennen zu lernen, zu lieben und nachzuahmen, um in ihm das Leben des Dreifaltigen Gottes zu leben und mit ihm der Geschichte eine neue Gestalt zu geben, bis sie sich im himmlischen Jerusalem erfüllt (ebd. 60).

Um den eucharistischen Christus versammelt wächst die Kirche als Volk, Tempel und Familie Gottes: die eine, heilige, katholische und apostolische. Gleichsam versteht sie ihre Eigenschaft als universales Heilssakrament und als sichtbare und hierarchisch strukturierte Realität besser. Gewiss, „die christliche Gemeinde wird nur auferbaut, wenn sie Wurzel und Angelpunkt in der Feier der Eucharistie hat“ (ebd. 33; vgl. Presbyterorum Ordinis, 6). Zum Abschluss jeder Messe, wenn der Zelebrant die Gläubigen mit den Worten „Ite, Missa est“ verabschiedet, sollten sich alle als „Missionare der Eucharistie“ entsandt fühlen, die empfangene Gabe an allen Orten zu verkünden. Denn wer Christus in der Eucharistie begegnet, der kann nicht umhin, durch sein Leben die barmherzige Liebe des Erlösers zu verkünden.

3. Damit man aus der Eucharistie lebt, muss man auch dem anbetenden Verweilen vor dem Allerheiligsten Sakrament viel Zeit widmen, eine Erfahrung, die ich selbst täglich mache, und aus der ich Kraft, Trost und Stärkung beziehe (vgl. Ecclesia de Eucharistia, 25). Die Eucharistie, so heißt es auch in dem Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils „ist Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens (Lumen Gentium, 11), „Quelle und Höhepunkt der ganzen Evangelisation“ (Presbyterorum Ordinis, 5).

Das Brot und der Wein, Früchte der Arbeit des Menschen, verwandeln sich durch die Kraft des Heiligen Geistes in den Leib und das Blut Christi und werden zum Unterpfand des „neuen Himmels und der neuen Erde (Offb 20,1), die die Kirche bei ihrer täglichen Mission verkündet. In Christus, dessen Gegenwart wir im Geheimnis der Eucharistie anbeten, hat der Vater sein letztes Wort über den Menschen und über dessen Geschichte gesprochen.

Könnte die Kirche also ihre Sendung erfüllen, ohne eine konstante Beziehung zur Eucharistie zu pflegen, ohne sich an diesem heiligenden Brot zu nähren, ohne sich bei ihrer missionarischen Tätigkeit auf diese unverzichtbare Hilfe zu stützen? Für die Evangelisation der Welt bedarf es der Apostel, die der Feier, der Verehrung und der Anbetung der Eucharistie „kundig“ sind.

4. In der Eucharistie erleben wir das Geheimnis von der Erlösung, die im Opfer des Herrn ihren Höhepunkt erfährt, wie es auch bei der Wandlung zum Ausdruck kommt: „Mein Leib, der für euch hingegeben wird… mein Blut, dass für euch vergossen wird.“ (Lk 22,19-20). Christus ist für alle gestorben; allen schenkt er das Heil, das im Sakrament der Eucharistie in der Geschichte fortdauert: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,19). Diese Sendung wird den durch das Weihesakrament für dieses Amt bestimmten Priestern aufgetragen. Zu diesem Mahl und zu diesem Opfer sind alle Gläubigen eingeladen, damit sie am Leben Christi teilhaben können: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.“ (Joh 6, 56-57). Durch ihn genährt, verstehen die Gläubigen, dass ihre missionarische Sendung darin besteht, die „Opfergabe“ zu sein, „die Gott gefällt, geheiligt im Geist.“ (Röm 15,16), damit sie immer mehr „ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32) sind und Zeugen seiner Liebe bis an die Grenzen der Erde werden.

Die Kirche erwartet als Volk Gottes auf dem Weg durch die Jahrhunderte die glorreiche Rückkehr Christi, indem sie jeden Tag das Opfer des Altars erneuert. Dies gelobt die um den Altar versammelte eucharistische Gemeinschaft nach der Wandlung. Mit erneuertem Glauben tut sie den Wunsch nach der Begegnung mit Ihm, kund, der den Plan des universalen Seelenheils vollbringen wird.

Der Heilige Geist leitet durch sein unsichtbares und tatkräftiges Wirken das Volk der Christen auf diesem täglichen geistlichen Weg, auf dem es unvermeidliche Momente der Schwierigkeiten gibt und auf dem wir auch das Geheimnis des Kreuzes erfahren. Die Eucharistie ist Trost und Pfand des endgültigen Sieges derjenigen, die gegen das Böse und die Sünde kämpfen: sie ist das „Brot des Lebens“, das allen hilft, die ihrerseits zum „gebrochenen Brot“ für ihre Mitmenschen werden und ihre Treue zum Evangelium manchmal sogar mit dem Märtyrertod bezahlen.

5. Dieses Jahr feiern wir, wie ich bereits erwähnt habe, den 150. Jahrestag der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis. Maria wurde „im Hinblick auf die Verdienste ihres Sohnes auf erhabenere Weise erlöst (Lumen Gentium, 53). In der Enzyklika Ecclesia de Eucharistia schrieb ich: „Im Blick auf sie erkennen wir die verwandelnde Kraft, die der Eucharistie eignet. In ihr sehen wir die in der Liebe erneuerte Welt.“ (Nr. 62)

Maria, das erste ,,Tabernakel der Geschichte“ (ebd. Nr. 55), zeigt und opfert uns Christus, unseren Weg, die Wahrheit und das Leben (vgl. Joh 14,6). Wenn „Kirche und Eucharistie“ ein untrennbares Wortpaar sind, so muss man dies gleichfalls von Maria und der Eucharistie sagen (Ecclesia de Eucharistia, 57).

Ich wünsche mir, dass das glückliche Zusammentreffen des Internationalen Eucharistischen Kongresses und des 150. Jahrestages der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis den Gläubigen, Pfarrgemeinden und Missionsinstituten Gelegenheit bieten wird, sich im missionarischen Eifer zu festigen, damit in allen Gemeinden der „wahre ,Hunger’ nach der Eucharistie“ lebendig erhalten bleibt.

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um an den Beitrag der verdienstvollen Päpstlichen Missionswerke zum apostolischen Wirken der Kirche erinnern. Ich schätze sie sehr und bin ihnen im Namen aller dankbar, für den wertvollen Dienst, den sie an der Neuevangelisierung und der Mission ad gentes leisten. Deshalb lade ich dazu ein, sie geistlich und materiell zu unterstützen, damit auch dank ihres Zutuns die Verkündigung des Evangeliums zu allen Völkern der Erde gelangen möge.

In diesem Empfinden bitte ich um die mütterliche Fürsprache Mariens, „Frau der Eucharistie, und erteile allen von ganzem Herzen meinen Segen.

Aus dem Vatikan, am 19. April 2004.

Johannes Paul II.

Vatikan - Redemptionis Sacramentum 2004

Die neueste Instruktion der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
ermutigt sehr zur ewigen Anbetung: (25.3.2004)

129. «Die Feier der Eucharistie im Messopfer ist in Wahrheit Ursprung und Ziel der Verehrung, die dem Altarsakrament außerhalb der Messe erwiesen wird. Die eucharistischen Gestalten werden nach der Messe vor allem deshalb aufbewahrt, damit die Gläubigen, die der Messe nicht beiwohnen können, besonders die Kranken und die Betagten, durch die sakramentale Kommunion mit Christus und seinem Opfer, das in der Messe dargebracht wird, vereinigt werden». Diese Aufbewahrung gestattet außerdem auch den Brauch, dieses so große Sakrament zu verehren und ihm jenen Kult der Anbetung zu erweisen, der Gott gebührt. Daher sollen bestimmte Formen der Anbetung nicht nur privater, sondern auch öffentlicher und gemeinschaftlicher Art, die von der Kirche eingeführt oder approbiert worden sind, sehr gefördert werden.

2. Einige Formen der Verehrung der heiligsten Eucharistie außerhalb der Messe

134. «Der Kult, welcher der Eucharistie außerhalb der Messe erwiesen wird, hat einen unschätzbaren Wert im Leben der Kirche. Dieser Kult ist eng mit der Feier des eucharistischen Opfers verbunden». Die öffentliche und private Verehrung der heiligsten Eucharistie auch außerhalb der Messe soll deshalb mit Nachdruck gefördert werden, damit von den Gläubigen der Kult der Anbetung Christus erwiesen wird, der wahrhaft und wirklich gegenwärtig ist, der der «Hohepriester der künftigen Güter» und der Erlöser der ganzen Welt ist. «Es obliegt den Hirten, zur Pflege des eucharistischen Kultes zu ermutigen, auch durch ihr persönliches Zeugnis, insbesondere zur Aussetzung des Allerheiligsten sowie zum anbetenden Verweilen vor Christus, der unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig ist».

135. Die Gläubigen «sollen […] es nicht unterlassen, das heiligste Sakrament […] tagsüber zu besuchen; ein solcher Besuch ist ein Beweis der Dankbarkeit und ein Zeichen der Liebe wie der schuldigen Verehrung gegenüber Christus dem Herrn, der hier gegenwärtig ist». Die Betrachtung Jesu, der im heiligsten Sakrament zugegen ist, vereinigt den Gläubigen nämlich, weil es sich um eine Begierdekommunion handelt, mit Christus, wie aus dem Beispiel so vieler Heiliger aufleuchtet. «Wenn kein schwerwiegender Grund dem entgegensteht, ist eine Kirche, in der die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, täglich wenigstens einige Stunden für die Gläubigen offen zu halten, damit sie vor dem heiligsten Sakrament dem Gebet obliegen können».

136. Der Ordinarius soll die kürzere oder längere oder ständige eucharistische Anbetung, zu der das Volk zusammenkommt, nachdrücklich empfehlen. In den letzten Jahren findet nämlich an so «vielen Orten […] die Anbetung des heiligsten Sakramentes täglich einen weiten Raum und wird so zu einer unerschöpflichen Quelle der Heiligkeit», obwohl es auch Orte gibt, «an denen der Kult der eucharistischen Anbetung fast völlig aufgegeben wurde».

137. Die Aussetzung der heiligsten Eucharistie soll immer gemäß den Vorschriften der liturgischen Bücher erfolgen. Vor dem aufbewahrten oder ausgesetzten Allerheiligsten soll auch das Rosenkranzgebet nicht ausgeschlossen werden, das wunderbar ist «in seiner Schlichtheit und seiner Tiefe». Vor allem wenn eine Aussetzung erfolgt, soll jedoch die Besonderheit dieses Gebetes als Betrachtung der Mysterien des Lebens Christi, des Erlösers, und des Heilsplanes des allmächtigen Vaters, besonders unter Heranziehung von Lesungen aus der Heiligen Schrift, ins Licht gestellt werden.

138. Das heiligste Sakrament darf jedoch niemals, auch nicht für ganz kurze Zeit, ohne hinreichende Gebetswache ausgesetzt bleiben. Es sollen deshalb gemäß den festgesetzten Zeiten immer einige Christgläubige, wenigstens abwechselnd, anwesend sein.

139. Wo der Diözesanbischof geistliche Amtsträger oder andere Personen hat, die dazu beauftragt werden können, ist es das Recht der Gläubigen, das heiligste Sakrament der Eucharistie häufig zur Anbetung zu besuchen und wenigstens einige Male im Laufe eines jeden Jahres an einer Anbetung vor der ausgesetzten heiligsten Eucharistie teilzunehmen.

140. Es ist sehr zu empfehlen, dass der Diözesanbischof in den Städten oder wenigstens in den größeren Gemeinden ein Kirchengebäude zur ewigen Anbetung bestimmt, in dem aber häufig, wenn möglich auch täglich die heilige Messe gefeiert wird; die Aussetzung ist während der Messfeier unbedingt zu unterbrechen. Es ist angemessen, dass bei der Messe, die der Anbetungszeit unmittelbar vorausgeht, die Hostie für die Aussetzung konsekriert und nach der Kommunion in die Monstranz über dem Altar gesetzt wird.

141. Der Diözesanbischof soll das Recht der Christgläubigen anerkennen und nach Möglichkeit fördern, Bruderschaften oder Vereinigungen zur – auch ständigen – Anbetung zu bilden. Sooft Vereinigungen dieser Art internationalen Charakter haben, obliegt es der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, sie zu errichten oder ihre Statuten zu approbieren.

ungekürzter Text der Instruktion auf der vatikanischen Internetseite

P. Raniero Cantalamessa am 03.12.2004

P. Cantalamessa:
Eucharistische Anbetung hat Langzeitwirkung

Wer lange in der Sonne ist, trägt ihre Spuren auf dem Gesicht. Wer die Eucharistie verehrt, der nimmt die Gedanken Christi an, sagt der Prediger des Päpstlichen Hauses.

Vatikan (www.kath.net) Die eucharistische Anbetung mag von außen vielen als „Zeitverschwendung” erscheinen, langfristig hat sie jedoch eine beachtliche Wirkung und bringt reiche spirituelle Früchte hervor. Das betonte der Prediger des Päpstlichen Hauses, P. Raniero Cantalamessa OFM Cap, bei der ersten seiner Adventbetrachtungen für den Papst und die Kurie am 3. Dezember.

Der Wert der eucharistischen Anbetung sei nicht in „theologischen und theoretischen Erklärungen“ zu finden, sondern in der Erfahrung unzähliger Katholiken, welche die positiven Auswirkungen erlebten, sagte der Kapuzinerpater in seiner Predigt in der Kapelle „Redemptoris Mater“ des Apostolischen Palastes. Er hält noch zwei weitere Predigten am 10. und 17. Dezember, die ebenfalls die Eucharistie zum Thema haben.

“Man kann nicht lange in der Sonne sein, ohne dass man ihre Spuren auf dem Gesicht trägt”, verglich P. Cantalamessa. „Wenn wir lange und treu, nicht unbedingt mit großem Eifer, vor dem Allerheiligsten bleiben, nehmen wir die Gedanken und Gefühle Christi auf, und zwar nicht auf eine diskursive, sondern auf eine intuitive Weise“, betonte er.

„Die eucharistische Anbetung bedeutet konkret, eine Herzensbeziehung mit Jesus aufzubauen, der in der Hostie wahrhaft präsent ist.“ Anbetung des Allerheiligsten und Eucharistie, Kontemplation und Feier, sollten einander im spirituellen Leben der Gläubigen ergänzen , erklärte P. Cantalamessa. „Eucharistische Betrachtung heißt, einen anschauen, der mich anschaut.“

„Die Anbetung kann durch eine lange Reflexion vorbereitet werden, aber sie endet mit einer Intuition, und – wie jede Intuition – dauert sie nicht lange“, sagte der Kapuzinerpater. „Sie ist wie ein Lichtstrahl in der Nacht. Aber es ist ein besonderes Licht: nicht so sehr das Licht der Wahrheit, sondern vielmehr das Licht der Wirklichkeit. Es ist die Wahrnehmung der Größe, Majestät, Schönheit, insgesamt der Güte Gottes und seiner Gegenwart, die einem den Atem raubt.“

„Das einzige, worum uns der Heilige Geist bittet, ist, ihm unsere Zeit zu schenken, auch wenn es anfänglich als verlorene Zeit erscheint“, schloss P. Cantalamessa seine Predigt. „Ich werde niemals die Lektion vergessen, die mir eines Tages in dieser Sache erteilt wurde. Ich sagte zu Gott: ‚Herr, gib mir den Eifer, und ich werde dir alle Zeit schenken, die du für das Gebet willst.’ In meinem Herzen fand ich die Antwort: ‚Raniero, gib mir deine Zeit, und ich werde dir den ganzen Eifer geben, den du im Gebet willst.’“

URL: http://www.kath.net/detail.php?id=9114
Auf KATH.NET seit dem: 07. 12. 2004    16:37 Uhr
© www.kath.net

P. Raniero Cantalamessa Buchauszug

Auszug aus dem Buch von Raniero Cantalamessa
Die Eucharistie, unsere Heiligung, Köln 1998, S. 91-111

FÜNFTES KAPITEL

»Tut dies zu meinem Gedächtnis«

Die Eucharistie bildet die Kirche durch Kontemplation

Bisher habe ich zu zeigen versucht, wie die Eucharistie durch Konsekration und durch Kommunion die Kirche bildet. In dieser Meditation nun will ich darauf zu sprechen kommen, dass die Eucharistie die Kirche auch noch auf eine andere Weise bildet, nämlich durch Kontemplation.

Eucharistie und Kontemplation sind zuweilen als zwei verschiedene, gleichsam parallel verlaufende Wege zur christlichen Vollkommenheit aufgefasst worden. Der erste ist bekannt als der Weg des Mysteriums oder der objektive Weg, der den Sakramenten (den Mysterien) und insbesondere der Eucharistie den Vorrang gibt; der zweite als der mystische oder subjektive Weg, der vor allem über die Kontemplation führt. Man hat in diesem Zusammenhang eine gewisse Unterschiedlichkeit zwischen patristischer und neuzeitlicher Epoche sehen wollen, zwischen orthodoxer und westlicher Spiritualität. Die patristische Spiritualität, die die Orthodoxie treuer bewahrt habe, stütze sich eher auf die Mysterien; die westliche dagegen gründe sich unter dem Einfluss einiger großer Mystiker der Neuzeit in stärkerem Maße auf die Kontemplation oder – wie es eine von ihnen, die heilige Theresia von Avila, ausdrückt – auf das Leben des Gebetes.

Wie auch immer die Dinge sich tatsächlich verhalten mögen (die Wirklichkeit ist immer weitaus komplexer als solche Schemata), ich halte den Moment für gekommen, diese beiden Wege in Übereinstimmung zu bringen, oder besser, die Übereinstimmung wieder zu entdecken, die über diesen Punkt bis an die Schwelle der Neuzeit geherrscht hat und die dann aus verschiedenen Gründen verloren gegangen ist. In dieser vereinheitlichenden Sicht sind die Sakramente und das Leben des Gebetes nicht zwei Alternativen, zwei verschiedene »Wege« zur Heiligkeit, sondern eng miteinander verbunden und wechselseitig voneinander abhängig. Natürlich ist es das Leben aus den Sakramenten, das allem anderen zugrunde liegt, es sind die »Mysterien«, die die unmittelbare und objektive Verbindung herstellen zwischen uns und der Erlösung, die Gott durch Christus Jesus ein für allemal bewirkt hat. Doch sie allein genügen nicht, um uns auf dem spirituellen Weg fortschreiten zu lassen; das Leben aus den Sakramenten muss von innen her durch ein Leben der Kontemplation ergänzt werden. Denn die Betrachtung ist der Weg, auf dem wir die Mysterien erst eigentlich »empfangen«, der Weg, auf dem wir sie verinnerlichen und uns ihrer Wirkung öffnen; sie ist das, was den Mysterien auf der existentiellen und subjektiven Ebene entspricht; durch sie wird es der in den Sakramenten empfangenen Gnade möglich, unser Inneres zu formen – unsere Gedanken, unsere Gefühle, unseren Willen, unsere Erinnerung.

Erst wenn wir uns das göttliche Leben, das mit den Sakramenten in uns hineingelegt worden ist, durch die Kontemplation wirklich zu eigen machen, wird es ganz konkret auch in unseren Handlungen Ausdruck finden, das heißt in der Übung der Tugenden und insbesondere der Liebe. So, wie es keine menschliche Handlung gibt, die nicht von einem Gedanken her ihren Ausgang nimmt (und wenn es sie gibt, dann ist sie völlig wertlos oder in hohem Maße gefährlich), so gibt es auch keine christliche Tugend, die nicht aus der Kontemplation hervorgeht. Der heilige Gregor von Nyssa schreibt: »Drei Bestandteile sind es, die das christliche Leben kenntlich machen und auszeichnen: das Werk, das Wort und der Gedanke. An erster Stelle unter ihnen steht der Gedanke, dann kommt das Wort, welches das, was im Geist ersonnen worden ist, in Begriffen erschließt und ausdrückt; schließlich, an dritter Stelle, befindet sich das Werk, welches das, was man gedacht hat, in Taten übersetzt. Die Vollkommenheit des christlichen Lebens besteht darin, Christus ganz gleich zu werden, zunächst im inneren Bereich des Herzens, sodann im äußeren Bereich des Handelns«‘.

Die Kontemplation ist somit der unumgängliche Weg, um von der Kommunion mit Christus in der Messe überzugehen zur Imitation Christi im Leben. Wie man also von einer allgemeinen Berufung aller Getauften zur Heiligkeit spricht, so muss man auch von einer allgemeinen Berufung aller Getauften zur Kontemplation sprechen. Der Weg der christlichen Vollkommenheit führt von den Mysterien zur Kontemplation und von der Kontemplation zur Aktion.

Gemeinsam bilden diese drei Bestandteile einen einzigen Weg zur Heiligkeit, der infolge der unermesslichen Gnade Gottes und der frei antwortenden Willensentscheidung des Menschen allen Getauften offen steht. Der »Vorrang der Kontemplation« vor der Aktion will nicht besagen, dass die Betrachtung »größer« ist als die Übung der Tugenden und des aktiven Lebens, sondern dass sie »zuerst« kommt, dass sie die Quelle des Handelns ist. Und das gilt insbesondere dann, wenn wir von einer bestimmten Art des kontemplativen Lebens sprechen, die allen offen steht und allen möglich ist.

1. Das ständige Gedächtnis Christi

Sobald wir es unternehmen, diese auf die Mysterien bezogenen allgemeinen Vorbemerkungen näher auf die Eucharistie anzuwenden, entdecken wir sofort, wie wichtig und aktuell sie sind. Denn aus ihnen ergibt sich, dass es, um Christus gleich zu werden, nicht genügt , seinen Leib zu essen und sein Blut zu trinken; ebenso notwendig ist es, dieses Geheimnis zu betrachten. Eucharistie und Inkarnation haben große Ähnlichkeit miteinander. Bei der Menschwerdung, so schreibt der heilige Augustinus, »empfing Maria das Wort im Geiste, ehe sie es im Leib empfing« (prius concepit mente quam corpore). Ja er fügt sogar hinzu, dass es ihr nichts genützt hätte, Christus in ihrem Schoße zu tragen, hätte sie ihn nicht auch liebend in ihrem Herzen getragen.;

Maria war also nach der Inkarnation nicht nur in ihrem Leib, sondern auch in ihrem Geist von Jesus erfüllt; sie war von Jesus erfüllt, weil sie an Jesus dachte, weil sie Jesus erwartete (und wie sie ihn erwartete!), weil sie Jesus liebte. Wie jede Frau, die ein Kind »erwartet«, aber in weit vollkommenerem Maße, war sie ganz in sich selbst versunken. Ihre Augen schauten mehr nach innen als nach außen, weil dort, in ihrem Innern, ihr Schatz verborgen war, weil sie in ihrem Innern ihr süßes Geheimnis trug, das sie in sprachloses Staunen versetzte. Maria aber, so steht im Lukasevangelium geschrieben, bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach (Lk 2,19). Dadurch erscheint sie uns als vollkommenstes Vorbild dessen, was wir unter eucharistischer Kontemplation verstehen: genauso muss sich der Christ verhalten, der Jesus soeben in der Eucharistie empfangen hat. Auch er muss Christus, nachdem er ihn in seinen Leib aufgenommen hat, ebenso in seinen Geist aufnehmen (Empfängnis ist ja ein in sich Aufnehmen). Und Christus im Geist aufnehmen bedeutet ganz konkret, an ihn zu denken, den Blick auf ihn zu richten, sich seiner zu erinnern. Genau das ist das Schlüsselwort unserer heutigen Meditation: uns an Christus erinnern, sein Gedächtnis halten.

Bei der Einsetzung der Eucharistie hat Christus dieses Wort geheiligt; er sprach: Tut dies zu meinem Gedächtnis (Lk 22,19). »Gedächtnis« – das ist die Kategorie, die die Eucharistie ideell mit dem jüdischen Pascha verbindet, das ja, wie man weiß, ebenfalls ein Gedenken war (vgl. Ex 12,14). Seine Bedeutung ist derartig, dass der heilige Paulus in seinen Einsetzungsbericht jenen Auftrag Jesu sogar zweimal erwähnt. Und er erklärt auch, was dieses Gedächtnis Jesu beinhaltet: Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn (1 Kor 11,26). Es beinhaltet den Tod Christi.

Das eucharistische Gedenken hat eine zweifache Dimension oder Bedeutung: eine, die auf Gott, und eine, die auf den Menschen bezogen ist; wir können daher von einer theologischen und einer anthropologischen Dimension sprechen. In theologischer Hinsicht besteht das Gedenken darin, Jesus dem Vater ins Gedächtnis zu rufen – wir bitten den Vater, dessen zu gedenken, was Jesus für uns getan hat, damit er uns aus Liebe zu ihm vergibt und uns hilft. Mit anderen Worten: wir erinnern den Vater an Jesus, damit er sich an uns erinnert. J. Jeremias hat jenes Wort Jesu so erklärt: »Tut dies, damit der Vater meiner gedenkt«. Wenn die Israeliten des Alten Testamentes sich in Augenblicken großer Not an Gott wandten, riefen sie: »Erinnere dich Abrahams, unseres Vaters, erinnere dich an Isaak, an Jakob«; in einem Psalm heißt es: O Herr, denk an

David, denk an all seine Mühen (Ps 132,1). Doch wir, das Volk des Neuen Bundes, können in viel wirkungsvollerer Weise zu Gott rufen, wir können ihm sagen: Denk an Jesus, deinen Sohn, und an sein Opfer! Dafür gibt uns die Liturgie der Kirche ein Beispiel. Die eucharistischen Gebete der Messe – insbesondere das Vierte Hochgebet – sind nichts anderes als eine Anamnese, das heißt, sie erinnern den Vater an Jesus. In wunderschöner kindlicher Einfalt erzählen sie (als ob der Vater es nicht wüsste!), was sein Sohn sagte , und was er für uns tat, als er noch auf Erden weilte: »Er ist Mensch geworden… Er hat sich dem Tod überliefert… Er hat von dir, Vater, als erste Gabe für alle, die glauben, den Heiligen Geist gesandt… Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung. Und als die Stunde kam, da er von dir verherrlicht werden sollte, nahm er beim Mahl das Brot… « Auch die eigentlichen Konsekrationsworte haben erzählenden Charakter, auch sie erstatten dem Vater Bericht über das, was Jesus sagte, als er das Brot nahm und es für uns brach. Und erst, nachdem der Vater ausführlich an Jesus erinnert worden ist, bitten wir ihn, er möge auch an uns denken: »Herr, gedenke aller, für deren Heil wir das Opfer darbringen«; »Gedenke deiner Kirche«.

In anthropologischer oder existentieller Hinsicht besteht das eucharistische Gedenken nicht mehr darin, Jesus dem Vater ins Gedächtnis zu rufen, sondern uns selbst: wir selbst erinnern uns an ihn. Viele Jahrhunderte lang war im »Römischen Kanon« das erste Gebet, das der Priester nach der Konsekration sprach, das Unde et memores: »Darum, gütiger Vater, feiern wir, deine Diener und dein heiliges Volk, das Gedächtnis deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt …«‘ Wir müssen uns wieder neu bewusst werden, welche unermessliche spirituelle Macht in diesem Gedenken Jesu verborgen liegt. Wir müssen es in diesem Land der Pilgerschaft zur Quelle unserer Freude und Kraft machen. »Süß ist das Gedächtnis Jesu, das dem Herzen die

wahre Freude schenkt«, heißt es in einem alten liturgischen Gesang, der auf den heiligen Bernhard zurückgeht.‘ Wir müssen dahin gelangen, zu Jesus das zu sagen, was Jesaja im Alten Testament zu Gott sagte: Deinen Namen anzurufen und an dich zu denken ist unser Verlangen (Jes 26,8). Eine Erinnerung, die uns in den Sinn kommt, hat die Macht, unsere ganze innere Welt aus den Angeln zu heben und mit sich fortzureißen auf den Gegenstand der Erinnerung zu – vor allem dann, wenn es sich nicht um eine Sache, sondern um eine Person, um einen geliebten Menschen handelt. Wenn eine Mutter an ihr Kind denkt, das sie wenige Tage zuvor zur Welt gebracht und nun zu Hause gelassen hat, dann eilt sie innerlich zu ihm, ihr Mutterherz strömt über vor Zärtlichkeit, und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Dasselbe, freilich in mehr geistiger Weise, widerfährt den Heiligen, wenn sie an Gott denken, und so heißt es auch in einem Psalm: Ich denke an dich auf nächtlichem Lager und sinne über dich nach, wenn ich wache (…); jubeln kann ich im Schatten deiner Flügel (Ps 63,7f.).

Die Erinnerung ist eine der geheimnisvollsten und großartigsten Fähigkeiten des menschlichen Geistes. Alles, was wir von frühester Jugend an gesehen, gehört, gedacht und getan haben, ist aufgehoben in dieser immensen »Höhle«, die doch keinerlei Raum beansprucht, bereit, auf einen Wink des Willens hin zu neuem Leben zu erwachen und ans Licht zu treten. Der heilige Augustinus hat sehr schöne Dinge über das Gedächtnis geschrieben, das für ihn sogar Zeichen und Spur der Dreifaltigkeit war: »Groß ist die Macht meines Gedächtnisses, gewaltig groß, o mein Gott, ein Inneres, so weit und grenzenlos. Wer kann ihm auf den Grund kommen? Es ist in gewisser Weise schwindelerregend (…). Seit dem Tage, da ich dich kennen lernte, wohnst du in meinem Gedächtnis, und dort finde ich dich, sooft ich deiner gedenke, und freue mich in dir«6. Gott, den alle Himmel nicht fassen können, ist eingeschlossen in diesem Tempel des menschlichen Gedächtnisses! Das lateinische Wort für erinnern ist recordari und bedeutet wörtlich, von neuem (re-) aufsteigen lassen zum Herzen (cor). Es handelt sich also nicht nur um eine Aktion des Verstandes, sondern auch um eine des Willens und des Herzens; in seiner spirituellen Bedeutung heißt sich erinnern, in Liebe an etwas denken. Jesus führt die Tatsache, dass wir uns an ihn erinnern können, sogar auf das Wirken des Heiligen Geistes zurück (vgl. Joh 14,26).

Die Kirchenväter, vor allem die griechischen, haben in Anknüpfung an das in der Liturgie aufgegriffene Wort Jesu: Tut dies zu meinem Gedächtnis eine eigene, sehr reiche eucharistische Frömmigkeit entfaltet. Für sie ist der spirituelle Gewinn aus der Eucharistie nichts anderes als das fortwährende Gedächtnis Jesu. Denn durch dieses ständige Gedenken nimmt Gott Wohnung in der Seele des Gläubigen und macht sie zu seinem Tempel. Nach der Auffassung des heiligen Basilius beabsichtigte Jesus mit der Einsetzung der Eucharistie einzig und allein, »dass wir uns, indem wir seinen Leib essen und sein Blut trinken, immer an ihn, der für uns gestorben und auferstanden ist, erinnern sollten«‘.

Diese Väter betonen jedoch vor allem eines: um eine wirkliche Umwandlung unseres Herzens zu erreichen, muss die Betrachtung der Mysterien »beharrlich« sein. »Der gnadenvolle Schmerz entsteht aus der Liebe zu Christus, und die Liebe entsteht aus den Gedanken , die Christus und seine Liebe zu den Menschen zum Gegenstand haben; deshalb ist es eine große Hilfe, solche Gedanken in der Erinnerung zu bewahren, sie in der Seele zu hegen und von dieser Beschäftigung niemals abzulassen. Es ist darüber hinaus nützlich zu versuchen, diese Übung unablässig fortzusetzen, ohne sich von irgend etwas unterbrechen zu lassen, möglichst das ganze Leben hindurch oder zumindest sehr häufig, so dass diese Gedanken sich der Seele einprägen und das Herz ganz in Besitz nehmen. Wie das Feuer auf die Gegenstände, die es berührt, keinerlei Wirkung ausüben kann, wenn der Kontakt nicht andauert, so kann ein flüchtiger Gedanke im Herzen keine Leidenschaft entfachen; es bedarf einer gewissen Zeit, lang und beständig«‘.

Wir müssen also zu erreichen versuchen, dass das Gedächtnis Jesu in unser Denken eindringt und es durchströmt, wie der Honig die Waben. Das ist keineswegs unmöglich und auch nicht außerhalb der gewöhnlichen Reichweite der Christen. Viele – auch in der Welt lebende – Gläubige haben dies in ihrer Seele erfahren, zumindest für einen längeren Zeitabschnitt. (Freilich kann man nicht verlangen, in diesem Leben in den dauerhaften und unveränderlichen Besitz dieses fortwährenden Gedenkens zu gelangen.) Dabei ist es vor allem in der Anfangszeit hilfreich, leise vor sich hin oder auch nur im Geiste immer wieder ein Wort zu wiederholen, etwa eine fortwährende Anrufung des Namens Jesu.

Die Wirkung dieses so einfachen Mittels ist schier unglaublich. Das liegt daran, dass der Name Jesu nicht einfach ein »Name« ist; er umschließt das Geheimnis und die Macht der Person Christi. Die Anrufung des Namens Jesu dient vor allem dazu, stolze, selbstgefällige, zornige oder unreine Gedanken im Keim zu ersticken und im Gegenzug den guten Gedanken größere Kraft zu verleihen. Es genügt, wenn man lernt, die eigenen Gedanken so zu beobachten, als wären es die eines anderen Menschen, und ihnen in ihrer Entwicklung sozusagen zuvorzukommen. Wenn ein Gedanke in uns entsteht, erkennen wir sofort, welche Richtung er nimmt: ob er zu Gott führt oder zu uns, ob er dem Ruhm Gottes oder unserem Ruhm gewidmet ist. Falls letzteres zutrifft, hilft das wiederholte Aussprechen des Namens Jesu, wenn es im Glauben an die Macht des Herrn geschieht, den Faden des bösen oder unnützen Gedankens zu »kappen« und zugleich in uns ein wenig von der Gesinnung zu schaffen, die »dem Leben in Christus Jesus entspricht« (Phil 2,5). Auf diese Weise wird es dem Menschen zur Gewohnheit, »das im Sinn zu haben, was Gott will, und nicht, was die Menschen wollen« (vgl. Mt 16,23), und sein Herz wird »rein«. Denn das, was unser Herz unrein macht, ist vor allem die Selbstsucht, das Trachten nach unserem eigenen Ruhm. Doch wenn der Mensch Gott betrachtet, dann ist es, als kehre er sich selbst den Rücken: er ist gezwungen, sich zu vergessen, sich selbst aus den Augen zu verlieren. Wer betrachtet, betrachtet nicht sich!

2. Die Anbetung vor dem Allerheiligsten

Bisher habe ich versucht, die allgemeinen Grundsätze der eucharistischen Kontemplation zu verdeutlichen und herauszustellen, welchen Stellenwert wir ihr auf dem Wege unserer Heiligung einräumen müssen. Ich möchte nun auch auf die Formen eingehen, die sie annehmen kann, und auf die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, um sie zu pflegen.

Eine erste Form der eucharistischen Betrachtung ist die Wort-Gottes-Liturgie der Messe. Sie ruft uns jedesmal einen Aspekt der Heilsgeschichte und eine Begebenheit aus dem Leben Jesu ins Gedächtnis und fügt auf diese Weise womöglich dem Gedenken des Herrn, das wir begehen, einen teilweise neuen Inhalt hinzu. Die Wort-Gottes-Liturgie veranschaulicht die Eucharistie und hilft, die unermesslichen Tiefen des gefeierten Geheimnisses zu erahnen. Nehmen wir ein konkretes Beispiel: den neunundzwanzigsten Sonntag des liturgischen Jahres im Lesekreis B. Als erste Lesung finden wir Jesaja 53,2ff.: »Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut… «-, als zweite Lesung Hebräer 4,1416: »Da wir nun einen erhabenen Hohenpriester haben…« . und schließlich das Evangelium, Markus 10,34-45: »Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke ? Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen…« Welche Horizonte eröffnet jedes einzelne dieser Worte für die eucharistische Kontemplation! Der Tisch des Wortes bereitet den Tisch des Brotes vor: er weckt die Sehnsucht, steigert die Freude an Christus. Dasselbe geschah bei jener außergewöhnlichen Liturgie, die die Emmausjünger erlebten: die Auslegung der Schrift ließ die Herzen der beiden Jünger entbrennen, die dann, dank dieser Vorbereitung, in der Lage waren, den Herrn am Brechen des Brotes zu »erkennen«.

Eine Form der eucharistischen Betrachtung ist auch die Zeit, die wir vor und nach der Kommunion der Vorbereitung und Danksagung widmen.

Doch die eucharistische Kontemplation schlechthin ist die stille Anbetung vor dem Allerheiligsten. Gewiss, man kann den eucharistischen Jesus auch von ferne betrachten, im Tabernakel des eigenen Herzens (der heilige Franziskus pflegte zu sagen: »Wenn ich der Messe nicht beiwohne, nähere ich mich dem Leib Christi im Gebet, ich bete ihn an mit den Augen des Geistes in derselben Weise, wie ich ihn anbete, wenn ich ihn während der Eucharistiefeier betrachte«‘). Und dennoch: die Kontemplation, gehalten in der realen Präsenz Christi, vor den Gestalten, in denen er verborgen ist, wenn möglich an einem ruhigen und sozusagen schon von seiner Gegenwart durchdrungenen Ort, stellt demgegenüber noch eine Steigerung dar, die uns eine große Hilfe ist.

In seinem Schreiben über Das Geheimnis und die Verehrung der Allerheiligsten Eucharistie vom Gründonnerstag des Jahres 1980 schrieb der Heilige Vater Johannes Paul II.: »Die Anbetung Christi in diesem Sakrament seiner Liebe muss dann auch ihren Ausdruck in vielfältigen Formen eucharistischer Frömmigkeit finden: persönliches Gebet vor dem Allerheiligsten, Anbetungsstunden, kürzere oder längere Zeiten der Aussetzung, das jährliche Vierzigstündige Gebet (…). Die Belebung und Vertiefung der eucharistischen Frömmigkeit sind der Beweis für jene wahre Erneuerung, die das Konzil sich zum Ziel gesetzt hat und deren inneren Kern sie darstellen (…). In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben«. Ein solcher Aufruf war notwendig. Denn die traditionelle eucharistische Frömmigkeit war ziemlich in Vergessenheit geraten über der mit Eifer betriebenen liturgischen Erneuerung, die sich naturgemäß mehr mit dem gemeinschaftlichen und rituellen Bereich befasst als mit dem der persönlichen Frömmigkeit. Und man vernachlässigte sie auch aus einer gewissen naiven Überbewertung soziologischer und säkularistischer Ansätze, die die Eucharistie fast ausschließlich unter dem sogenannten horizontalen Aspekt betrachten, das heißt sie als bloße Tischgemeinschaft begreifen. Die zentrifugale Bewegung (hin zu den Armen, zu politischem Engagement, zur Dritten Welt etc.), die nach dem Konzil so viele christliche Gemeinschaften geprägt hat, muss wieder ausgeglichen werden von einer zentripetalen Bewegung, einer Bewegung also, die zum Herzen der Gemeinschaft zurückführt, in ihre Mitte, wo die Eucharistie ist. Der Erzbischof von Mailand, C. M. Martini, betont in seinem ersten Hirtenbrief mit dem Titel “Die kontemplative Dimension des Lebens” ebenfalls die Notwendigkeit dieser Wiederentdeckung; er schreibt: »All dies [das heißt die Gestaltung des eigenen Lebens aus der Eucharistie heraus] verlangt konkret die Förderung innerer Verhaltensweisen, die der Eucharistiefeier vorausgehen, sie begleiten und auf sie folgen sollen: das offenbarte Wort hören, die Geheimnisse Jesu betrachten, den Willen des Vaters erspüren, der in den Worten Jesu durchscheint, den Lebensplan, der aus dem eucharistischen Pascha erwächst, mit den immer neuen spirituellen Situationen konfrontieren, in die die Gemeinschaft und die einzelnen Gläubigen sich hineingestellt sehen. Deshalb ist das stille Gebet, das Hören des Wortes, die biblische Meditation, das persönliche Nachdenken nicht als von der Eucharistie getrennt zu betrachten, sondern ganz wesentlich mit ihr verbunden.«

Die Verehrung und Anbetung der Eucharistie außerhalb der Messe ist ein relativ junger Zweig der christlichen Frömmigkeit. Im Westen nahm sie ihren Anfang im elften Jahrhundert als Reaktion auf die Irrlehre des Berengar von Tours, der die Realpräsenz leugnete und eine nur symbolische Gegenwart Jesu in der Eucharistie anerkennen wollte. Jedoch von diesem Zeitpunkt an hat es sozusagen keinen Heiligen mehr gegeben, in dessen Leben die eucharistische Frömmigkeit nicht von entscheidender Bedeutung gewesen wäre. Sie war eine Quelle gewaltiger spiritueller Kräfte, eine Art von Herdfeuer mitten im Hause Gottes, das stets brannte und an dem sich alle großen Söhne und Töchter der Kirche gewärmt haben.

Vielleicht ist es richtig, in der relativ späten Entwicklung des eucharistischen Kultes außerhalb der Messe einen Hinweis zu sehen, hier den verschiedenen christlichen Konfessionen eine gewisse Freiheit einzuräumen.` Diese eucharistische Frömmigkeit ist ein Geschenk des Geistes an die katholische Kirche, und sie muss es voller Dankbarkeit auch stellvertretend für die anderen Christen pflegen, ohne jedoch von ihnen unbedingt dasselbe zu verlangen. Jede große geistige Strömung im Schoße des Christentums hat mit ihrem je eigenen Charisma etwas beigetragen zum Reichtum der gesamten Kirche. Bei den Protestanten ist dies die besondere Verehrung für das Wort Gottes, bei den Orthodoxen die Verehrung der Ikonen (und wie viel haben wir Katholiken ihnen auf diesem Gebiet zu verdanken!); in der katholischen Kirche ist es die Verehrung der Eucharistie. Jeder dieser drei Wege führt im Grunde zu demselben Ziel: zur Betrachtung Christi und seines Geheimnisses.

Wenn die besondere Gabe der katholischen Kirche und das Geheimnis ihrer Kraft in der einzigartigen Weise besteht, in der der eucharistische Jesus in ihrer Mitte gegenwärtig ist und angebetet wird, dann erkennt man erst recht, wie wichtig es ist, dass wir diese Gabe wieder voll auswerten. Es ist, als dränge der Heilige Geist die Kirche nun mit aller Macht, gewisse Formen der eucharistischen Frömmigkeit, die sich durch Gewöhnung und Ritualismus ziemlich verbraucht hatten, wieder aufzugreifen, doch sie in erneuerter Gesinnung aufzugreifen, das heißt, auch in sie das verfeinerte Gespür in biblischen und liturgischen Fragen hineinzulegen, das die christliche Frömmigkeit sich in der Zwischenzeit erworben hat. Wir erleben zur Zeit das Wiedererwachen eines tiefen Bedürfnisses nach eucharistischer Anbetung, danach, dem Herrn zu Füßen zu sitzen wie Maria von Betanien (vgl. Lk 10,39). Wir sind dabei, eine Wahrheit wieder zu entdecken: dass der mystische Leib Christi, die Kirche, nicht auf andere Weise entstehen und sich entfalten kann als geschart um seinen wirklichen Leib, die Eucharistie.

Das meine ich, wenn ich sage, dass die Eucharistie die Kirche durch Kontemplation bildet. Wer ruhig und schweigend und möglichst für längere Zeit vor dem sakramentalen Jesus verharrt, der wird empfänglich für die Erwartungen, die der Herr in ihn setzt, er gibt die eigenen Pläne auf, um frei zu sein für das, was Christus mit ihm vorhat, das Licht Gottes dringt nach und nach in sein Herz ein und lässt es gesunden. Es passiert etwas, das an das Ergrünen der Bäume im Frühjahr erinnert, an den Prozess der Photosynthese. An den Zweigen brechen die Blätter hervor; diese nehmen aus der Luft bestimmte Stoffe auf, die unter der Einwirkung des Sonnenlichts »festgehalten« und in Nahrung für die Pflanze umgewandelt werden. Ohne diese grünen Blättchen könnte die Pflanze nicht wachsen und Frucht bringen, und sie könnte auch nicht zur Erneuerung des Sauerstoffs beitragen, den wir selbst zum Atmen brauchen. Auch wir müssen solche grünen Blätter sein! Sie sind ein Symbol für die eucharistischen Seelen, die Christus, die »Sonne der Gerechtigkeit«, betrachten und auf diese Weise die Nahrung, den Heiligen Geist, »festhalten« zum Wohl des ganzen großen Baumes, der die Kirche ist. Es geht, mit anderen Worten, um das, was auch der Apostel Paulus meint, wenn er schreibt: Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn (2 Kor 3,18).

Ein zeitgenössischer Dichter, Giuseppe Ungaretti, hat einen wundervollen Vers geschaffen, der ebenso gut von einer in Kontemplation vor der Eucharistie versunkenen Seele stammen könnte: »Ich erstrahle von Unermesslichem«.

3. Ich sehe ihn an, und er sieht mich an

Doch was bedeutet das konkret: eucharistische Kontemplation halten? Die eucharistische Kontemplation ist an sich nichts anderes als die Fähigkeit, oder besser die Gabe, von Herz zu Herz eine Beziehung mit dem in der Hostie wirklich gegenwärtigen Jesus herzustellen und sich durch ihn im Heiligen Geist zum Vater zu erheben. All dies sollte sich, wenn irgend möglich, in innerem wie äußerem Schweigen vollziehen. Das Schweigen ist der geliebte Bräutigam der Kontemplation, der sie behütet, so wie Josef Maria behütet hat. Betrachten heißt, all unser Wahrnehmungsvermögen auf die göttliche Wirklichkeit zu richten, die Gott selbst, eines seiner Sinnbilder oder ein Geheimnis aus dem Leben Christi sein kann und sich an seiner Gegenwart zu erfreuen. In der Meditation überwiegt die Suche nach der Wahrheit, in der Kontemplation dagegen die Freude an der gefundenen Wahrheit (Wahrheit verstanden als die in Christus personifizierte Wahrheit, denn die Kontemplation richtet sich immer auf die Person, auf das Ganze und nicht auf die Teile).

Die großen Lehrmeister des Geistes haben die Kontemplation definiert als »ein freimütiges, durchdringendes und unverwandtes Anblicken« (Hugo von Sankt Viktor) oder als »inbrünstigen Blick auf Gott« (Bonaventura). Und deshalb hat jener Bauer aus der Pfarrei von Ars bei seiner eucharistischen Kontemplation genau das Richtige getan, als er Stunden um Stunden regungslos in der Kirche verbrachte, die Augen auf den Tabernakel gerichtet, und der, als ihn der heilige Pfarrer fragte, was er denn da den ganzen Tag über mache, zur Antwort gab: »Nichts, ich sehe ihn an, und er sieht mich an!« Daraus lernen wir, dass christliche Kontemplation niemals nur in einer Richtung verläuft und dass sie sich auch nicht dem »Nichts« zuwendet (wie es bei manchen östlichen Religionen und namentlich im Buddhismus der Fall ist). Immer sind es zwei Blicke, die einander begegnen: unser Blick auf Gott und Gottes Blick auf uns. Mag unser Blick auch zuweilen abschweifen und schwächer werden, so lässt doch der Blick Gottes niemals nach. Die eucharistische Kontemplation beschränkt sich manchmal darauf, Jesus einfach Gesellschaft zu leisten, unter seinem Blick zu verharren und ihm die Freude zu machen, dass auch er seinerseits uns anschauen kann, nichtige und sündige Geschöpfe zwar, doch die Früchte seines Leidens, uns, für die er sein Leben hingegeben hat: »Er sieht mich an!«

Also kann auch jene innere Trockenheit, die wir gelegentlich verspüren – mag sie nun eine Folge unserer eigenen Zerstreuung oder aber um unserer Läuterung willen von Gott zugelassen sein -, die eucharistische Kontemplation nicht wirklich außer Kraft setzen. Es genügt, dieser Trockenheit einen Sinn zu geben, etwa indem man auch auf die aus der Inbrunst entspringende Befriedigung verzichtet , um ihn glücklich zu machen und um mit Charles de Foucauld zu ihm sagen zu können: »Dein Glück, Jesus, genügt mir!«, das heißt: es genügt mir, wenn du glücklich bist. Jesus hat, um uns glücklich zu machen, die ganze Ewigkeit zu seiner Verfügung; wir aber haben, um ihn zu beglücken, nur diesen kurzen Zeitraum: wie können wir eine solche Gelegenheit ungenutzt lassen, die vielleicht niemals wiederkehren wird? Manchmal mag es uns so vorkommen, als sei unsere eucharistische Anbetung bloße Zeitverschwendung, als hielten wir die Augen geöffnet, ohne zu sehen – und doch: welche Kraft liegt darin verborgen, welches Glaubenszeugnis! Jesus weiß, dass wir fortgehen könnten und hundert andere Dinge tun, die uns weitaus mehr befriedigen würden – aber wir bleiben da und vergeuden unsere Zeit in reinem Verlust. Wenn es uns nicht gelingt, mit der Seele zu beten, dann haben wir immer noch die Möglichkeit, mit unserem Körper zu beten, und dies ist ein Beten mit dem Körper (auch wenn die Seele alles andere als abwesend ist).

Wenn wir Jesus im Sakrament des Altares betrachten, dann erfüllen wir die mit Jesu Tod am Kreuz verbundene Prophezeiung: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben (Job 19,37). Mehr noch: eine solche Kontemplation ist an sich schon eine Prophezeiung, denn sie nimmt vorweg, was uns für die Ewigkeit im himmlischen Jerusalem verheißen ist. Nichts von dem, was wir in der Kirche tun können, hat einen in so hohem Maße eschatologischen und prophetischen Charakter wie die eucharistische Kontemplation. Am Ende wird das Lamm nicht mehr geopfert, wird auch sein Fleisch nicht mehr gegessen werden. Das heißt Konsekration und Kommunion werden aufhören – die Kontemplation des für uns geopferten Lammes aber wird nie enden. Genau dies nämlich ist es, was die Heiligen im Himmel tun (vgl. Offb 5,1ff.). Wenn wir vor dem Tabernakel knien, dann stimmen wir bereits ein in den Chor der Kirche in jener Welt: sie vor, wir gleichsam hinter dem Altar; sie in der Schau, wir im Glauben.

Im Buch Exodus lesen wir: Während Mose vom Berg herunterstieg, wusste er nicht, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, weil er mit dem Herrn geredet hatte (Ex 34,29). Mose wusste es nicht, und auch wir werden es nicht wissen (und das ist gut so); doch vielleicht wird dies auch uns widerfahren, wenn wir nach solchen Augenblicken zu unseren Brüdern zurückkehren – vielleicht wird ihnen auffallen, dass unser Gesicht Licht ausstrahlt, weil wir den Herrn betrachtet haben. Und dies wäre das schönste Geschenk, das wir ihnen machen könnten.

Katechismus der Katholischen Kirche

Die Gegenwart Christi durch die Kraft seines Wortes und die Kraft des Heiligen Geistes

(aus dem Katechismus der Katholischen Kirche von 1993)

1373 „Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein“ (Röm 8,34). Er ist in seiner Kirche auf mehrfache

Weise gegenwärtig (vgl. LG 48): in seinem Wort, im Gebet seiner Kirche, „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“ (Mt 18,20), in den Armen, den Kranken, den Gefangenen (vgl. 25,31-46), in seinen Sakramenten, deren Urheber er ist, im Meßopfer und in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht, aber „vor allem unter den eucharistischen Gestalten“ (SC 7).

1374 Die Weise der Gegenwart Christi unter den eucharistischen Gestalten ist einzigartig. Sie erhebt die Eucharistie über alle Sakramente, so daß sie „gleichsam die Vollendung des geistigen Lebens und das Ziel aller Sakramente“ ist (Thomas von Aquin, s. th. 3,73,3). Im heiligsten Sakrament der Eucharistie ist „wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten“ (Konzil von Trient: DS 1651). Diese „Gegenwart wird nicht ausschlußweise ‚wirklich‘ genannt, als ob die anderen nicht ‚wirklich‘ seien, sondern vorzugsweise, weil sie substantiell ist; in ihr wird nämlich der ganze und unversehrte Christus, Gott und Mensch, gegenwärtig“ (MF 39).

1375 Christus wird in diesem Sakrament gegenwärtig durch die Verwandlung des Brotes und des Weines in den Leib und das Blut Christi. Die Kirchenväter betonten entschieden den Glauben der Kirche, daß das Wort Christi und das Walten des Heiligen Geistes so wirkkräftig sind, daß sie diese Verwandlung zu bewirken vermögen. Der hl. Johannes Chrysostomus erklärt:

„Nicht der Mensch bewirkt, daß die Opfergaben Leib und Blut Christi werden, sondern Christus selbst, der für uns gekreuzigt worden ist. Der Priester, der Christus repräsentiert, spricht diese Worte aus, aber ihre Wirkkraft und Gnade kommen von Gott. Das ist mein Leib, sagt er. Dieses Wort verwandelt die Opfergaben“ (prod. Jud. 1, 6).

Und der hl. Ambrosius sagt über diese Verwandlung:

„Hier liegt etwas vor, was nicht die Natur gebildet, sondern die Segnung konsekriert hat, und die Wirksamkeit der Segnung geht über die Natur hinaus, indem sogar die Natur selbst kraft der Segnung verwandelt wird … Das Wort Christi, das das noch nicht Seiende aus dem Nichts zu schaffen vermochte, soll Seiendes nicht in etwas verwandeln können, was es vorher nicht war? Nichts Geringeres ist es, neue Dinge zu erschaffen, als Naturen zu verwandeln“ (myst. 9,50,52).

1376 Das Konzil von Trient faßt den katholischen Glauben zusammen, wenn es erklärt: „Weil aber Christus, unser Erlöser, sagte, das, was er unter der Gestalt des Brotes darbrachte, sei wahrhaft sein Leib, deshalb hat in der Kirche Gottes stets die Überzeugung geherrscht, und dieses heilige Konzil erklärt es jetzt von neuem: Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung [Transsubstantiation] genannt“ (DS 1642).

1377 Die eucharistische Gegenwart Christi beginnt im Zeitpunkt der Konsekration und dauert so lange, wie die eucharistischen Gestalten bestehen. In jeder der Gestalten und in jedem ihrer Teile ist der ganze Christus enthalten, so daß das Brechen des Brotes Christus nicht teilt.

1378 Die Verehrung der Eucharistie. Wir bringen in der Meßliturgie unseren Glauben, daß Christus unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich zugegen ist, unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß wir zum Zeichen der Anbetung des Herrn die Knie beugen oder uns tief verneigen. „Die katholische Kirche erweist der heiligen Eucharistie nicht nur während der heiligen Messe, sondern auch außerhalb der Meßfeier den Kult der Anbetung, indem sie die konsekrierten Hostien mit größter Sorgfalt aufbewahrt, sie den Gläubigen zur feierlichen Verehrung aussetzt und sie in Prozession trägt“ (MF 56).

1379 Die „heilige Reserve“ (Tabernakel) war zunächst dazu bestimmt, die Eucharistie würdig aufzubewahren, damit sie den Kranken und Abwesenden außerhalb der Messe gebracht werden könne. Durch die Vertiefung des Glaubens an die wirkliche Gegenwart Christi in seiner Eucharistie wurde sich die Kirche bewußt, daß es sinnvoll ist, den unter den eucharistischen Gestalten anwesenden Herrn anzubeten. Darum muß sich der Tabernakel an einem besonders würdigen Ort in der Kirche befinden und so angefertigt sein, daß er die Wahrheit der wirklichen Gegenwart Christi im heiligen Sakrament hervorhebt und darstellt.

1380 Es hat einen tiefen Sinn, daß Christus in dieser einzigartigen Weise in seiner Kirche gegenwärtig bleiben wollte. Weil Christus seiner sichtbaren Gestalt nach die Seinen verließ, wollte er uns seine sakramentale Gegenwart schenken; weil er sich am Kreuz darbrachte, um uns zu retten, wollte er, dass wir das Zeichen des Gedächtnisses der Liebe bei uns haben, mit der er uns „bis zur Vollendung“ liebte (Joh 13, 1), bis zur Hingabe seines Lebens. In seiner eucharistischen Gegenwart bleibt er geheimnisvoll in unserer Mitte als der, welcher uns geliebt und sich für uns hingegeben hat (vgl. Gal 2,20), und er bleibt unter den Zeichen gegenwärtig, die diese Liebe zum Ausdruck bringen und mitteilen.

„Die Kirche und die Welt haben die Verehrung der Eucharistie sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben, bereit, die große Schuld und alles Unrecht der Welt zu sühnen. Unsere Anbetung sollte nie aufhören“ (Johannes Paul II., Brief „Dominicae cenae“ 3).

1381 Thomas von Aquin sagt: „Daß der wahre Leib und das wahre Blut Christi in diesem Sakrament seien, läßt sich nicht mit den Sinnen erfassen …, sondern nur durch den Glauben, der sich auf die göttliche Autorität stützt. Deshalb sagt Cyrill (von Jerusalem) zur Schriftstelle ‚Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird‘ (Lk 22,19): ‚Zweifle nicht, ob das wahr sei. Nimm vielmehr die Worte des Erlösers im Glauben auf. Da er die Wahrheit ist, lügt er nicht‘” (s. th. 3,75, 1; zitiert von Paul VI., MF 18).

Gottheit, tief verborgen, betend nah ich dir.
Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier.
Sieh, mit ganzem Herzen schenk ich dir mich hin,
weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin.

Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir,
doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir.
Was Gott Sohn gesprochen, nehm ich glaubend an;
er ist selbst die Wahrheit, die nicht trügen kann.
(Thomas von Aquin, Hymnus „Adoro te devote“)

hl. Papst Johannes Paul II. - Ecclesia de Eucharistia

Ecclesia de Eucharistia

Gründonnerstag – 17. April 2003

EINLEITUNG

1. Die Kirche lebt von der Eucharistie. Diese Wahrheit drückt nicht nur eine alltägliche Glaubenserfahrung aus, sondern enthält zusammenfassend den Kern des Mysteriums der Kirche. Mit Freude erfährt sie auf vielfältige Weise die beständige Erfüllung der Verheißung: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt” (Mt 28,20); indessen erfreut sie sich der Gegenwart des Herrn in einzigartiger Dichte in der heiligen Eucharistie durch die Verwandlung des Brotes und des Weines in den Leib und das Blut Christi. Seitdem die Kirche, das Volk des Neuen Bundes, am Pfingsttag ihren Pilgerweg zur himmlischen Heimat begonnen hat, prägt das Allerheiligste Sakrament unaufhörlich ihre Tage und erfüllt sie mit vertrauensvoller Hoffnung. Mit Recht hat das Zweite Vatikanische Konzil gelehrt, dass das eucharistische Opfer „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens” ist. „Die Heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben” . Deshalb ist der Blick der Kirche fortwährend auf den im Sakrament des Altares gegenwärtigen Herrn gerichtet, in welchem sie den vollen Ausdruck seiner unendlichen Liebe entdeckt.

2. Während des Großen Jubiläums des Jahres 2000 durfte ich die Eucharistie im Abendmahlssaal zu Jerusalem feiern; da, wo sie gemäß der Überlieferung zum erstenmal von Christus selbst vollzogen wurde. Der Abendmahlssaal ist der Ort der Einsetzung dieses heiligsten Sakramentes. Dort nahm Christus das Brot in seine Hände, brach es und gab es seinen Jüngern mit den Worten: „Nehmet und esset alle davon: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird” (vgl. Mt 26,26; Lk 22,19; 1 Kor 11,24). Dann nahm er den Kelch mit Wein in seine Hände und sagte zu ihnen: „Nehmet und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden” (vgl. Mk 14,24; Lk 22,20; 1 Kor 11,25). Ich bin dem Herrn Jesus dankbar, dass ich an eben diesem Ort seinem Auftrag gehorchend dies wiederholen durfte: „Tut dies zu meinem Gedächtnis” (Lk 22,19), jene Worte, die er vor 2000 Jahren ausgesprochen hat. Haben die am Letzten Abendmahl teilnehmenden Apostel den Sinn jener Worte verstanden, die aus dem Munde Christi kamen? Vielleicht nicht. Diese Worte sollten sich erst am Ende des Triduum sacrum ganz klären, d. h. jenes Zeitraums vom Donnerstagabend bis zum Sonntagmorgen. In diese Tage ist das mysterium paschale eingeschrieben, ebenso das mysterium eucharisticum.

3. Aus dem Ostermysterium geht die Kirche hervor. Genau deshalb steht die Eucharistie als Sakrament des Ostergeheimnisses par excellence im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens. Das sieht man bereits an den ersten Bildern der Kirche, die uns die Apostelgeschichte bietet: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten” (Apg 2,42). Im „Brechen des Brotes” ist die Eucharistie angesprochen. Nach zweitausend Jahren fahren wir noch immer fort, dieses ursprüngliche Bild der Kirche zu vollziehen. Und während wir das in der Eucharistiefeier tun, richten sich die Augen der Seele auf das österliche Triduum: auf das, was sich während des Abschiedsmahls am Abend des Gründonnerstags ereignete, und darauf, was danach geschah. Die Einsetzung der Eucharistie nimmt in der Tat auf sakramentale Weise die Ereignisse vorweg, die sich, beginnend mit der Todesangst von Gethsemane, kurz darauf ereignen sollten. Wiederum sehen wir Christus, wie er den Abendmahlssaal verlässt, um mit seinen Jüngern den Bach Kedron zu überqueren und zum Garten am Ölberg zu gelangen. In diesem Garten sind noch heute einige uralte Olivenbäume. Vielleicht waren sie Zeugen all dessen, was sich an jenem Abend in ihrem Schatten zugetragen hat, als Christus im Gebet Todesangst überfiel und sein Schweiß wie Blut zur Erde tropfte (vgl. Lk 22,44). Das Blut, das er kurz zuvor der Kirche als Trank des Heiles im Sakrament der Eucharistie hinterlassen hatte, begann vergossen zu werden. Bald sollte sich das Vergießen seines Blutes auf Golgotha vollenden, um so das Werkzeug unserer Erlösung zu werden: „Christus […] ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; […] er ist ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt” (Hebr 9,11-12).

4. Die Stunde unserer Erlösung. Obgleich hart geprüft, flieht Christus nicht vor seiner „Stunde”: „Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen!” (Joh 12,27). Er sehnt sich danach, dass die Jünger bei ihm bleiben, jedoch muss er Einsamkeit und Verlassenheit erfahren: „Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet” (Mt 26,40-41). Nur Johannes wird mit Maria und den frommen Frauen unter dem Kreuz bleiben. Die Todesangst in Gethsemane hat die Todesangst des Kreuzes am Karfreitag eingeleitet. Die heilige Stunde, die Stunde der Erlösung der Welt. Wenn die Eucharistie am Grab Jesu in Jerusalem gefeiert wird, kehrt man beinahe greifbar zu seiner ,Stunde‘ zurück, der Stunde des Kreuzes und der Verherrlichung. An diesen Ort und in diese Stunde versetzt sich in spiritueller Weise jeder Priester, der die heilige Messe feiert, gemeinsam mit der christlichen Gemeinde, die daran teilnimmt. „Gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten”. Die Worte des Glaubensbekenntnisses hallen wieder in den Worten der Betrachtung und der Verkündigung: „Ecce lignum crucis in quo salus mundi pependit. Venite adoremus”. Diese Einladung richtet die Kirche in der Nachmittagsstunde des Karfreitags an alle Menschen. Sie nimmt ihren Gesang während der Osterzeit wieder auf, um zu verkünden: „Surrexit Dominus de sepulcro qui pro nobis pependit in ligno. Alleluia”.

5. „Mysterium fidei! – Geheimnis des Glaubens!”. Auf diese vom Priester gesprochenen oder gesungenen Worte antworten die Mitfeiernden: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit”. In diesen oder ähnlichen Worten offenbart die Kirche, indem sie Christus im Geheimnis seiner Passion zeigt, auch ihr eigenes Geheimnis: Ecclesia de Eucharistia. Bevor die Kirche mit der pfingstlichen Gabe des Heiligen Geistes ans Licht tritt und sich auf den Weg in die Welt macht, ist ein entscheidender Moment ihrer Formung sicherlich die Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal. Ihr Fundament und ihre Quelle ist das gesamte Triduum paschale. Dieses aber ist in der eucharistischen Gabe gleichsam gesammelt, vorweggenommen und für immer „konzentriert”. In dieser Gabe übereignete Christus der Kirche die immerwährende Vergegenwärtigung des Ostermysteriums. Mit ihr stiftete er eine geheimnisvolle „Gleichzeitigkeit” zwischen jenem Triduum und seinem Lauf durch die Jahrhunderte. Dieser Gedanke ruft in uns Gefühle großen und dankbaren Staunens hervor. Im Ostergeschehen und in der Eucharistie, die dieses durch die Jahrhunderte hindurch gegenwärtig macht, liegt ein wirklich gewaltiges „Fassungsvermögen”, in dem die ganze Geschichte als Adressat der Erlösungsgnade enthalten ist. Dieses Staunen muss stets die in der Feier der Eucharistie versammelte Kirche ergreifen. In besonderer Weise jedoch muss es den Spender der Eucharistie begleiten. In der Tat ist er es, dem es dank der ihm verliehenen Vollmacht im Sakrament der Priesterweihe zukommt, die Konsekration zu vollziehen. Ihm ist es vorbehalten, mit der Vollmacht, die ihm von Christus aus dem Abendmahlssaal zuteil wird, zu sprechen: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird… Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut , das für euch vergossen wird…”. Der Priester spricht diese Worte aus oder besser er stellt seinen Mund und seine Stimme Jenem zur Verfügung, der diese Worte im Abendmahlssaal gesprochen hat, und der gewollt hat, dass sie von Generation zu Generation von all denen wiederholt werden, die in der Kirche durch die Weihe an seinem Priestertum teilhaben.

6. Dieses „Staunen” über die Eucharistie wünsche ich mit der vorliegenden Enzyklika wieder zu erwecken, in Fortsetzung jenes Erbes des Jubiläums, das ich der Kirche mit dem Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte und mit seiner marianischen Krönung Rosarium Virginis Mariae übereignen wollte. Das Antlitz Christi zu betrachten und es mit Maria zu betrachten, ist das „Programm”, auf das ich die Kirche in der Morgenröte des Dritten Jahrtausends hingewiesen habe, indem ich sie einlade, mit Enthusiasmus für die Neuevangelisierung auf das Meer der Geschichte hinauszufahren. Christus zu betrachten bedeutet, ihn erkennen zu können, wo immer er sich zeigt, in den vielfältigen Formen seiner Gegenwart, vor allem aber im lebendigen Sakrament seines Leibes und seines Blutes. Die Kirche lebt vom eucharistischen Christus. Von ihm wird sie genährt, von ihm wird sie erleuchtet. Die Eucharistie ist Geheimnis des Glaubens und zugleich „Geheimnis des Lichtes”. Jedesmal, wenn die Kirche sie feiert, können die Gläubigen in gewisser Weise die Erfahrung der beiden Emmausjünger erleben: „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn” (Lk 24,31).

7. Seit Beginn meines Dienstes als Nachfolger Petri habe ich dem Gründonnerstag, dem Tag der Eucharistie und des Priestertums , mit meinem Brief an alle Priester der Welt stets ein Zeichen besonderer Aufmerksamkeit vorbehalten. In diesem Jahr, dem fünfundzwanzigsten meines Pontifikates, möchte ich die gesamte Kirche in noch umfassenderer Weise an dieser eucharistischen Betrachtung beteiligen. Dabei möchte ich dem Herrn auch für das Geschenk der Eucharistie und des Priestertums danken: „Geschenk und Geheimnis”. In der Ausrufung des Rosenkranzjahres wollte ich eben dieses fünfundzwanzigste Jahr meines Pontifikates unter das Zeichen der Betrachtung Christi in der Schule Mariens stellen. Von daher möchte ich diesen Gründonnerstag 2003 nicht verstreichen lassen, ohne vor dem „eucharistischen Antlitz” Christi zu verharren und mit neuer Kraft die Kirche auf die zentrale Bedeutung der Eucharistie hinzuweisen. Aus ihr lebt die Kirche. Von diesem „lebendigen Brot” nährt sie sich. Wie sollte man da nicht das Bedürfnis spüren, alle aufzufordern, diese Erfahrung stets aufs Neue zu machen?

8. Wenn ich an die Eucharistie denke und dabei auf mein Leben als Priester, Bischof und Nachfolger Petri blicke, erinnere ich mich spontan an die vielen Momente und an die Orte, an denen es mir gegeben war, sie zu feiern. Ich erinnere mich an die Pfarrkirche von Niegowic, wo ich meine erste pastorale Aufgabe hatte, an die Kollegiatskirche St. Florian in Krakau, an die Kathedrale auf dem Wawel, die Peterskirche und die vielen Basiliken und Kirchen Roms und in der ganzen Welt. Ich konnte die heilige Messe in Kapellen an Gebirgspfaden zelebrieren, an Seeufern, an Meeresküsten; ich habe sie an Altären gefeiert, die in Stadien errichtet waren, auf den Plätzen der Städte… Diese so vielfältige Szenerie meiner Eucharistiefeiern lässt mich deutlich ihren universalen und sozusagen kosmischen Charakter erfahren. Ja, kosmisch! Denn auch dann, wenn man sie auf dem kleinen Altar einer Dorfkirche feiert, wird die Eucharistie immer, in einem gewissen Sinne, auf dem Altar der Welt zelebriert. Sie verbindet Himmel und Erde. Sie umfasst und erfüllt alles Geschaffene. Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um dem, der alles aus dem Nichts geschaffen hat, alles Geschaffene in einem höchsten Akt des Lobes zurückzuerstatten. Und so erstattet er, der ewige Hohepriester, indem er mittels des Blutes seines Kreuzes in das ewige Heiligtum eintritt, dem Schöpfer und Vater die ganze erlöste Schöpfung zurück. Dies tut er durch das priesterliche Amt in der Kirche zur Ehre der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Wahrhaftig ist dies das mysterium fidei, das sich in der Eucharistie vergegenwärtigt: die Welt, die aus den Händen Gottes des Schöpfers hervorgegangen ist, kehrt zu ihm als eine durch Christus erlöste zurück.

9. Die Eucharistie, heilbringende Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft der Gläubigen und ihre geistliche Nahrung, ist das allerwertvollste Gut, das die Kirche auf ihrem Pilgerweg durch die Geschichte haben kann. So erklärt sich die sorgsame Aufmerksamkeit, die sie dem eucharistischen Geheimnis stets entgegengebracht hat; eine Aufmerksamkeit, die sich in verbindlicher Form in den Werken der Konzilien und der Päpste zeigt. Wie könnte man nicht die lehramtlichen Darlegungen in den Dekreten über die Heiligste Eucharistie und über das hochheilige Opfer der Messe bewundern, die das Konzil von Trient promulgiert hat? Diese Seiten haben durch die nachfolgenden Jahrhunderte hindurch sowohl die Theologie als auch die Katechese geleitet, und noch immer sind sie dogmatischer Bezugspunkt für die fortwährende Erneuerung und für das Wachstum des Volkes Gottes im Glauben und in der Liebe zur heiligen Eucharistie. Aus uns näheren Zeiten sind drei Enzykliken zu nennen: die Enzyklika Mirae Caritatis (28. Mai 1902) von Papst Leo XIII., die Enzyklika Mediator Dei (20. November 1947) von Pius XII. und die Enzyklika Mysterium Fidei (3. September 1965) von Papst Paul VI. Das Zweite Vatikanische Konzil, obgleich es kein spezifisches Dokument über das eucharistische Geheimnis herausgebracht hat, erhellt dessen verschiedene Aspekte jedenfalls in der inneren Abfolge seiner Dokumente, in besonderer Weise in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium und in der Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium. Ich selbst habe in den ersten Jahren meines apostolischen Dienstes auf dem Lehrstuhl Petri mit dem Apostolischen Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980) einige Aspekte des eucharistischen Geheimnisses und seines Einflusses im Leben derer, die seine Ausspender sind, behandelt. Heute nehme ich den Faden dieser Erörterung mit einem von Ergriffenheit und Dankbarkeit noch mehr erfüllten Herzen wieder auf, indem ich gleichsam die Worte des Psalmisten widerhallen lasse: „Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat. Ich will den Kelch des Heils erheben und anrufen den Namen des Herrn” (Ps 116,12-13).

10. Dieser Verkündigungsdienst seitens des Lehramtes hat im inneren Wachstum der christlichen Gemeinschaft seine Antwort gefunden. Ohne Zweifel war die Liturgiereform des Konzils von großem Gewinn für eine bewusstere, aktivere und fruchtbarere Teilnahme der Gläubigen am heiligen Opfer des Altares. Des Weiteren findet die Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes an vielen Orten einen weiten Raum im täglichen Leben und wird so zur unerschöpflichen Quelle der Heiligkeit. Die andächtige Teilnahme der Gläubigen an der eucharistischen Prozession des Fronleichnamfestes ist eine Gnade des Herrn, die jedes Jahr diejenigen mit Freude erfüllt, die an ihr teilnehmen. Man könnte noch andere positive Zeichen des Glaubens und der Liebe zur Eucharistie erwähnen. Leider fehlt neben diesem Licht nicht der Schatten. In der Tat gibt es Orte, an denen eine beinahe völlige Vernachlässigung des Kultes der eucharistischen Anbetung feststellbar ist. Überdies gibt es in dem einen oder anderen Bereich der Kirche Missbräuche, die dazu beitragen, den rechten Glauben und die katholische Lehre über dieses wunderbare Sakrament zu verdunkeln. Zuweilen kommt ein sehr bedeutungsminderndes Verständnis der Eucharistie zum Vorschein. Einmal seines Opfercharakters beraubt, wird das eucharistische Geheimnis so vollzogen, als ob es nicht den Sinn und den Wert eines Treffens zum brüderlichen Mahl übersteigen würde. Darüber hinaus ist gelegentlich die Notwendigkeit des Amtspriestertums, das in der apostolischen Sukzession gründet, verdunkelt, und die Sakramentalität der Eucharistie wird allein auf die Wirksamkeit in der Verkündigung reduziert. Von da her frönen hier und da ökumenische Initiativen, obgleich edel in ihren Intentionen, eucharistischen Praktiken, welche der Disziplin, mit der die Kirche ihren Glauben ausdrückt, widersprechen. Wie sollte man nicht über all dies tiefen Schmerz zum Ausdruck bringen? Die Eucharistie ist ein zu großes Gut, um Zweideutigkeiten und Minimalisierungen zu dulden. Ich vertraue darauf, dass diese Enzyklika wirksam dazu beitragen kann, die Schatten inakzeptabler Lehren und Praktiken zu vertreiben, damit die Eucharistie weiterhin erstrahlen möge im ganzen Glanz ihres Geheimnisses.

I. KAPITEL

GEHEIMNIS DES GLAUBENS

11. „Jesus, der Herr, in der Nacht, da er ausgeliefert wurde” (1 Kor 11,23), hat das eucharistische Opfer seines Leibes und seines Blutes gestiftet. Die Worte des heiligen Apostels Paulus führen uns zu den dramatischen Umständen zurück, in denen die Eucharistie entstanden ist. In sie ist das Ereignis des Leidens und des Todes des Herrn unauslöschlich eingeschrieben. Sie ist nicht nur ein In-Erinnerung-Rufen, sondern die sakramentale Wieder-Vergegenwärtigung dieses Geschehens. Sie ist das Kreuzesopfer, das durch die Jahrhunderte fortdauert. Gut drücken die Worte, mit denen das gläubige Volk im lateinischen Ritus auf den Ruf des Priesters „Geheimnis des Glaubens” antwortet, diese Wahrheit aus: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir!”. Die Kirche hat die Eucharistie von Christus, ihrem Herrn, nicht als irgendeine Gabe erhalten, kostbar unter vielen anderen, sondern als die Gabe schlechthin, da es die Gabe seiner selbst ist, seiner Person in seiner heiligen Menschheit, und auch seines Erlösungswerkes. Dieses beschränkt sich nicht auf die Vergangenheit, denn „alles, was Christus ist, und alles, was er für alle Menschen getan und gelitten hat, nimmt an der Ewigkeit Gottes teil, steht somit über allen Zeiten und wird ihnen gegenwärtig”. Wenn die Kirche die heilige Eucharistie, das Gedenken des Todes und der Auferstehung ihres Herrn, feiert, wird dieses zentrale Geheimnis des Heils wirklich gegenwärtig gesetzt und es „vollzieht sich das Werk unserer Erlösung”. Dieses Opfer ist für die Erlösung des Menschengeschlechtes so entscheidend, dass Jesus Christus es erfüllt hat und erst dann zum Vater zurückgekehrt ist, nachdem er uns das Mittel hinterlassen hat, daran teilzunehmen, als ob wir dabei anwesend gewesen wären. Jeder Gläubige kann so daran teilhaben und daraus in unerschöpflichem Maße die Früchte erlangen. Das ist der Glaube, aus dem die christlichen Generationen im Laufe der Jahrhunderte gelebt haben. Diesen Glauben hat das Lehramt der Kirche unaufhörlich mit freudiger Dankbarkeit für das unschätzbare Geschenk bekräftigt. Ich möchte noch einmal an diese Wahrheit erinnern und mich mit euch, meine vielgeliebten Brüder und Schwestern, in Anbetung vor dieses Geheimnis begeben: das große Geheimnis, das Geheimnis der Barmherzigkeit. Was hätte Jesus noch mehr für uns tun können? Wahrhaftig, in der Eucharistie zeigt er uns eine Liebe, die bis „zur Vollendung” (vgl. Joh 13,1) geht, eine Liebe, die kein Maß kennt.

12. Dieser Aspekt universaler Liebe des eucharistischen Sakramentes gründet in den Worten des Heilands selbst. Als er es einsetzte, beschränkte er sich nicht darauf zu sagen „Das ist mein Leib”, „Das ist mein Blut”, sondern fügte hinzu „hingegeben für euch… vergossen für euch” (Lk 22,19-20). Er bestätigte nicht nur, dass das, was er ihnen zum Essen und zum Trinken gab, sein Leib und sein Blut war, sondern er drückte darüber hinaus den Opfercharakter aus und lässt damit sein Opfer, das einige Stunden später am Kreuz für das Heil aller dargebracht werden sollte, auf sakramentale Weise gegenwärtig werden. „Die Messe ist zugleich und untrennbar das Opfergedächtnis, in welchem das Kreuzesopfer für immer fortlebt, und das heilige Mahl der Kommunion mit dem Leib und dem Blut des Herrn”. Die Kirche lebt unaufhörlich vom Erlösungsopfer, und ihm nähert sie sich nicht nur durch ein glaubensvolles Gedenken, sondern auch in einem aktuellen Kontakt, denn dieses Opfer kehrt als gegenwärtiges wieder. Es dauert auf sakramentale Weise in jeder Gemeinschaft fort, die es durch die Hände des geweihten Priesters darbringt. Auf diese Weise wendet die Eucharistie den Menschen von heute jene Versöhnung zu, die Christus ein für alle Mal der Menschheit zu jeder Zeit erlangt hat. In der Tat: „Das Opfer Christi und das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer”. Das sagte wirkungsvoll bereits der heilige Johannes Chrysostomus: „Wir opfern immer das gleiche Lamm, und nicht heute das eine und morgen ein anderes, sondern immer dasselbe. Aus diesem Grund ist das Opfer immer nur eines. […] Auch heute bringen wir jenes Opferlamm dar, das damals geopfert worden ist und das sich niemals verzehren wird”. Die Messe macht das Opfer des Kreuzes gegenwärtig, sie fügt ihm nichts hinzu und vervielfältigt es auch nicht. Das, was sich wiederholt, ist die gedenkende Feier, seine „gedenkende Darstellung” (memorialis demonstratio), durch die das einzige und endgültige Erlösungsopfer Christi in der Zeit gegenwärtig wird. Die Natur des Opfers des eucharistischen Geheimnisses kann deswegen nicht als etwas in sich selbst Stehendes verstanden werden, unabhängig vom Kreuz oder nur mit einem indirekten Bezug zum Opfer von Golgotha.

13. Kraft ihrer innigen Beziehung mit dem Opfer von Golgotha, ist die Eucharistie Opfer im eigentlichen Sinne, und nicht nur in einem allgemeinen Sinne, als ob es sich um ein bloßes Sichhingeben Christi als geistliche Speise an die Gläubigen handelte. Das Geschenk seiner Liebe und seines Gehorsams bis zur Vollendung des Lebens (vgl. Joh 10,17-18) ist in erster Linie eine Gabe an seinen Vater. Natürlich ist es Gabe zu unserem Wohle, ja für die ganze Menschheit (vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20; Joh 10,15 ), aber dennoch vor allem Gabe an den Vater: „ein Opfer, das der Vater angenommen hat, indem er für die Ganzhingabe seines Sohnes, der ,gehorsam wurde bis zum Tod‘ (Phil 2,8), die ihm als Vater eigene Gabe zurückschenkte, d. h. ein neues, ewiges Leben in der Auferstehung”. Indem Christus der Kirche sein Opfer geschenkt hat, wollte er sich auch das geistliche Opfer der Kirche zu eigen machen, die berufen ist, mit dem Opfer Christi auch sich selbst darzubringen. Das lehrt uns das Zweite Vatikanische Konzil mit Bezug auf alle Gläubigen: „In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm”.

14. Das Pascha Christi umfasst mit dem Leiden und dem Tod auch seine Auferstehung. Daran erinnert der Ruf des Volkes nach der Konsekration: „Deine Auferstehung preisen wir”. Tatsächlich lässt das eucharistische Opfer nicht nur das Geheimnis vom Leiden und Tod des Erlösers gegenwärtig werden, sondern auch das Geheimnis der Auferstehung, in der das Opfer seine Krönung findet. Insofern er der Lebende und Auferstandene ist, kann Christus sich in der Eucharistie zum „Brot des Lebens” (Joh 6,35.48), zum „lebendigen Brot” (Joh 6,51) machen. Der heilige Ambrosius prägte dies den Neugetauften als Anwendung des Auferstehungsgeschehens für ihr eigenes Leben ein: „Wenn heute Christus dein ist, so steht er für dich jeden Tag von den Toten auf”. Der heilige Cyrill von Alexandrien unterstreicht einmal, dass die Teilnahme an den heiligen Geheimnissen „ein wahres Bekenntnis und eine wahre Erinnerung sind, dass der Herr gestorben ist und zum Leben zurückgekehrt ist für uns und für unser Wohl”.

15. Die sakramentale Vergegenwärtigung des Opfers Christi in der heiligen Messe, die gekrönt ist von seiner Auferstehung, beinhaltet eine ganz besondere Gegenwart, die – um die Worte Pauls VI. aufzugreifen – „,wirklich‘ genannt wird, nicht im ausschließlichen Sinne, als ob die anderen nicht ,wirkliche‘ wären, sondern hervorhebend, weil sie substantiell ist, denn sie bringt die Gegenwart des ganzen und vollständigen Christus, des Gottmenschen, mit sich”. Damit wird die immer gültige Lehre des Konzils von Trient wieder vorgelegt: „Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung genannt”. Wahrhaftig ist die Eucharistie „mysterium fidei”, ein Geheimnis, das unser Denken übersteigt, und das nur im Glauben erfasst werden kann, wie die Katechesen der Kirchenväter bezüglich dieses göttlichen Sakramentes oft in Erinnerung rufen: „Schau nicht – mahnt der heilige Cyrill von Jerusalem – in Brot und Wein die bloßen und natürlichen Elemente an, denn der Herr hat ausdrücklich gesagt, dass sie sein Leib und sein Blut sind: Der Glaube versichert es dir, auch wenn die Sinne dir anderes einreden”. „Adoro te devote, latens Deitas”, fahren wir fort mit dem Doctor Angelicus zu singen. Angesichts dieses Geheimnisses der Liebe, erfährt die menschliche Vernunft ihre ganze Begrenztheit. Man versteht, wie diese Wahrheit im Laufe der Jahrhunderte die Theologie zu leidenschaftlichen Anstrengungen des Begreifenwollens angeregt hat. Diese Anstrengungen sind löblich, da sie um so nützlicher und durchdringender sind, je mehr sie den kritischen Einsatz des Denkens mit dem „Glaubensleben” der Kirche verbinden, das sich besonders im „sicheren Charisma der Wahrheit” des Lehramtes und im „innerlichen Verständnis geistlicher Wahrheiten”, das vor allem die Heiligen erlangen, findet. Es bleibt die Grenze, auf die Papst Paul VI. hinweist: „Jede theologische Erklärung, die sich um das Verständnis dieses Geheimnisses bemüht, muss, um mit unserem Glauben übereinstimmen zu können, daran festhalten, dass Brot und Wein der Substanz nach, unabhängig von unserem Denken, nach der Konsekration zu bestehen aufgehört haben, so dass nunmehr der anbetungswürdige Leib und das anbetungswürdige Blut unseres Herrn vor uns gegenwärtig sind unter den sakramentalen Gestalten von Brot und Wein”.

16. In Fülle verwirklicht sich die heilbringende Wirkung des Opfers, wenn wir in der Kommunion beim Empfang des Leibes und Blutes des Herrn daran teilhaben. Das eucharistische Opfer ist in sich auf die innige Gemeinschaft von uns Gläubigen mit Christus mittels der Kommunion ausgerichtet: Wir empfangen Ihn selbst, der sich für uns geopfert hat, seinen Leib, den er für uns hingegeben hat am Kreuz, sein Blut, das er „vergossen hat für viele zur Vergebung der Sünden” (Mt 26,28). Erinnern wir uns an seine Worte: „Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben” (Joh 6,57). Es ist Jesus selbst, der uns versichert, dass eine derartige Vereinigung, die von ihm in Analogie zu jener des Lebens der Dreifaltigkeit dargestellt wird, sich wahrhaftig verwirklicht. Die Eucharistie ist ein wahres Mahl, in dem sich Christus als Nahrung darbietet. Als Jesus zum ersten Mal diese Speise verkündet hat, blieben die Zuhörer erstaunt und verwirrt, so dass sich der Meister gezwungen sah, die objektive Wahrheit seiner Worte zu unterstreichen: „Amen, Amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch” (Joh 6,53) . Es handelt sich nicht um eine metaphorische Nahrung: „Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank” (Joh 6,55).

17. Durch die Teilhabe an seinem Leib und an seinem Blut teilt Christus uns auch seinen Geist mit. Der heilige Ephräm schreibt: „Er nannte das Brot seinen lebendigen Leib, er erfüllte es mit sich selbst und mit seinem Geist. […] Und der, der es mit Glauben isst, isst Feuer und Geist. […] Nehmt davon, esst alle davon und esst mit ihm den Heiligen Geist. In der Tat ist es wirklich mein Leib und der, der ihn isst, wird ewig leben”. Die Kirche erbittet diese göttliche Gabe, Wurzel jeder anderen Gabe, in der eucharistischen Epiklese: „Wir rufen dich an, wir bitten dich und wir flehen dich an: Sende deinen Heiligen Geist über uns alle und über diese Gaben. […] damit alle, die daran teilhaben, Reinigung der Seele, Vergebung der Sünden, Gemeinschaft des Heiligen Geistes erlangen mögen”. Und im Römischen Messbuch betet der Zelebrant: „Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus”. So lässt Christus durch die Gabe seines Leibes und seines Blutes in uns die Gabe seines Geistes wachsen, der schon in der Taufe ausgegossen und im Sakrament der Firmung als „Siegel” geschenkt wurde.

18. Die Akklamation des Volkes nach der heiligen Wandlung endet passenderweise mit dem Bekenntnis der eschatologischen Perspektive, die Wesensmerkmal der Eucharistiefeier ist (vgl. 1 Kor 11,26): „… bis du kommst in Herrlichkeit”. Die Eucharistie bedeutet Spannung auf das Ziel hin, Vorgeschmack der von Christus versprochenen vollkommenen Freude (vgl. Joh 15,11); in gewisser Weise ist sie Vorwegnahme des Paradieses, „Unterpfand der künftigen Herrlichkeit”. Alles in der Eucharistie drückt die vertrauensvolle Erwartung aus, dass „wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten”. Wer sich von Christus in der Eucharistie nährt, muss nicht das Jenseits erwarten, um das ewige Leben zu erlangen: er besitzt es schon auf Erden , als Erstlingsgabe der künftigen Fülle, die sich auf den Menschen in seiner Ganzheit beziehen wird. In der Eucharistie empfangen wir tatsächlich auch die Garantie der leiblichen Auferstehung am Ende der Welt: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag” (Joh 6,54). Diese Garantie der künftigen Auferstehung kommt aus der Tatsache, dass das Fleisch des Menschensohnes, das uns zur Speise gereicht wird, sein Leib im herrlichen Zustand des Auferstandenen ist. Mit der Eucharistie nehmen wir sozusagen das ,Geheimnis‘ der Auferstehung in uns auf. Deshalb definiert der heilige Ignatius von Antiochien zu Recht das eucharistische Brot als „Medizin der Unsterblichkeit, Gegengift gegen den Tod”.

19. Die eschatologische Spannung, welche die Eucharistie wachruft, drückt die Gemeinschaft mit der himmlischen Kirche aus und stärkt sie. Es ist kein Zufall, dass in den orientalischen Anaphoren und in den eucharistischen Hochgebeten des lateinischen Ritus mit Andacht Maria, der allzeit jungfräulichen Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, der Engel, der heiligen Apostel, der ruhmreichen Märtyrer und aller Heiligen gedacht wird. Dies ist ein Aspekt der Eucharistie, der es verdient, hervorgehoben zu werden: Während wir das Opfer des Lammes feiern, vereinen wir uns mit der himmlischen Liturgie und gesellen uns zu jener gewaltigen Schar, die ruft: „Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm!” (Offb 7,10). Die Eucharistie ist wahrhaftig ein Aufbrechen des Himmels, der sich über der Erde öffnet. Sie ist ein Strahl der Herrlichkeit des himmlischen Jerusalems, der die Wolken unserer Geschichte durchdringt und unseren Weg mit seinem Licht bescheint.

20. Eine bedeutungsvolle Konsequenz der eschatologischen Spannung innerhalb der Eucharistie besteht darin, dass sie unserem Weg durch die Geschichte einen Impuls gibt, indem sie in die tägliche Hingabe eines jeden an die Erfüllung der eigenen Pflichten den Samen lebendiger Hoffnung hineinlegt. Wenn die christliche Sichtweise der Dinge tatsächlich dazu führt, auf „den neuen Himmel” und „die neue Erde” zu blicken (vgl. Ap 21,1), so schwächt dies nicht unseren Verantwortungssinn für die gegenwärtige Welt, sondern regt diesen vielmehr an. Es drängt mich, dies mit Nachdruck am Beginn des neuen Jahrtausends zu bekräftigen, damit die Christen sich mehr denn je verpflichtet fühlen, die Aufgaben ihrer irdischen Bürgerschaft nicht zu vernachlässigen. Es ist ihre Aufgabe, mit dem Licht des Evangeliums zum Aufbau einer Welt nach dem Maßstab des Menschen und im vollkommenen Einklang mit dem Plan Gottes beizutragen. Viele Probleme verdunkeln den Horizont unserer Zeit. Es mag genügen, an die Dringlichkeit zu denken, für den Frieden zu arbeiten, tragfähige Voraussetzungen der Gerechtigkeit und Solidarität in die Beziehungen zwischen den Völkern einzubringen und das menschliche Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu verteidigen. Und was soll man von den tausend Widersprüchen einer ”globalisierten” Welt halten, in der die Schwächsten, die Kleinsten und die Ärmsten scheinbar wenig zu erhoffen haben? Gerade in dieser Welt muss die christliche Hoffnung aufstrahlen! Auch deshalb wollte der Herr in der Eucharistie bei uns bleiben und hat in seine heilige Gegenwart beim Opfermahl die Zusage einer durch seine Liebe erneuerten Menschheit eingeschrieben. Da, wo die synoptischen Evangelien von der Einsetzung der Eucharistie berichten, bietet das Johannesevangelium bedeutungsvollerweise den Bericht der „Fußwaschung”, in der sich Jesus zum Herrn der Gemeinschaft und des Dienstes macht (vgl. Joh 13,1-20), um so die tiefe Bedeutung der Einsetzung zu erhellen. Der heilige Apostel Paulus wertet seinerseits die Teilnahme der christlichen Gemeinde am Herrenmahl als ,unwürdig‘, wenn Spaltungen bestehen und sich die Gemeinde gegenüber den Armen gleichgültig verhält (vgl. 1 Kor 11,17-22.27-34). Den Tod des Herrn verkünden, „bis er kommt” (1 Kor 11,26), bringt für alle Christen, die an der Eucharistie teilnehmen, die Verpflichtung mit sich, das Leben zu ,verwandeln‘, damit es in gewisser Weise ganz „eucharistisch” werde. Genau diese Frucht der Verwandlung der Existenz und die Verpflichtung, die Welt evangeliumsgemäß umzugestalten, lassen die eschatologische Spannung der Eucharistiefeier und des ganzen christlichen Lebens aufscheinen: „Komm, Herr Jesus!” (Offb 22,20).

II. KAPITEL

DIE EUCHARISTIE BAUT DIE KIRCHE AUF

21. Das Zweite Vatikanische Konzil hat daran erinnert, dass die Feier der Eucharistie die Mitte des Wachstumsprozesses der Kirche ist. Nach der Aussage: „Die Kirche, das heißt das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Gottes, wächst durch die Kraft Gottes sichtbar in der Welt”, fügt das Konzil – so als ob es auf die Frage „Wie wächst sie?” antworten wollte – hinzu: „Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser Osterlamm, dahingegeben wurde (1 Kor 5,7), auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung. Zugleich wird durch das Sakrament des eucharistischen Brotes die Einheit der Gläubigen, die einen Leib in Christus bilden, dargestellt und verwirklicht (1 Kor 10,17)”. Ein ursächlicher Einfluss der Eucharistie zeigt sich an den direkten Ursprüngen der Kirche. Die Evangelisten beschreiben genau, dass es die Zwölf, die Apostel, gewesen sind, die mit Jesus zum Letzten Abendmahl zusammenkamen (vgl. Mt 26,20; Mk 14,17; Lk 22,14). Dies ist ein Detail von bemerkenswerter Bedeutung, denn die Apostel „bildeten die Keime des neuen Israel und zugleich den Ursprung der heiligen Hierarchie”. Indem er ihnen seinen Leib und sein Blut zur Speise reichte, bezog Christus sie auf geheimnisvolle Weise in das Opfer ein, das wenige Stunden später auf Kalvaria vollbracht werden sollte. In Analogie zum Bundesschluss des Sinai, der durch das Opfer und die Besprengung mit Blut besiegelt wurde, legen die Handlungen und Worte Jesu beim Letzten Abendmahl das Fundament für die neue messianische Gemeinschaft, das Volk des Neuen Bundes. Als die Apostel die Einladung Jesu im Abendmahlssaal angenommen haben: „Nehmet und esset… Trinket alle daraus…” (Mt 26,26-27), sind sie zum erstenmal in sakramentale Gemeinschaft mit Ihm getreten. Von diesem Moment an bis zum Ende der Zeiten wird die Kirche durch die sakramentale Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes, der für uns geopfert wurde, auferbaut: „Tut dies zu meinem Gedächtnis … Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis” (1 Kor 11,24-25; vgl. Lk 22,19).

22. Die in der Taufe verwirklichte Eingliederung in Christus erneuert und festigt sich kontinuierlich durch die Teilnahme am eucharistischen Opfer, vor allem durch die volle Teilnahme daran, die durch die sakramentale Kommunion erlangt wird. Wir können sagen, dass nicht nur jeder einzelne von uns Christus empfängt, sondern auch, dass Christus jeden einzelnen von uns empfängt. Er schließt seine Freundschaft mit uns: „Ihr seid meine Freunde” (Joh 15,14). Dank seiner haben wir sogar das Leben: „So wird jeder, der mich isst, durch mich leben” (Joh 6,57). In der eucharistischen Kommunion verwirklicht sich in höchster Weise das „Innewohnen” des einen im anderen, Christi und des Jüngers: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch” (Joh 15,4). Durch die Vereinigung mit Christus wird das Volk des Neuen Bundes – weit davon entfernt, sich in sich selbst zu verschließen – zum ”Sakrament” für die Menschheit zum Zeichen und Werkzeug des von Christus gewirkten Heils, zum Licht der Welt und zum Salz der Erde (vgl. Mt 5,13-16) für die Erlösung aller. Die Mission der Kirche steht in Kontinuität mit der Sendung Christi: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch” (Joh 20,21). Deshalb gewinnt die Kirche aus der immerwährenden Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers in der Eucharistie und aus der Gemeinschaft mit dem Leib und dem Blut Christi die notwendige geistliche Kraft, um ihre Sendung zu erfüllen. So stellt sich die Eucharistie als Quelle und zugleich als Höhepunkt der ganzen Evangelisation dar, da ihr Ziel die Gemeinschaft der Menschen mit Christus und in ihm mit dem Vater und mit dem Heiligen Geist ist.

23. Mit der eucharistischen Kommunion wird die Kirche zugleich in ihrer Einheit als Leib Christi gefestigt. Der heilige Paulus bezieht sich auf diese einheitsstiftende Wirkung der Teilnahme am eucharistischen Mahl, wenn er an die Korinther schreibt: „Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot” (1 Kor 10,16-17). Der tiefsinnige Kommentar des heiligen Chrysostomus trifft den Punkt: „Was ist denn das Brot wirklich? Es ist der Leib Christi. Was werden die, welche ihn empfangen? Sie werden Leib Christi; aber nicht viele Leiber, sondern ein einziger Leib. In der Tat ist das Brot ganz eins, obgleich es aus vielen Körnern besteht, die sich in ihm befinden, auch wenn man sie nicht sieht und ihre Verschiedenheit zugunsten ihrer gegenseitigen vollkommenen Verschmelzung verschwindet. Ebenso sind auch wir auf die gleiche Weise untereinander geeint und alle miteinander mit Christus”. Die Argumentation ist überzeugend: Unsere Vereinigung mit Christus, die Geschenk und Gnade für jeden einzelnen ist, vollzieht sich so, dass wir in ihm auch in der Einheit seines Leibes, der die Kirche ist, zusammengefügt sind. Die Eucharistie festigt die Eingliederung in Christus, die in der Taufe durch die Gabe des Geistes hergestellt worden ist (vgl. 1 Kor 12,13.27). Das miteinander verbundene und untrennbare Handeln des Sohnes und des Heiligen Geistes, das der Kirche, ihrer Gründung und ihrem Fortbestehen zugrunde liegt , ist in der Eucharistie wirksam. Dessen ist sich der Verfasser der Liturgie des hl. Jakobus wohl bewusst: In der Epiklese der Anaphora wird Gott Vater gebeten, dass er den Heiligen Geist auf die Gläubigen und über die Gaben herabkommen lasse, damit der Leib und das Blut Christi „all denen, die daran teilhaben, […] zur Heiligung der Seelen und der Leiber diene […]”. Die Kirche wird vom göttlichen Parakleten gefestigt durch die Heiligung der Gläubigen in der Eucharistie.

24. Die Gabe Christi und seines Geistes, die wir in der eucharistischen Kommunion empfangen, sättigt mit überreicher Fülle die im menschlichen Herzen wohnenden sehnsüchtigen Wünsche nach brüderlicher Einheit. Zugleich hebt sie die Erfahrung der Brüderlichkeit, die der gemeinsamen Teilnahme am selben eucharistischen Tisch innewohnt, auf Ebenen weit über jener einer bloß menschlichen Gemeinschaftserfahrung herauf. Mittels der Kommunion am Leib Christi dringt die Kirche immer tiefer zu ihrem Seinsgrund vor, „in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit” zu sein. Den Keimen der Entzweiung unter den Menschen, die, wie die tägliche Erfahrung zeigt, aufgrund der Sünde tief in die Menschheit eingegraben sind, stellt sich die fruchtbare Kraft der Einheit des Leibes Christi entgegen. Die Eucharistie, die die Kirche erbaut, schafft gerade dadurch Gemeinschaft unter den Menschen.

25. Der Kult, welcher der Eucharistie außerhalb der Messe erwiesen wird, hat einen unschätzbaren Wert für das Leben der Kirche. Dieser Kult ist eng mit der Feier des eucharistischen Opfers verbunden. Die Gegenwart Christi unter den heiligen Gestalten, die nach der Messe aufbewahrt werden – eine Gegenwart, die so lange andauert, wie die Gestalten von Brot und Wein Bestand haben – kommt von der Feier des Opfers her und strebt auf die sakramentale wie die geistliche Kommunion zu. Es obliegt den Hirten, auch im persönlichen Zeugnis dazu zu ermutigen, den eucharistischen Kult, insbesondere die Aussetzung des Allerheiligsten Sakramentes, sowie das anbetende Verweilen vor dem unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtigen Christus zu pflegen. Es ist schön, bei ihm zu verweilen und, wie der Lieblingsjünger an seine Brust gelehnt (vgl. Joh 13,25), von der unbegrenzten Liebe seines Herzens berührt zu werden. Wenn das Christentum in unserer Zeit sich vor allem durch die „Kunst des Gebetes” auszeichnen soll, wie könnte man dann nicht ein erneuertes Bedürfnis verspüren, ausgiebig vor Christus, der im Allerheiligsten Sakrament gegenwärtig ist, im geistlichen Zwiegespräch und in einer Haltung der Liebe zu verharren? So viele Male, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und daraus Kraft, Trost und Stärkung bezogen! Von dieser Übung, die immer wieder vom Lehramt gelobt und empfohlen wurde, geben uns zahlreiche Heilige ein Beispiel. In besonderer Weise zeichnete sich darin der heilige Alfons von Liguori aus, der schrieb: „Unter allen Frömmigkeitsformen ist die Anbetung des eucharistischen Christus die erste nach den Sakramenten; sie ist Gott die liebste und uns die nützlichste”. Die Eucharistie ist ein unermesslicher Schatz: Nicht nur ihre Feier, sondern auch das Verweilen vor ihr außerhalb der Messe gestattet den Gläubigen, an der Quelle der Gnade selbst zu schöpfen. Eine christliche Gemeinschaft, die das Antlitz Christi noch mehr in jenem Geist betrachten möchte, den ich in den Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte und Rosarium Virginis Mariae empfohlen habe, kann nicht darauf verzichten, diesen Aspekt des eucharistischen Kultes zu entwickeln, in dem sich die Früchte der Gemeinschaft am Leib und am Blut des Herrn verlängern und vervielfachen.

III. KAPITEL

DIE APOSTOLIZITÄT DER EUCHARISTIE
UND DER KIRCHE

26. Wenn, wie ich oben erwähnt habe, die Eucharistie die Kirche auferbaut, und die Kirche die Eucharistie vollzieht, so folgt daraus, dass die Verbindung zwischen der einen und der anderen sehr eng ist. Diese Wahrheit erlaubt es uns, all das, was wir über die Kirche aussagen, wenn wir sie im nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis als „die eine, heilige, katholische und apostolische” bekennen, auf das eucharistische Geheimnis anzuwenden. Eine und katholisch ist auch die Eucharistie. Sie ist ebenfalls heilig, ja sie ist sogar das Allerheiligste Sakrament. Aber vor allem auf ihre Apostolizität wollen wir nun unsere Aufmerksamkeit richten.

27. Der Katechismus der Katholischen Kirche erklärt, wie die Kirche apostolisch beziehungsweise auf die Apostel gegründet ist, in einem dreifachen Sinn. Erstens „ist und bleibt sie „auf das Fundament der Apostel” (Eph 2,20) gebaut, auf die von Christus selbst erwählten und ausgesandten Zeugen”. Die Apostel dienen auch als Fundament der Eucharistie, nicht weil das Sakrament nicht auf Christus selbst zurückginge, sondern weil es von Jesus den Aposteln anvertraut worden ist und von ihnen und ihren Nachfolgern bis zu uns weitergereicht worden ist. In Kontinuität mit dem Handeln der Apostel, die dem Auftrag des Herrn gehorchten, feiert die Kirche die Eucharistie durch die Jahrhunderte hindurch. Der zweite vom Katechismus angegebene Sinn der Apostolizität der Kirche besagt: „Sie bewahrt mit dem Beistand des in ihr wohnenden Geistes die Lehre, das Glaubensvermächtnis sowie die gesunden Grundsätze der Apostel und gibt sie weiter”. Auch in diesem zweiten Sinn ist die Eucharistie apostolisch, weil sie gemäß dem Glauben der Apostel gefeiert wird. Das kirchliche Lehramt hat zu verschiedenen Anlässen in der zweitausendjährigen Geschichte des Volkes des Neuen Bundes die eucharistische Lehre präzisiert; auch all das, was die genaue Terminologie betrifft, um eben den apostolischen Glauben an dieses erhabene Geheimnis zu schützen. Dieser Glaube bleibt unverändert, und es ist lebensnotwendig für die Kirche, dass dieser fortbesteht.

28. Schließlich ist die Kirche in dem Sinne apostolisch, dass „sie bis zur Wiederkunft Christi weiterhin von den Aposteln belehrt, geheiligt und geleitet wird – und zwar durch jene, die ihnen in ihrem Hirtenamt nachfolgen: das Bischofskollegium, dem die Priester zur Seite stehen, in Einheit mit dem Nachfolger des Petrus, dem obersten Hirten der Kirche”. Das Zurückgehen auf die Apostel in der pastoralen Sendung schließt notwendigerweise das Weihesakrament, d. h. die ununterbrochene, auf die Anfänge zurückgehende Reihe gültiger Bischofsweihen, ein. Diese Sukzession ist wesentlich, weil auf ihr die Kirche im eigentlichen und vollen Sinne gründet. Die Eucharistie drückt auch diesen Sinn der Apostolizität aus. Wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, kommt es in der Tat den Gläubigen zu, „kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mitzuwirken”, aber es ist der geweihte Priester, der „in der Person Christi das eucharistische Opfer vollzieht und es im Namen des ganzen Volkes Gott darbringt”. Deshalb ist im Missale Romanum vorgeschrieben, dass es nur dem Priester zusteht, das Eucharistische Hochgebet zu sprechen, während das Volk sich im Glauben und im Schweigen damit verbindet.

29. Der vom Zweiten Vatikanischen Konzil wiederholt gebrauchte Ausdruck, gemäß dem „der Amtspriester das eucharistische Opfer in der Person Christi vollzieht”, war bereits in früheren päpstlichen Lehräußerungen gebraucht worden. Wie ich bei anderer Gelegenheit zu klären Anlass hatte, „bedeutet in persona Christi mehr als nur „im Namen” oder „in Stellvertretung” Jesu Christi. In persona, d. h. in der spezifischen, sakramentalen Identifizierung mit dem ewigen Hohenpriester, der Urheber und hauptsächliches Subjekt dieses seines eigenen Opfers ist, bei dem er in Wahrheit von niemandem ersetzt werden kann”. Das Amt der Priester, die das Weihesakrament empfangen haben, macht in der von Christus gewählten Heilsordnung deutlich, dass die von ihnen zelebrierte Eucharistie eine Gabe ist, die auf radikale Weise die Vollmacht der Gemeinde überragt. Das Weihepriestertum ist unersetzlich, um gültig die eucharistische Konsekration an das Kreuzesopfer und an das Letzte Abendmahl zu binden. Die Gemeinde, die zur Feier der Eucharistie zusammenkommt, benötigt unbedingt einen geweihten Priester, der ihr vorsteht, um wirklich eucharistische Versammlung sein zu können. Auf der anderen Seite ist die Gemeinde nicht in der Lage, sich selbst den geweihten Amtsträger zu geben. Dieser ist eine Gabe, die sie durch die auf die Apostel zurückgehende Sukzession der Bischöfe empfängt. Es ist der Bischof, der mittels des Weihesakramentes einen neuen Priester einsetzt und ihm die Vollmacht überträgt, die Eucharistie zu konsekrieren. Daher kann „das eucharistische Geheimnis in keiner Gemeinde gefeiert werden, es sei denn durch die Hände eines geweihten Priesters, wie das Vierte Laterankonzil ausdrücklich gelehrt hat”.

30. Sowohl diese Lehre der Katholischen Kirche über das priesterliche Amt in seiner Beziehung zur Eucharistie als auch jene über das eucharistische Opfer sind in den letzten Jahrzehnten Gegenstand des fruchtbaren Dialogs im Bereich der ökumenischen Aktivitäten gewesen. In dieser Hinsicht müssen wir der Allerheiligsten Dreifaltigkeit für bedeutsame Fortschritte und Annäherungen danken, die uns auf eine Zukunft in voller Glaubensgemeinschaft hoffen lassen. Zur Zeit bleibt die Beobachtung, die vom Konzil bezüglich der im Abendland des 16. Jahrhunderts und danach entstandenen und von der Katholischen Kirche getrennten kirchlichen Gemeinschaften gemacht wurde, vollkommen zutreffend: „Obgleich bei den von uns getrennten kirchlichen Gemeinschaften die aus der Taufe hervorgehende volle Einheit mit uns fehlt und obgleich sie nach unserem Glauben vor allem wegen des Fehlens des Weihesakramentes die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit (substantia) des eucharistischen Mysteriums nicht gewahrt haben, bekennen sie doch bei der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn im Heiligen Abendmahl, dass hier lebendige Gemeinschaft mit Christus bezeichnet werde, und sie erwarten seine glorreiche Wiederkunft”. Deshalb müssen die katholischen Gläubigen, wenn sie auch die religiösen Überzeugungen ihrer getrennten Brüder respektieren, sich von der Teilnahme an einer Kommunion fernhalten, die in ihren Feiern ausgeteilt wird, um nicht einer Zweideutigkeit über die Natur der Eucharistie Vorschub zu leisten und es demzufolge zu unterlassen, die Wahrheit klar zu bezeugen. Dies würde zu einer Verzögerung des Weges zur vollen sichtbaren Einheit führen. Ebenso wenig kann man daran denken, die sonntägliche heilige Messe durch ökumenische Wortgottesdienste oder durch gemeinsame Gebetstreffen mit Christen ersetzen, die den oben genannten kirchlichen Gemeinschaften angehören, oder durch die Teilnahme an ihren liturgischen Feiern. Solche Feiern und Treffen, die bei geeigneten Anlässen in sich selbst lobenswert sind, bereiten auf die ersehnte volle, auch eucharistische Gemeinschaft vor, aber sie können sie nicht ersetzen. Des Weiteren stellt die Tatsache, dass die Vollmacht, die Eucharistie zu konsekrieren, ausschließlich den Bischöfen und Priestern anvertraut ist, keine Herabsetzung des übrigen Gottesvolkes dar, da in der Gemeinschaft des einzigen Leibes Christi, der die Kirche ist, dieses Gut zum Vorteil aller gereicht.

31. Wenn die Eucharistie Mitte und Höhepunkt des Lebens der Kirche ist, so ist sie es in gleicher Weise für das priesterliche Amt. Deshalb bekräftige ich mit Dankbarkeit gegenüber unserem Herrn Jesus Christus, dass die Eucharistie „der wesentliche und zentrale Seinsgrund für das Sakrament des Priestertums ist, das ja im Augenblick der Einsetzung der Eucharistie und zusammen mit ihr gestiftet worden ist”. Die pastoralen Aktivitäten des Priesters sind vielfältig. Wenn man des Weiteren an die sozialen und kulturellen Bedingungen der gegenwärtigen Welt denkt, ist es leicht zu verstehen, wie sehr den Priestern die Gefahr der Zerstreuung in eine große Zahl verschiedener Aufgaben droht. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Hirtenliebe jene Grundhaltung hervorgehoben, die ihrem Leben und ihren Aktivitäten Einheit gibt. Sie – so fügt das Konzil an – „erwächst am stärksten aus dem eucharistischen Opfer. Es bildet daher Mitte und Wurzel des ganzen priesterlichen Lebens”. Man versteht so, wie wichtig es für das geistliche Leben des Priesters und darüber hinaus für das Wohl der Kirche wie auch der Welt ist, dass er die konziliare Empfehlung verwirklicht, täglich die Eucharistie zu feiern; „sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche”. Auf diese Weise ist der Priester in der Lage, in seinem Tagesablauf jede Zerstreutheit zu besiegen, indem er im eucharistischen Opfer, der wahren Mitte seines Lebens und seines Amtes, die notwendige geistliche Energie findet, um sich den verschiedenen seelsorglichen Aufgaben zu stellen. Seine Tage werden so wahrhaftig eucharistisch werden. Der Eucharistie als der Mitte des Lebens und des Amtes der Priester kommt auch eine zentrale Stellung in der Pastoral zur Förderung von Priesterberufungen zu. Vor allem findet das Gebet um Berufungen in der Eucharistie die höchste Einheit mit dem Gebet Christi des Ewigen Hohenpriesters. Zudem stellt die emsige Sorge um den Dienst der Eucharistie von seiten der Priester, verbunden mit der Förderung bewusster, aktiver und fruchtbringender Teilnahme der Gläubigen an der Eucharistie, ein wirksames Beispiel und einen Ansporn für junge Menschen dar, großmütig dem Ruf Gottes zu antworten. Er bedient sich oft des Beispiels der eifrigen Hirtenliebe eines Priesters, um im Herzen des Jugendlichen den Keim der Berufung zum Priestertum auszusäen und zu entfalten.

32. All das macht deutlich, wie schmerzlich und jenseits der Normalität die Situation einer christlichen Gemeinschaft ist, die sich zwar durch Zahl und Vielfalt der Gläubigen als Pfarrei darstellt, der aber ein Priester fehlt, der sie führt. In der Tat ist die Pfarrei eine Gemeinschaft Getaufter, die ihre Identität vor allem durch die Feier des eucharistischen Opfers ausdrücken und bekräftigen. Aber das erfordert die Anwesenheit eines Priesters, dem es allein zukommt, in persona Christi die Eucharistie darzubringen. Wenn in einer Gemeinde ein Priester fehlt, ist es recht, in irgendeiner Weise nach Abhilfe zu suchen, damit die sonntäglichen Feiern fortgesetzt werden können. Hier üben sowohl Ordensleute als auch Laien, die ihre Brüder und Schwestern im Gebet anleiten, in lobenswerter Weise das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen aus, das auf der Taufgnade basiert. Aber solche Lösungen müssen als bloß vorläufig betrachtet werden, solange die Gemeinde auf einen Priester wartet. Die sakramentale Unvollständigkeit derartiger Feiern muss die ganze Gemeinde vor allem drängen, mit größerem Eifer zu beten, dass der Herr Arbeiter in seine Ernte sendet (vgl. Mt 9,38). Ferner muss sie dadurch angespornt werden, all die anderen konstitutiven Elemente einer angemessenen Berufungspastoral in die Tat umzusetzen, ohne der Versuchung zu erliegen, nach Lösungen zu suchen, die eine Minderung der moralischen Kriterien und der Ausbildungsansprüche an Priesteramtskandidaten bedeuteten.

33. Wenn nichtgeweihten Gläubigen aufgrund des Priestermangels eine Beteiligung an der Seelsorge einer Pfarrei anvertraut worden ist, sollten sich diese, wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, darüber bewusst sein, „dass die christliche Gemeinde nur auferbaut wird, wenn sie Wurzel und Angelpunkt in der Feier der Eucharistie hat”. Es wird daher vor allem ihre Sorge sein, in der Gemeinde einen wahren ,Hunger‘ nach der Eucharistie lebendig zu halten, der dazu führt, keine Gelegenheit zur Feier der Messe zu versäumen und auch von der gelegentlichen Anwesenheit eines Priesters, der vom Kirchenrecht her nicht an der Zelebration gehindert ist, Nutzen zu ziehen.

IV. KAPITEL

DIE EUCHARISTIE UND
DIE KIRCHLICHE GEMEINSCHAFT

34. Die außerordentliche Versammlung der Bischofssynode 1985 fand in der „Communio-Ekklesiologie” die zentrale und grundlegende Idee der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die hier auf Erden pilgernde Kirche ist aufgerufen, sowohl die Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott als auch die Gemeinschaft unter den Gläubigen zu bewahren und zu fördern. Zu diesem Zweck besitzt sie das Wort und die Sakramente, vor allem die Eucharistie, aus der sie „immerfort lebt und wächst” und in der sie sich zur gleichen Zeit selbst ausdrückt. Nicht zufällig ist der Begriff Kommunion eine der spezifischen Bezeichnungen dieses erhabenen Sakramentes geworden. Die Eucharistie erscheint demnach als Höhepunkt aller Sakramente, indem sie die Gemeinschaft mit Gott dem Vater mittels der Identifikation mit dem Eingeborenen Sohn durch das Werk des Heiligen Geistes zur Vollendung bringt. Mit dem Scharfsinn des Glaubens drückte diese Wahrheit ein bedeutender Schriftsteller der byzantinischen Tradition aus: in der Eucharistie „ist – vor jedem anderen Sakrament – das Geheimnis [der Gemeinschaft] so vollkommen, dass es zum Gipfel aller Güter führt: hier liegt das höchste Ziel jeder menschlichen Sehnsucht, weil wir hier Gott folgen, und Gott sich mit uns in der vollkommensten Einheit verbindet”. Genau deshalb ist es angemessen, in der Seele das dauernde Verlangen nach dem eucharistischen Sakrament zu pflegen. Hier ist die Praxis der „geistlichen Kommunion” entstanden, die sich seit Jahrhunderten in der Kirche erfolgreich durchgesetzt hat und von heiligen Lehrmeistern des geistlichen Lebens empfohlen wird. Die heilige Theresa von Jesus schrieb: „Wenn ihr nicht kommuniziert und an der Messe teilnehmt, kommuniziert geistlich. Diese Übung birgt viele Vorteile… So wird in euch viel von der Liebe unseres Herrn eingeprägt”.

35. Die Feier der Eucharistie aber kann nicht der Ausgangspunkt der Gemeinschaft sein, sie setzt diese vielmehr als existent voraus, um sie zu stärken und zur Vollkommenheit zu führen. Das Sakrament drückt ein solches Band der Gemeinschaft sowohl in der unsichtbaren Dimension, die uns in Christus durch das Wirken des Heiligen Geistes mit dem Vater und untereinander verbindet, als auch in der sichtbaren Dimension aus, welche die Gemeinschaft in der Lehre der Apostel, in den Sakramenten und in der hierarchischen Ordnung beinhaltet. Die innige Beziehung, die zwischen den unsichtbaren Elementen und den sichtbaren Elementen der kirchlichen Gemeinschaft besteht, ist ein Konstitutivum der Kirche als Sakrament des Heiles. Nur in diesem Zusammenhang gibt es eine gültige Feier der Eucharistie und eine wahrhafte Teilnahme an ihr. Daher ergibt sich als eine grundsätzliche Anforderung an die Eucharistie, dass sie in der Communio gefeiert werde, und zwar konkret in der Unversehrtheit ihrer Bande.

36. Die unsichtbare Gemeinschaft, die ihrer Natur nach immer im Wachstum begriffen ist, setzt das Leben der Gnade voraus, durch das man „Anteil an der göttlichen Natur” (2 Petr 1,4) erhält, ebenso wie die Praxis der Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Nur so hat man wahrhaftig Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Der Glaube genügt nicht; es ist vielmehr nötig, die heiligmachende Gnade und die Liebe zu bewahren und mit dem „Leib” und dem „Herzen” im Schoß der Kirche zu bleiben. Es ist daher erforderlich, um es mit den Worten des heiligen Paulus zu sagen, „den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist” (Gal 5,6). Die Unversehrtheit der unsichtbaren Bande ist eine Gewissenspflicht des Christen, der in voller Weise an der Eucharistie teilhaben will, um den Leib und das Blut Christi zu kommunizieren. „Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken” (1 Kor 11,28). Der heilige Johannes Chrysostomus ermahnte mit der Kraft seiner Redegewandtheit die Gläubigen: „Auch ich erhebe die Stimme, flehe, bitte und beschwöre euch, nicht zu diesem heiligem Tisch mit einem befleckten und verdorbenen Gewissen hinzutreten. Eine solche Annäherung wird man tatsächlich nie Kommunion nennen können, auch wenn wir tausendmal den Leib des Herrn berühren, sondern Verdammnis, Pein und Vermehrung der Strafen”. Auf dieser Linie hält der Katechismus der Katholischen Kirche zu Recht fest: „Wer sich einer schweren Sünde bewusst ist, muss das Sakrament der Buße empfangen, bevor er die Kommunion empfängt”. Ich wünsche daher , dass in der Kirche immer die Norm in Kraft ist und in Kraft bleiben wird, mit der das Konzil von Trient die ernste Mahnung des Apostels Paulus (vgl. 1 Kor 11,28) konkretisiert, indem es festhält, dass „dem würdigen Empfang der Eucharistie die Beichte vorausgehen muss, wenn einer sich einer Todsünde bewusst ist”.

37. Die Eucharistie und die Buße sind zwei eng miteinander verbundene Sakramente. Wenn die Eucharistie das Erlösungsopfer des Kreuzes gegenwärtig setzt und es auf sakramentale Weise fortdauern lässt, folgt aus ihr ein fortwährender Anspruch zur Bekehrung und zu einer persönlichen Antwort auf die Ermahnung, die der heilige Paulus an die Christen von Korinth richtete: „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen” (2 Kor 5,20). Wenn also der Christ auf seinem Gewissen die Last einer schweren Sünde trägt, so wird sein Bußgang über das Sakrament der Versöhnung ein verpflichtender Weg sein, um zur vollen Teilnahme am eucharistischen Opfer zu gelangen. Das Urteil über den Gnadenstand kommt offensichtlich nur dem Betroffenen zu , wobei es sich hier um eine Gewissensfrage handelt. In den Fällen allerdings eines äußeren Verhaltens in schwerwiegendem, offenem und beharrlichem Widerspruch zur moralischen Norm kann die Kirche in ihrer pastoralen Sorge um die rechte Gemeinschaftsordnung und aus Achtung vor dem Sakrament nicht umhin, sich in die Pflicht genommen zu fühlen. Auf diese Situation offensichtlicher moralischer Indisponiertheit bezieht sich die Norm des Codex des Kanonischen Rechtes über die Nichtzulassung zur eucharistischen Kommunion all derer, „die hartnäckig in einer offenkundig schweren Sünde verharren”.

38. Die kirchliche Gemeinschaft, woran ich bereits erinnert habe, ist auch sichtbar, und drückt sich in den Banden aus, die das Konzil auflistet, wenn es lehrt: „Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft”. Da die Eucharistie die höchste sakramentale Darstellung der Gemeinschaft in der Kirche ist, verlangt sie, im Kontext der Unversehrtheit auch der äußeren Bande der Gemeinschaft gefeiert zu werden. In besonderer Weise ist sie „die Vollendung des geistlichen Lebens und das Ziel aller Sakramente”; daher ist es erforderlich, dass die Bande der Gemeinschaft in den Sakramenten wirklich bestehen, besonders in der Taufe und in der Priesterweihe. Es ist nicht möglich, einer Person, die nicht getauft ist, oder die die unverkürzte Glaubenswahrheit über das eucharistische Geheimnis zurückweist, die Kommunion zu reichen. Christus ist die Wahrheit und legt Zeugnis von der Wahrheit ab (vgl. Joh 14,6; 18,37); das Sakrament seines Leibes und seines Blutes duldet keine falschen Vorspiegelungen.

39. Darüber hinaus muss wegen des eigenen Charakters der kirchlichen Gemeinschaft und des Verhältnisses, welches das Sakrament der Eucharistie zu ihr hat, daran erinnert werden, dass „das eucharistische Opfer, wenngleich es immer in einer einzelnen Gemeinschaft gefeiert wird, niemals Feier nur dieser Gemeinde ist: Diese empfängt ja mit der eucharistischen Gegenwart des Herrn zugleich die ganze Heilsgabe und erweist sich so in ihrer bleibenden sichtbaren Einzelgestalt als Abbild und wahre Präsenz der einen heiligen, katholischen und apostolischen Kirche”. Daraus folgt, dass eine wahrhaft eucharistische Gemeinschaft sich nicht in sich selbst zurückziehen kann, als ob sie sich selbst genügen könnte, sondern sich in Einklang mit jeder anderen katholischen Gemeinschaft halten muss. Die Eucharistiegemeinschaft der eucharistischen Versammlung ist Gemeinschaft mit dem eigenen Bischof und mit dem Römischen Pontifex, dem Bischof von Rom. Der Bischof ist schließlich das sichtbare Prinzip und das Fundament der Einheit in seiner Teilkirche. Es wäre daher äußerst unangebracht, wenn das Sakrament der Einheit in der Kirche schlechthin ohne eine wahre Gemeinschaft mit dem Bischof gefeiert würde. Der heilige Ignatius von Antiochien schrieb: „Jene Eucharistie wird als sicher erachtet, die unter dem Bischof oder dem, den er damit betraut hat, verwirklicht wird”. Da zudem „der Bischof von Rom als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen” darstellt, ist die Gemeinschaft mit ihm eine innere Notwendigkeit der Feier des eucharistischen Opfers. Diese große Wahrheit wird auf vielfache Weise in der Liturgie zum Ausdruck gebracht: „Jede Eucharistiefeier wird in Einheit nicht nur mit dem eigenen Bischof, sondern auch mit dem Papst, mit der Gemeinschaft der Bischöfe, mit dem gesamten Klerus und mit dem ganzen Volk vollzogen. In jeder gültigen Eucharistiefeier kommt diese universale Gemeinschaft mit Petrus und mit der ganzen Kirche zum Ausdruck, oder sie wird objektiv verlangt, wie bei den von Rom getrennten christlichen Kirchen”.

40. Die Eucharistie schafft Gemeinschaft und erzieht zur Gemeinschaft. Der heilige Paulus schrieb an die Gläubigen von Korinth, um ihnen aufzuzeigen, wie sehr die Spaltungen, die unter ihnen während der eucharistischen Feiern zu Tage traten, im Widerspruch zu dem standen, was sie feierten: das Mahl des Herrn. Folgerichtig lud der Apostel sie ein, über das wahre Wesen der Eucharistie nachzudenken, um sie dazu zu bringen, zur brüderlichen Gemeinschaft zurückzukehren (vgl. 1 Kor 11,17-34). Wirkungsvoll machte sich der heilige Augustinus diesen Anspruch zu eigen, als er an das Wort des Apostels erinnerte „Ihr seid der Leib Christi und seine Glieder” (1 Kor 12,27) und dazu bemerkte: „Wenn ihr der Leib Christi und seine Glieder seid, so ist auf dem Tisch des Herrn das niedergelegt, was euer Geheimnis ist; ja, ihr empfangt das, was euer Geheimnis ist”. Und aus dieser Feststellung schloss er: „Christus, der Herr, […] heiligte an seinem Tisch das Geheimnis unseres Friedens und unserer Einheit. Wer das Geheimnis der Einheit empfängt, aber nicht das Band des Friedens bewahrt, empfängt das Geheimnis nicht zu seinem Nutzen, sondern einen Beweis gegen sich selbst”.

41. In dieser einzigartigen Wirksamkeit bei der Förderung der Gemeinschaft, die der Eucharistie zu eigen ist, liegt einer der Gründe für die Bedeutung der Sonntagsmesse. Über sie und über weitere Gründe, die sie für das Leben der Kirche und der einzelnen Gläubigen grundlegend machen, habe ich mich im Apostolischen Schreiben über die Heiligung des Sonntags Dies Domini geäußert. Hier erinnerte ich u. a. daran, dass für die Gläubigen, ausgenommen bei Verhinderung aus schwerwiegendem Grunde, die Verpflichtung besteht, an der Messe teilzunehmen. Daher ist den Hirten die entsprechende Pflicht auferlegt, allen tatsächlich die Möglichkeit zu bieten, diesem Gebot nachzukommen. Im Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte, in dem ich vor noch nicht langer Zeit den pastoralen Weg der Kirche zu Beginn des Dritten Jahrtausends abgesteckt habe, wollte ich die besondere Bedeutung der sonntäglichen Eucharistie betonen, indem ich deren gemeinschaftsbildende Wirksamkeit hervorhob: „Sie ist – so schrieb ich – der vorzügliche Ort, wo die Gemeinschaft ständig verkündet und gepflegt wird. Gerade durch die Teilnahme an der Eucharistie wird der Tag des Herrn auch der Tag der Kirche, die auf diese Weise ihre Rolle als Sakrament der Einheit wirksam spielen kann”.

42. Die Bewahrung und Förderung der kirchlichen Gemeinschaft ist Aufgabe eines jeden Gläubigen, der in der Eucharistie, dem Sakrament der Einheit der Kirche, einen Bereich vorfindet, in dem es sich besonders zu bemühen gilt. Konkreter fällt diese Aufgabe mit besonderer Verantwortung den Hirten der Kirche zu, entsprechend ihrer Stellung und gemäß dem jeweiligen kirchlichen Amt. Daher hat die Kirche Normen erlassen, die insgesamt darauf abzielen, den häufigen und fruchtbaren Zutritt der Gläubigen zum Tisch des Herrn anzuregen und die objektiven Bedingungen festzulegen, unter denen von der Spendung der Kommunion abgesehen werden muss. Das sorgsame Bemühen um die treue Beachtung dieser Normen wird ein wirksamer Ausdruck der Liebe zur Eucharistie und zur Kirche sein.

43. In der Betrachtung der Eucharistie als Sakrament der kirchlichen Gemeinschaft gibt es ein Thema, das wegen seiner Bedeutung nicht vernachlässigt werden darf: Ich nehme hier auf ihre Beziehung zum ökumenischen Engagement Bezug. Wir alle müssen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit dafür danken, dass in diesen letzten Jahrzehnten viele Gläubige in allen Teilen der Welt vom brennenden Verlangen nach der Einheit unter allen Christen beseelt worden sind. Das Zweite Vatikanische Konzil erkennt darin – am Beginn des Dekrets über die Ökumene – eine besondere Gabe Gottes. Diese war eine wirksame Gnade, die sowohl uns, die Söhne und Töchter der Katholischen Kirche, als auch unsere Brüder und Schwestern in den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften auf den Weg der Ökumene geführt hat. Das Hinstreben zum Ziel der Einheit drängt uns, den Blick auf die Eucharistie zu richten, die das höchste Sakrament der Einheit des Volkes Gottes ist, da es eben dafür den angemessenen Ausdruck und die unüberbietbare Quelle darstellt. In der Feier des eucharistischen Opfers erhebt die Kirche ihr Flehen zu Gott, dem Vater des Erbarmens, damit er seinen Kindern die Fülle des Heiligen Geistes gebe, um so ein Leib und ein Geist zu werden in Christus. Wenn die Kirche dieses Gebet dem Vater des Lichtes, von dem jedes gute Geschenk und jede vollkommene Gabe kommt (vgl. Jak 1,17), darbringt, glaubt sie an seine Wirksamkeit, da sie ja in Einheit mit Christus, dem Haupt und dem Bräutigam , betet, der sich das Flehen der Braut zu eigen macht und es mit dem seines Erlösungsopfers verbindet.

44. Gerade weil die Einheit der Kirche, welche die Eucharistie durch das Opfer und den Empfang des Leibes und Blutes des Herrn vollzieht, unter dem unabdingbaren Anspruch der vollen Gemeinschaft steht, die durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und des kirchlichen Leitungsamtes gesichert wird, ist es nicht möglich, die eucharistische Liturgie gemeinsam zu feiern bevor diese Bande nicht völlig wiederhergestellt sind. Eine derartige Konzelebration wäre kein sinnvoller Weg und könnte sich vielmehr als ein Hindernis für das Erreichen der vollen Gemeinschaft erweisen, da sie den Sinn für die Entfernung vom Ziel verschleiert und Zweideutiges über die eine oder andere Glaubenswahrheit einführt oder dafür Vorschub leistet. Der Weg zur vollen Einheit kann nicht anders beschritten werden als in der Wahrheit. Zu diesem Thema lässt das Verbot des Kirchenrechts keinen Raum für Unklarheiten, und zwar im Gehorsam gegenüber den vom Zweiten Vatikanischen Konzil proklamierten moralischen Normen. Ich möchte auf jeden Fall bestätigen, was ich in der Enzyklika Ut unum sint ausgeführt habe, nachdem ich die Unmöglichkeit der gegenseitigen eucharistischen Teilnahme festgestellt habe: „Doch haben wir den sehnlichen Wunsch, gemeinsam die Eucharistie des Herrn zu feiern, und dieser Wunsch wird schon zu einem gemeinsamen Lob, zu ein und demselben Bittgebet. Gemeinsam wenden wir uns an den Vater und tun das zunehmend ,mit nur einem Herzen‘”.

45. Wenn auch beim Nichtvorhandensein der vollen Gemeinschaft die Konzelebration in keinem Fall statthaft ist, so trifft diese Zurückhaltung nicht zu hinsichtlich der Spendung der Eucharistie unter besonderen Umständen und gegenüber einzelnen Personen , die zu Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften gehören, welche nicht in der vollen Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen. In diesem Fall besteht die Zielsetzung in der Tat darin, einem schwerwiegenden geistlichen Bedürfnis im Hinblick auf das ewige Heil einzelner Gläubiger zu entsprechen, nicht aber darin, eine Interkommunion zu praktizieren, die unmöglich bleibt, solange die sichtbaren Bande der kirchlichen Gemeinschaft nicht vollständig geknüpft sind. In diesem Sinne hat sich das Zweite Vatikanische Konzil verhalten, indem es die zu befolgende Praxis gegenüber den Orientalen bestimmte, welche, in gutem Glauben getrennt von der Katholischen Kirche lebend, spontan um den Empfang der Eucharistie aus der Hand eines katholischen geweihten Amtsträgers bitten und in rechter Weise darauf vorbereitet sind. Diese Vorgehensweise ist des weiteren von den beiden Codices bestätigt worden, in denen mit den entsprechenden Anpassungen auch der Fall der anderen, nicht orientalischen Christen berücksichtigt wird, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen.

46. In der Enzyklika Ut unum sint habe ich selbst meine Wertschätzung für diese Norm zum Ausdruck gebracht, die es erlaubt, mit angemessenem Urteilsvermögen für das Heil der Seelen Sorge zu tragen: „Ein Grund zur Freude ist in diesem Zusammenhang, daran zu erinnern, dass die katholischen Priester in bestimmten Einzelfällen die Sakramente der Eucharistie, der Buße und der Krankensalbung anderen Christen spenden können, die zwar noch nicht in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang der Sakramente wünschen, von sich aus darum bitten und den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt. Umgekehrt können sich in bestimmten Fällen und unter besonderen Umständen auch die Katholiken zum Empfang derselben Sakramente an die Geistlichen jener Kirchen wenden, in denen sie gültig gespendet werden”. Es tut Not, diese Bedingungen, die unumgänglich sind, genau zu beachten, obgleich es sich um begrenzte Einzelfälle handelt. Denn die Ablehnung einer oder mehrerer Glaubenswahrheiten hinsichtlich dieser Sakramente und, unter diesen, die Leugnung jener Wahrheit, welche das zu ihrer Gültigkeit unabdingbare Erfordernis des Weihepriestertums betrifft, macht den Bittsteller indisponiert für den Empfang bzw. für die rechtmäßige Spendung der Sakramente. Und auch umgekehrt wird ein katholischer Gläubiger die heilige Kommunion in einer Gemeinschaft, in der das gültige Weihesakrament nicht vorhanden ist, nicht empfangen können. Die getreue Einhaltung der Gesamtheit der zu dieser Materie festgelegten Normen ist Ausdruck und gleichzeitig Garantie der Liebe, sowohl gegenüber Jesus Christus im Allerheiligsten Sakrament, als auch gegenüber den Brüdern einer anderen christlichen Konfession, denen wir das Zeugnis der Wahrheit schulden, sowie auch gegenüber dem Grund selbst der Förderung der Einheit.

V. KAPITEL

DIE ZIERDE DER EUCHARISTIEFEIER

47. Wer in den synoptischen Evangelien den Bericht über die Einsetzung der Eucharistie liest, ist ergriffen von der Schlichtheit und auch von der „Gewichtigkeit”, mit der Jesus beim Letzten Abendmahl das große Sakrament stiftet. Eine Episode dient gewissermaßen als Vorgeschichte der Erzählung: Dies ist die Salbung von Bethanien. Eine Frau, die der Evangelist Johannes mit Maria, der Schwester des Lazarus, gleichsetzt, gießt aus einem Gefäß kostbares Duftöl auf Jesu Haupt und provoziert damit unter den Jüngern – besonders bei Judas (vgl. Mt 26,8; Mk 14,4; Joh 12,4) – eine Reaktion des Protestes, so als ob eine solche Geste angesichts der Bedürfnisse der Armen eine intolerable „Verschwendung” bedeutete. Die Bewertung Jesu aber ist sehr wohl eine andere. Ohne Abstriche von der Verpflichtung zur Liebe gegenüber den Bedürftigen zu machen, denen sich die Jünger immer werden widmen müssen – „Die Armen habt ihr immer bei euch” (Mt 26,11; Mk 14,7; vgl. Joh 12,8) – blickt er auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis seines Todes und seiner Bestattung und schätzt die Salbung, die ihm gleichsam als Vorwegnahme jener Ehre zuteil wird, der sein Leib wegen seiner unlösbaren Gebundenheit an das Geheimnis seiner Person immerfort, auch nach dem Tod, würdig ist. Die Erzählung geht in den synoptischen Evangelien mit dem Auftrag weiter, den Jesus den Jüngern zur sorgfältigen Vorbereitung des „großen Saales” gibt, die notwendig ist für den Verzehr des Paschamahles (vgl. Mk 14,15; Lk 22,12 ), und mit dem Bericht der Einsetzung der Eucharistie. Indem die Erzählung wenigstens teilweise das Bild der jüdischen Riten des Paschamahles bis zum Gesang des Hallel (vgl. Mt 26,30; Mk 14,26) erahnen lässt, bietet sie in knapper und doch feierlicher Form , wenn auch in den Varianten der verschiedenen Überlieferungen, die von Christus über Brot und Wein gesprochenen Worte, welche er als den konkreten Ausdruck seines dahingegebenen Leibes und seines vergossenen Blutes gebraucht. Die Evangelisten erinnern an all diese Einzelheiten im Licht einer bereits in der Urkirche gefestigten Praxis des „Brotbrechens”. Aber ganz sicher trägt das Ereignis des Gründonnerstags, ausgehend von der gelebten Geschichte Jesu, sichtbar die Wesenszüge einer liturgischen „Sensibilität”, die ihre Ausformung der Tradition alttestamentarischer Elemente verdankt und die dazu bereit ist, im Einklang mit dem neuen Inhalt des Pascha in der christlichen Zelebration neu gestaltet zu werden.

48. Wie die Frau der Salbung von Bethanien, hat die Kirche sich nicht davor gefürchtet zu „verschwenden”, wenn sie das Beste ihrer Mittel einsetzt, um ihr anbetendes Staunen angesichts des unermesslichen Geschenks der Eucharistie zu zeigen. Nicht weniger als die ersten Jünger, die beauftragt waren, den „großen Saal” herzurichten, fühlte sich die Kirche durch die Jahrhunderte und in der Aufeinanderfolge der Kulturen dazu gedrängt, die Eucharistie in einem Rahmen zu feiern, die eines so großen Geheimnisses würdig ist. Im Einklang mit den Worten und Gesten Jesu ist die christliche Liturgie, das rituelle Erbe des Judentums entfaltend, entstanden. Und was könnte schließlich genügen, um in angemessener Weise den Empfang der Gabe auszudrücken, die der göttliche Bräutigam unaufhörlich aus sich selbst der Braut-Kirche darbietet, indem er das ein für alle Mal am Kreuz dargebrachte Opfer in die Reichweite jeder einzelnen Generation der Gläubigen stellt und sich zur Nahrung aller Gläubigen macht? Wenn auch die Logik des „Festmahls” Familiarität nahe legt, so ist die Kirche doch nie der Versuchung erlegen, diese „Vertrautheit” mit ihrem Bräutigam zu banalisieren und zu vergessen, dass er auch ihr Herr ist, und dass das „Festmahl” für immer ein Opfermahl bleibt, das von dem auf Golgotha vergossenen Blut geprägt ist. Das eucharistische Mahl ist wahrhaftig ein „heiliges” Mahl, in dem die Schlichtheit der Zeichen die Tiefe der Heiligkeit Gottes verbirgt: „O Sacrum convivium, in quo Christus sumitur!” Das Brot, das auf unseren Altären gebrochen und für unser Sosein als Wanderer auf den Straßen dieser Welt hingegeben wird, ist „panis angelorum”, Brot der Engel, dem wir uns nur mit der Demut des Hauptmanns im Evangelium nähern können: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehest unter mein Dach” (Mt 8,8; Lk 7,6).

49. Ganz in diesem erhabenen Sinn des Mysteriums versteht man, wie der Glaube der Kirche an das eucharistische Geheimnis in der Geschichte nicht nur durch den Anspruch einer inneren Haltung der Verehrung zum Ausdruck gekommen ist, sondern auch durch eine Reihe äußerer Ausdrucksformen, um die Größe des gefeierten Ereignisses herauszustellen und zu unterstreichen. Daraus entsteht eine Entwicklung, die Schritt für Schritt dazu geführt hat, ein spezielles Regelwerk für die eucharistische Liturgie zu umreißen, unter Achtung der verschiedenen legitimer Weise bestehenden kirchlichen Traditionen. Auf dieser Basis hat sich auch ein reiches künstlerisches Erbe entwickelt. Die Architektur, die Bildhauerei, die Malerei, die Musik haben sich am christlichen Mysterium ausgerichtet und haben in der Eucharistie direkt oder indirekt ein Motiv großer Inspiration gefunden. So war es zum Beispiel für die Architektur, die den Übergang von den anfänglichen Orten der Eucharistie, die sich in den Häusern („domus”) christlicher Familien befanden, zu den stattlichen Basiliken der ersten Jahrhunderte sah – sobald es der historische Kontext erlaubte –, zu den imposanten Kathedralen des Mittelalters bis zu den großen oder kleinen Kirchen, die nach und nach die vom Christentum erreichten Landstriche übersät haben. Die Formen der Altäre und der Tabernakel haben sich in der Weite der liturgischen Räume fortentwickelt, wobei sie nicht nur jedes Mal künstlerischen Eingebungen, sondern auch den Vorgaben eines genauen Verstehens des Mysteriums gefolgt sind. Dasselbe kann über die sakrale Musik gesagt werden: es genügt, an die inspirierten gregorianischen Melodien und an die vielen und oft großen Komponisten, die sich von den liturgischen Texten der heiligen Messe herausfordern ließen, zu denken. Und offenbart sich etwa nicht im Bereich der Geräte und Paramente, die für die Eucharistiefeier verwendet werden, eine enorme Zahl an künstlerischen Werken, angefangen bei den Arbeiten eines guten Handwerkers bis hin zu wahren Kunstwerken? Man kann also sagen, dass die Eucharistie, so wie sie der Kirche und der Frömmigkeit eine Form gab, auch die „Kultur” besonders auf ästhetischem Gebiet stark geprägt hat.

50. In diesem Bemühen um die Anbetung des Mysteriums in ritueller und ästhetischer Hinsicht haben die Christen des Westens und des Ostens gewissermaßen „gewetteifert”. Wie sollte man dem Herrn nicht besonders für den Beitrag danken, welcher der christlichen Kunst durch die großen Werke der Architektur und der Malerei der griechisch-byzantinischen Tradition oder des gesamten slawischen Raumes und Kulturkreises geschenkt wurde? Im Osten hat die sakrale Kunst einen einzigartig starken Sinn für das Mysterium bewahrt, indem sie die Künstler drängt, ihren Eifer im Schaffen des Schönen nicht nur als Ausdruck ihres Genies zu verstehen, sondern auch als echten Dienst am Glauben. Sie haben es verstanden, weit über die bloße technische Fertigkeit hinauszugehen und sich folgsam dem Hauch des Geistes Gottes zu öffnen. Die Glanzpunkte der Architektur und der Mosaike im christlichen Westen und Osten sind ein allgemeines Erbe der Glaubenden und tragen in sich das Zeichen – und ich möchte sagen, das Unterpfand – der ersehnten Fülle der Gemeinschaft im Glauben und in der Feier. Wie auf dem berühmten Bild der Dreifaltigkeit von Rublëv verlangt und setzt dies eine zutiefst „eucharistische” Kirche voraus, in welcher die Teilhabe am Geheimnis Christi im gebrochenen Brot gleichermaßen in die unbegreifliche Einheit der drei göttlichen Personen eingesenkt ist, um so aus der Kirche selbst eine „Ikone” der Dreifaltigkeit zu machen. Diese Sicht einer Kunst, die darauf ausgerichtet ist, in allen ihren Elementen den Sinn der Eucharistie gemäß der Lehre der Kirche auszudrücken, macht es notwendig, den Regeln für den Bau und die Einrichtung der sakralen Gebäude volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wie die Geschichte zeigt, hat die Kirche den Künstlern stets einen großen kreativen Freiraum gelassen. Dies habe ich selbst in meinem Brief an die Künstler unterstrichen. Die sakrale Kunst muss sich jedoch durch die Fähigkeit auszeichnen, das Mysterium adäquat zum Ausdruck zu bringen, und zwar so wie es in der Fülle des Glaubens der Kirche verstanden wird und gemäß den entsprechenden pastoralen Hinweisen, die von der zuständigen Autorität gegeben werden. Diese Ausführungen gelten sowohl für die bildenden Künste als auch für die Kirchenmusik.

51. Was in den Gebieten der frühen Christianisierung im Bereich der sakralen Kunst und der liturgischen Ordnung stattgefunden hat, beginnt sich auch auf den Kontinenten des jungen Christentums zu entwickeln. Hier hat gerade das Zweite Vatikanische Konzil im Hinblick auf den Bedarf nach einer ebenso gesunden wie erforderlichen „Inkulturation” Orientierung gegeben. Während meiner zahlreichen Pastoralbesuche hatte ich die Gelegenheit, in allen Teilen der Welt zu beobachten, zu welch großer Lebendigkeit die Feier der Eucharistie in Berührung mit den Ausdrucksformen, dem Stil und den Empfindungen unterschiedlicher Kulturen fähig ist. Durch die Anpassung an die sich verändernden Bedingungen von Zeit und Raum bietet die Eucharistie nicht nur den Einzelnen, sondern den Völkern selbst Nahrung und formt christlich inspirierte Kulturen. Dennoch ist es notwendig, diese wichtige Aufgabe der Anpassung immer im Bewusstsein des unaussprechlichen Mysteriums vorzunehmen, an dem Maß zu nehmen jede Generation aufgerufen ist. Der „Schatz” ist viel zu groß und zu kostbar, um das Risiko seiner Verarmung eingehen zu können, oder um ihn voreilig durch Experimente und Gebräuche zu beeinträchtigen, welche ohne eine genaue Prüfung durch die zuständigen kirchlichen Autoritäten eingeführt worden sind. Die zentrale Stellung des eucharistischen Geheimnisses verlangt es überdies, dass diese Prüfung in enger Verbindung mit dem Heiligen Stuhl geschieht. Wie ich im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Ecclesia in Asia ausführte, „ist eine solche Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung, weil die Liturgie durch ihre Feier den einzigen von allen bekannten Glauben zum Ausdruck bringt, und da sie Erbe der ganzen Kirche ist, kann sie nicht durch von der Gesamtkirche isolierte Ortskirchen bestimmt werden”.

52. Aus dem bisher Gesagten wird die große Verantwortung der Priester in der Eucharistiefeier verständlich, denen es zukommt, ihr in persona Christi vorzustehen. Damit stellen sie ein Zeugnis und einen Dienst der Gemeinschaft sicher, nicht nur gegenüber der unmittelbar an der Feier teilnehmenden Gemeinde, sondern auch für die Gesamtkirche, die in der und durch die Eucharistie immer zugegen ist. Leider müssen wir beklagen, dass es vor allem seit den Jahren der nachkonziliaren Liturgiereform infolge einer falsch verstandenen Auffassung von Kreativität und Anpassung an Missbräuchen nicht gefehlt hat, die für viele ein Grund des Leidens sind. Insbesondere in einigen Regionen hat eine gewisse Reaktion auf den „Formalismus” manch einen dazu verleitet, die von der großen liturgischen Tradition der Kirche und die von ihrem Lehramt gewählten „Formen” für nicht verpflichtend zu erachten und nicht autorisierte und oft völlig unpassende Neuerungen einzuführen. Ich sehe mich daher in der Pflicht, einen deutlichen Appell auszusprechen, dass in der Eucharistiefeier die liturgischen Normen mit großer Treue beachtet werden. Sie sind ein konkreter Ausdruck der authentischen Kirchlichkeit der Eucharistie; das ist ihr tiefster Sinn. Die Liturgie ist niemals Privatbesitz irgendjemandes, weder des Zelebranten, noch der Gemeinschaft, in der die heiligen Geheimnisse gefeiert werden. Der heilige Apostel Paulus musste sich wegen der schwerwiegenden Mängel in ihrer Eucharistiefeier mit scharfen Worten an die Gemeinde von Korinth wenden, da diese zu Spaltungen (skísmata) und Fraktionsbildungen (hairéseis) (vgl. 1 Kor 11,17-34) geführt hatten. Auch in unseren Zeiten müsste der Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen wiederentdeckt und als Spiegel und Zeugnis der einen und universalen Kirche, die in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig gesetzt wird, geschätzt werden. Der Priester, der die heilige Messe treu gemäß den liturgischen Normen zelebriert, und die Gemeinde, die diesen annimmt, zeigen so schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche. Um eben diesen tiefen Sinn der liturgischen Normen zu bekräftigen, habe ich die zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie beauftragt, ein spezifischeres Dokument, das Verweise rechtlicher Natur enthalten wird, zu diesem Thema von so großer Bedeutung vorzubereiten. Niemand darf das unseren Händen anvertraute Mysterium unterbewerten: Es ist zu groß, als dass sich irgend jemand erlauben könnte, nach persönlichem Gutdünken damit umzugehen, ohne seinen sakralen Charakter und die ihm eigene universale Dimension zu respektieren.

VI. KAPITEL

IN DER SCHULE MARIENS – DIE EUCHARISTIE UND MARIA

53. Wenn wir die innige Beziehung, die die Kirche mit der Eucharistie verbindet, in ihrem ganzen Reichtum wiederentdecken wollen, dürfen wir Maria, Mutter und Modell der Kirche, nicht vergessen. Im Apostolischen Schreiben Rosarium Virginis Mariae, in dem ich auf die Allerseligste Jungfrau als Lehrmeisterin in der Betrachtung des Antlitzes Christi hinwies, habe ich auch die Einsetzung der Eucharistie unter die lichtreichen Rosenkranzgeheimnisse eingereiht. Schließlich kann Maria uns zu diesem Allerheiligsten Sakrament führen, da sie zu ihm eine tiefe Beziehung hat. Auf den ersten Blick schweigt das Evangelium zu diesem Thema. Im Bericht über die Einsetzung am Abend des Gründonnerstags ist von Maria nicht die Rede. Dagegen weiß man, dass sie unter den Aposteln zugegen war, „einmütig im Gebet” (vgl. Apg 1,14), in der ersten Gemeinde, die nach der Himmelfahrt in Erwartung der Ausgießung des Heiligen Geistes versammelt war. Ihre Anwesenheit durfte gewiss in der Eucharistiefeier unter den Gläubigen der ersten christlichen Generation, die beharrlich am „Brechen des Brotes” (Apg 2,42) teilnahmen, nicht fehlen. Aber jenseits ihrer Teilnahme am eucharistischen Mahl kann die Beziehung Marias zur Eucharistie indirekt, ausgehend von ihrem inneren Verhalten abgeleitet werden. In ihrem ganzen Leben ist Maria eine von der Eucharistie geprägte Frau. Die Kirche, die auf Maria wie auf ihr Urbild blickt, ist berufen, sie auch in ihrer Beziehung zu diesem heiligsten Geheimnis nachzuahmen.

54. Mysterium fidei! Wenn die Eucharistie ein Geheimnis des Glaubens ist, das unseren Intellekt weit überragt, um uns so zu einer noch reineren Hingabe an das Wort Gottes zu verpflichten, kann es niemand anderen als Maria geben, um Stütze und Führung in solcher Haltung zu sein. Unser Wiederholen der Geste Christi beim Letzten Abendmahl als Erfüllung seines Auftrags „Tut dies zu meinem Gedächtnis” wird gleichzeitig zur Annahme der Einladung Marias, ihm ohne Zögern zu gehorchen: „Was er euch sagt, das tut” (Joh 2,5). Mit der mütterlichen Sorge, die sie bei der Hochzeit zu Kana an den Tag legte, scheint Maria uns zu sagen: „Schwankt nicht, vertraut dem Wort meines Sohnes. Er, der fähig war, Wasser in Wein zu wandeln, ist gleichermaßen fähig, aus dem Brot und dem Wein seinen Leib und sein Blut zu machen und so den Gläubigen das lebendige Gedächtnis seines Paschas zu übergeben, um sich auf diese Weise zum „Brot des Lebens” zu machen”.

55. In gewissem Sinne hat Maria ihren eucharistischen Glauben bereits vor der Einsetzung der Eucharistie ausgeübt, und zwar aufgrund der Tatsache selbst, dass sie ihren jungfräulichen Schoß für die Inkarnation des Wortes Gottes dargeboten hat. Indem sie auf die Passion und die Auferstehung verweist, steht die Eucharistie in Kontinuität zur Inkarnation. Maria empfing bei der Verkündigung den göttlichen Sohn in der auch physischen Wahrheit des Leibes und Blutes, um so in sich das vorwegzunehmen, was sich in gewissem Maße auf sakramentale Weise in jedem Gläubigen ereignet, der unter den Zeichen von Brot und Wein den Leib und das Blut des Herrn empfängt. Es besteht daher eine tiefe Analogie zwischen dem fiat, das Maria auf das Wort des Engels antwortete, und dem Amen, das jeder Gläubige ausspricht, wenn er den Leib des Herrn empfängt. Maria war gerufen zu glauben, dass der, den Sie empfing „durch das Wirken des Heiligen Geistes der Sohn Gottes” (vgl. Lk 1,30-35) sei. In Kontinuität zum Glauben der Jungfrau wird im eucharistischen Geheimnis von uns der Glaube daran gefordert, dass dieser selbe Jesus, der Sohn Gottes und der Sohn Mariens, sich gegenwärtig macht mit seinem ganzen gott-menschlichen Sein unter den Zeichen des Brotes und des Weines. „Selig die, die geglaubt hat” (Lk 1,45): Im Geheimnis der Fleischwerdung hat Maria auch den eucharistischen Glauben der Kirche vorweggenommen. Beim Besuch Marias bei Elisabeth trägt sie das fleischgewordene Wort in ihrem Schoß und macht sich in gewisser Weise zum „Tabernakel” – dem ersten „Tabernakel” der Geschichte –, in dem der Sohn Gottes, noch unsichtbar für die Augen der Menschen, der Anbetung Elisabeths dargeboten wird und sein Licht gleichsam „ausstrahlt” durch die Augen und die Stimme Mariens. Ist der entzückte Blick Mariens im Moment, als sie das Antlitz des neugeborenen Christus betrachtet und ihn in ihre Arme drückt, etwa nicht das unerreichbare Modell der Liebe, von der wir uns jedes Mal inspirieren lassen müssen, wenn wir die Eucharistie in der heiligen Kommunion empfangen?

56. Maria machte sich durch ihr ganzes Leben an der Seite Christi, und nicht nur auf Golgotha, den Opfercharakter der Eucharistie zu eigen. Als sie das Jesuskind zum Jerusalemer Tempel brachte, „um ihn dem Herrn darzustellen” (Lk 2,22), war vom alten Simeon die Ankündigung zu hören, dass dieses Kind „ein Zeichen des Widerspruchs” sein werde, und dass ein „Schwert” auch ihre Seele durchdringen sollte (vgl. Lk 2,34-35). So war das Drama des gekreuzigten Sohnes vorherverkündet, und in gewisser Weise wurde das „stabat Mater” der Jungfrau zu Füßen des Kreuzes vorausgebildet. Indem sie sich Tag für Tag auf Golgotha vorbereitet, lebt Maria eine Art „vorweggenommener Eucharistie”, man würde sagen, eine „geistliche Kommunion” der Sehnsucht und des Opfers, das seine Vollendung in der Einheit mit dem Sohn in der Passion haben wird, und das sich dann, in der nachösterlichen Zeit, in ihrer Teilnahme an der von den Aposteln geleiteten Eucharistiefeier als ,Gedächtnis‘ der Passion ausdrücken wird. Wie soll man sich die Gefühle Marias vorstellen, als sie aus dem Mund Petri, Johannes’, Jakobus’ und der anderen Apostel die Worte des Letzten Abendmahles vernimmt: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird” (Lk 22,19)? Dieser Leib, als Opfer dahingegeben und unter sakramentalen Zeichen erneut dargestellt, war ja derselbe Leib, der in ihrem Schoß empfangen wurde! Der Empfang der Eucharistie musste für Maria in etwa bedeuten, wiederum in ihrem Schoß jenes Herz aufzunehmen, das im Gleichklang mit dem ihren geschlagen hat, und das wieder zu erleben, was sie als erste Person unter dem Kreuz erfahren hatte.

57. „Tut dies zu meinem Gedächtnis” (Lk 22,19). Beim „Gedächtnis” von Golgotha ist all das gegenwärtig, was Christus in seiner Passion und in seinem Tod vollbracht hat. Daher fehlt auch das nicht, was Christus zu unseren Gunsten an seiner Mutter vollbracht hat. In der Tat vertraut er ihr den Lieblingsjünger an und, in ihm, überantwortet er ihr auch jeden von uns: „Siehe da, dein Sohn!”. Gleichermaßen sagt er zu jedem von uns: „Siehe da, deine Mutter!” (vgl. Joh 19,26-27). In der Eucharistie das Gedächtnis des Todes Christi zu leben schließt auch ein, immer wieder dieses Geschenk zu empfangen. Das bedeutet, diejenige, die uns jedes Mal als Mutter gegeben wird, nach dem Beispiel des Johannes zu uns zu nehmen. Es bedeutet zur gleichen Zeit, dass wir uns dem Anspruch stellen, Christus gleichförmig zu werden, uns daher in die Schule der Mutter zu begeben und uns von ihr begleiten zu lassen. Maria ist mit der Kirche und als Mutter der Kirche in jeder unserer Eucharistiefeiern präsent. Wenn Kirche und Eucharistie ein untrennbares Wortpaar sind, so muss man dies gleichfalls von Maria und der Eucharistie sagen. Auch deshalb kennen die Kirchen des Westens und des Ostens einhellig seit dem Altertum das Gedenken Mariens in der Eucharistiefeiern.

58. In der Eucharistie vereint sich die Kirche völlig mit Christus und seinem Opfer und macht sich den Geist Mariens zu eigen. Dies ist eine Wahrheit, die sich vertiefen lässt, wenn wir das Magnificat in eucharistischer Sicht erneut lesen. Wie der Gesang Mariens ist die Eucharistie vor allem Lob und Danksagung. Als Maria ausruft: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter”, trägt sie Jesus in ihrem Schoß. Sie lobt den Vater „wegen” Jesus, aber sie lobt ihn auch „in” Jesus und „mit” Jesus. Das genau ist wirkliches „eucharistisches Verhalten”. Gleichzeitig gedenkt Maria der wunderbaren Taten Gottes in der Heilsgeschichte, gemäß der an die Väter ergangenen Verheißung (vgl. Lk 1,55), und verkündet das Wunder, das sie alle überragt, die heilbringende Inkarnation. Im Magnificat ist schließlich die eschatologische Spannung der Eucharistie gegenwärtig. Jedes Mal, wenn sich uns der Sohn Gottes in der „Armut” der sakramentalen Zeichen von Brot und Wein zeigt, wird in die Welt der Keim jener neuen Geschichte gelegt, in der die „Mächtigen vom Thron” gestürzt und „die Niedrigen erhöht werden” (vgl. Lk 1,52). Maria besingt diesen „neuen Himmel” und die „neue Erde”, die in der Eucharistie ihre Vorwegnahme und in einem gewissen Sinn ihr programmatisches „Bild” finden. Wenn das Magnificat die Spiritualität Mariens ausdrückt, so kann uns nichts mehr als diese Spiritualität helfen, das eucharistische Geheimnis zu leben. Die Eucharistie ist uns gegeben, damit unser Leben ähnlich dem Mariens ganz und gar ein Magnificat sei!

SCHLUSS

59. „Ave, verum corpus natum de Maria Virgine!”. Vor wenigen Jahren habe ich den fünfzigsten Jahrestag meines Priestertums gefeiert. Ich erfahre heute die Gnade, der Kirche diese Enzyklika über die Eucharistie zu schenken, am Gründonnerstag, der in das fünfundzwanzigste Jahr meines petrinischen Amtes fällt. Ich tue dies mit einem Herzen voller Dankbarkeit. Seit mehr als einem halben Jahrhundert, seit dem 2. November 1946, an dem ich meine Primiz in der Krypta des Heiligen Leonhard in der Kathedrale auf dem Wawel in Krakau zelebriert habe, sind meine Augen jeden Tag auf die weiße Hostie gerichtet, in der Zeit und Raum in gewisser Weise „zusammenfallen” und in der das Drama von Golgotha lebendig gegenwärtig wird sowie seine geheimnisvolle „Gegenwärtigkeit” enthüllt. Jeden Tag hat mein Glaube im konsekrierten Brot und im konsekrierten Wein den göttlichen Wanderer erkennen können, der sich eines Tages an die Seite der zwei Jünger von Emmaus gesellte, um ihnen die Augen für das Licht und das Herz für die Hoffnung zu öffnen (vgl. Lk 24,13-35). Erlaubt mir, meine lieben Brüder und Schwestern, mein Glaubenszeugnis über die heiligste Eucharistie mit innerer Begeisterung, in Begleitung und zur Stärkung eures Glaubens abzulegen. „Ave, verum corpus natum de Maria Virgine, vere passum, immolatum, in cruce pro homine!” Hier ist der Schatz der Kirche, das Herz der Welt, das Unterpfand des Ziels, das jeder Mensch, sei es auch unbewusst, erstrebt. Ein großes Geheimnis, das uns überragt und sicherlich das Verstehensvermögen unseres Geistes auf die harte Probe stellt, über den Augenschein hinauszugehen. Hier täuschen sich unsere Sinne – „visus, tactus, gustus in te fallitur”, sagt der Hymnus Adoro te devote –, aber der Glaube allein, verwurzelt im Wort Christi, das uns durch die Apostel anvertraut ist, genügt uns. Erlaubt mir, zu Christus – gleich Petrus am Ende der Eucharistierede im Johannesevangelium – im Namen der ganzen Kirche und im Namen eines jeden von euch zu wiederholen: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens” (Joh 6,68).

60. In der Morgenröte dieses Dritten Jahrtausends fühlen wir uns angespornt, mit erneutem Schwung im Leben als Christen voranzuschreiten. Schon im Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte habe ich ausgeführt: „Es geht nicht darum, ein ,neues Programm‘ zu erfinden. Das Programm liegt schon vor: Seit jeher besteht es, zusammengestellt vom Evangelium und von der lebendigen Tradition. Es findet letztlich in Christus selbst seine Mitte. Ihn gilt es kennenzulernen, zu lieben und nachzuahmen, um in ihm das Leben des Dreifaltigen Gottes zu leben und mit ihm der Geschichte eine neue Gestalt zu geben, bis sie sich im himmlischen Jerusalem erfüllt”. Die Ausführung dieses Programms eines erneuerten Schwungs für das christliche Leben geschieht durch die Eucharistie. Jedes Streben nach Heiligkeit, jede auf die Verwirklichung der Sendung der Kirche ausgerichtete Aktion, jede Ausführung pastoraler Pläne muss die notwendigen Kräfte aus dem eucharistischen Geheimnis beziehen und auf dieses hingeordnet sein als auf ihren Höhepunkt. In der Eucharistie finden wir Jesus, ist für uns sein Erlösungsopfer präsent, begegnen wir seiner Auferstehung, erhalten wir die Gabe des Heiligen Geistes, haben wir die Anbetung, den Gehorsam und die Liebe zum Vater. Wenn wir die Eucharistie vernachlässigten, wie könnten wir unserer Erbärmlichkeit abhelfen?

61. Das eucharistische Geheimnis – Opfer, Gegenwart, Mahl – duldet weder Reduzierungen noch Instrumentalisierungen. Es muss in seiner Ganzheit gelebt werden, sei es im Ereignis der Feier, sei es im innigen Zwiegespräch mit Jesus, den man gerade in der hl. Kommunion empfangen hat, sei es im betenden Verweilen bei der eucharistischen Anbetung außerhalb der heiligen Messe. Die Kirche wird also fest auferbaut und es drückt sich das aus, was sie wahrhaftig ist: die eine, heilige, katholische und apostolische; Volk, Heiligtum und Familie Gottes; Leib und Braut Christi, beseelt vom Heiligen Geist; universales Heilssakrament und hierarchisch gegliederte Gemeinschaft. Der Weg der Kirche in diesen ersten Jahren des Dritten Jahrtausends ist auch der Weg eines erneuerten ökumenischen Engagements. Die letzten Jahrzehnte des Zweiten Jahrtausends, die im Großen Jubiläum gipfelten, haben uns in diese Richtung geführt, indem sie alle Getauften anspornten, dem Gebet Jesu „ut unum sint” (Joh 17,11) zu entsprechen. Es ist ein langer Weg voller Hindernisse, die menschliches Können übersteigen; aber wir haben die heilige Eucharistie und vor ihr dürfen wir in der Tiefe des Herzens die gleichen Worte vernehmen, die der Prophet Elija gehört hat, so als ob sie an uns gerichtet wären: „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich” (1 Kön 19,7). Der eucharistische Schatz, den uns der Herr zur Verfügung gestellt hat, beflügelt uns auf das Ziel des vollen Teilens dieses Schatzes mit allen Brüdern und Schwestern hin, mit denen uns die gemeinsame Taufe verbindet. Um einen solchen Schatz nicht zu vergeuden, ist es jedoch notwendig, die Anforderungen zu respektieren, die aus seinem Sein als Sakrament der Gemeinschaft im Glauben und in der Apostolischen Sukzession herrühren. Indem wir der Eucharistie ganz und gar die Bedeutung beimessen, die ihr zukommt, und indem wir mit aller Sorge darauf bedacht sind, keine ihrer Dimensionen oder Ansprüche abzumindern, zeigen wir uns wahrhaftig der Größe dieser Gabe bewusst. Dazu lädt uns eine ununterbrochene Überlieferung ein, die seit den ersten Jahrhunderten die Wachsamkeit der christlichen Gemeinde in Bezug auf die Obhut dieses „Schatzes” bezeugt. Gedrängt von der Liebe sorgt sich die Kirche darum, den Glauben an das Geheimnis der Eucharistie und die diesbezügliche Lehre den nachfolgenden christlichen Generationen weiterzugeben, ohne davon irgendein Fragment aufzugeben. Es besteht keinerlei Gefahr, in der Sorge um dieses Geheimnis zu übertreiben, weil „in diesem Sakrament das ganze Mysterium unseres Heiles zusammengefasst ist”.

62. Begeben wir uns, meine lieben Brüder und Schwestern, in die Schule der Heiligen, der großen Verkünder der wahren eucharistischen Frömmigkeit. In ihnen erlangt die Theologie der Eucharistie den vollen Glanz des Erlebten, sie „steckt uns an” und sie „erwärmt” uns sozusagen. Hören wir vor allem auf die Seligste Jungfrau Maria, in der das eucharistische Geheimnis mehr als in jedem anderen Menschen als Geheimnis des Lichtes erscheint. Im Blick auf sie erkennen wir die verwandelnde Kraft, die der Eucharistie eignet. In ihr sehen wir die in der Liebe erneuerte Welt. Wenn wir Maria als die mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommene betrachten, sehen wir das Aufbrechen des „neuen Himmels” und der „neuen Erde”, die sich bei der zweiten Ankunft Christi vor unseren Augen öffnen werden. Die Eucharistie ist hier auf Erden ihr Unterpfand und in mancher Hinsicht ihre Vorwegnahme: „Veni, Domine Iesu!” (Offb 22,20). Im demütigen Zeichen von Brot und Wein, wesensverwandelt in seinen Leib und in sein Blut, geht Christus als unsere Kraft und unsere Wegzehrung mit uns und macht uns für alle zu Zeugen der Hoffnung. Wenn angesichts dieses Geheimnisses die Vernunft ihre Grenzen erfährt, erahnt das von der Gnade des Heiligen Geistes erleuchtete Herz, wie man sich ihm nähert und sich in Anbetung und grenzenloser Liebe darin versenkt. Machen wir uns die Empfindungen des heiligen Thomas von Aquin zu eigen, dieses vortrefflichen Theologen und gleicherweise leidenschaftlichen Poeten des eucharistischen Christus. Lassen wir zu, dass auch unser Geist sich in der Hoffnung auf die Anschauung des Zieles öffne, nach welchem sich das Herz sehnt, das, wie es beschaffen ist, nach Freude und Frieden dürstet:

„Bone pastor, panis vere,
Iesu, nostri miserere…
Guter Hirt, Du wahre Speise,
Jesus, gnädig dich erweise!
Nähre uns auf deinen Auen,
lass uns deine Wonnen schauen
in des Lebens ewigem Reich!
Du der alles weiß und leitet,
uns im Tal des Todes weidet,
lass an deinem Tisch uns weilen,
deine Herrlichkeit uns teilen.
Deinen Seligen mach uns gleich!”
Allen erteile ich meinen Segen!

Aus dem Vatikan, 17. April 2003, Gründonnerstag, im 25. Jahr meines Pontifikats, im Jahr des Rosenkranzes.

Anmerkungen:

1 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 11.
2 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 5.
3 Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Rosarium Virginis Mariae (16. Oktober 2002), 21.
4 Das ist der Titel, den ich einem autobiographischen Zeugnis aus Anlass meines fünfzigjährigen Priesterjubiläums geben wollte.
5 Leonis XIII Acta, XXII (1903), 115-136.
6 AAS 39 (1947), 521-595.
7 AAS 57 (1965), 753-774.
8 AAS 72 (1980), 113-148.
9 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, 47: Salvator noster […] Sacrificium Eucharisticum Corporis et Sanguinis sui instituit, quo Sacrificium Crucis saecula, donec veniret, perpetuaret.
10 Katechismus der Katholischen Kirche, 1085.
11 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 3.
12 Vgl. Paul VI., Das Credo des Gottesvolkes (30. Juni 1968), 24: AAS 60 (1968) 442; Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980), 12: AAS 72 (1980), 142.
13 Katechismus der Katholischen Kirche, 1382.
14 Katechismus der Katholischen Kirche, 1367.
15 Heiliger Johannes Chrysostomus, In Epistolam ad Hebraeos homiliae, 17, 3: PG 63, 131.
16 „Denn die Opfergabe ist ein und dieselbe; derselbe, der sich damals am Kreuze opferte, opfert sich jetzt durch den Dienst des Priesters; allein die Weise des Opferns ist verschieden“: Konzil von Trient, Sess. XXII, Doctrina de ss. Missae sacrificio, cap. 2: DH 1743.
17 Vgl. Pius XII., Enzyklika Mediator Dei (20. November 1947): AAS 39 (1947), 548.
18 Johannes Paul II, Enyzklika Redemptor hominis (15. März 1979), 20: AAS 71 (1979) 310.
19 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 11.
20 Heiliger Ambrosius, De sacramentis, V, 4, 26: O. Faller (Hrsg.), CSEL 73, 70.
21 Heiliger Cyrill von Alexandrien, In Ioannis Evangelium, XII, 20: PG 74, 726; P. E. Pusey (Hrsg.), III, 145.
22 Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965) 764.
23 Konzil von Trient, Sess. XIII, Decretum de ss. Eucharistia, cap. 4: DH 1642.
24 Heiliger Cyrill von Jerusalem, Mystagogische Katechesen, IV, 6: A. Piédagnel (Hrsg.), SCh 126, 138.
25 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, 8.
26 Paul VI., Das Credo des Gottesvolkes (30. Juni 1968) 24: AAS 60 (1968) 442-443.
27 Heiliger Ephräm, Sermo IV in Hebdomadam Sanctam: E. Beck (Hrsg.), CSCO 413 / Syr. 182, 55.
28 Anaphora.
29 Drittes Eucharistisches Hochgebet.
30 Breviarium Romanum, Antiphon zum Magnifikat in der 2. Vesper des Fronleichnamsfestes.
31 Missale Romanum, Embolismus nach dem Pater Noster.
32 Heiliger Ignatius von Antiochien, Epistula ad Ephesios, 20, 2: J. A. Fischer (Hrsg.), 160 (PG 5, 661).
33 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et Spes 39.
34 „Willst du den Leib des Herrn ehren? Vernachlässige ihn nicht, wenn er unbekleidet ist. Ehre ihn nicht hier im Heiligtum mit Seidenstoffen, um ihn dann draußen zu vernachlässigen, wo er Kälte und Nacktheit erleidet. Jener, der gesagt hat: „Dies ist mein Leib“, ist der gleiche, der gesagt hat: „Ihr habt mich hungrig gesehen und mir nichts zu essen gegeben“, und „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ […] Was nützt es, wenn der eucharistische Tisch überreich mit goldenen Kelchen bedeckt ist, während er Hunger leidet? Beginne damit, den Hungrigen zu sättigen, dann verziere den Altar mit dem, was übrigbleibt“: Hl. Johannes Chrysostomus, Homilie über das Matthäusevangelium 50, 34: PG 58, 508-509; vgl. Papst Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis (30. Dezember 1987), 31: AAS 80 (1988), 553-556.
35 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 3.
36 Ebd.
37 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, 5.
38 „Da nahm Mose das Blut, besprengte damit das Volk und sagte: Das ist das Blut des Bundes, den der Herr aufgrund all dieser Worte mit euch geschlossen hat“ (Ex 24,8).
39 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.
40 Vgl. ebd., 9.
41 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 5. Das gleiche Dekret sagt in Nr. 6: „Die christliche Gemeinde wird aber nur auferbaut, wenn sie Wurzel und Angelpunkt in der Feier der Eucharistie hat“.
42 In Epistolam I ad Corinthos homiliae, 24, 2: PG 61, 200. Vgl. Didaché, IX, 4: F. X. Funk, I, 22; Heiliger Cyprian, Ep. LXIII, 13: PL 4, 384.
43 PO 26, 206.
44 Ökum. II. Vatikanisches Konzil. Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.
45 Vgl. Konzil von Trient, Sess. XIII, Decretum de ss. Eucharistia, can. 4: DH 1654.
46 Vgl. Rituale Romanum: De sacra communione et de cultu mysterii eucharistici extra Missam, 36 (n. 80).
47 Vgl. ebd. 38-39 (nn. 86-90).
48 Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millenio ineunte (6. Januar 2001), 32: AAS 93 (2001), 288.
49 „Außerdem sollen sie [die Gläubigen] es nicht unterlassen, das Allerheiligste Sakrament, das an einem bevorzugten Ort und mit größter Ehrfurcht den liturgischen Gesetzen entsprechend in den Kirchen aufzubewahren ist, tagsüber zu besuchen. Ein solcher Besuch ist ein Beweis der Dankbarkeit und ein Zeichen der Liebe wie der schuldigen Verehrung gegenüber Christus dem Herrn, der hier gegenwärtig ist“: Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965), 771.
50 Visite al SS. Sacramento ed a Maria Santissima, Introduzione: Opere ascetiche, Avellino 2000, p. 295.
51 N. 857.
52 Ebd.
53 Ebd.
54 Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Brief Sacerdotium ministeriale, 6. August 1983, III. 2: AAS 75 (1983) 1005.
55 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 10.
56 Ebd.
57 Vgl. Missale Romanum, Institutio generalis: Editio typica tertia, Typis Vaticanis 2002, 48 (n. 147).
58 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 10 und 28; Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 2.
59 „Der Diener des Altares handelt in der Person Christi als Haupt, der im Namen aller Glieder darbringt“ . Pius XII., Enzyklika Mediator Dei (20. November 1947): AAS 39 (1947), 556; vgl. Pius X., Apost. Lehrschreiben Haerent animo (4. August 1908): Pii X Acta, IV, 16; Pius XI., Enzyklika Ad catholici sacerdotii (20. Dezember 1935): AAS 28 (1936), 20.
60 Apostolisches Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980), 8: AAS 72 (1980), 128-129.
61 Kongregation für die Glaubenslehre, Brief Sacerdotium ministeriale (6. August 1983), III. 4: AAS 75 (1983), 1106; vgl. Conc. Ecum. Lateranense IV, Kap. 1, Konst. Über den Katholischen Glauben Firmiter credimus: DH 802.
62 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über den Ökumenismus Unitatis Redintegratio, 22.
63 Apostol. Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980), 2: AAS 72 (1980), 115.
64 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 14.
65 Ebd., 13; vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 904; Gesetzbuch der Katholischen Ostkirchen, can. 378.
66 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 6.
67 Vgl. Bischofssynode, Zweite Außerordentliche Generalversammlung (1985), Relazione finale, II. C. 1: L’Osservatore Romano, 10. Dezember 1985, 7.
68 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 26.
69 Nicolas Cabsilas, La vita in Cristo, IV, 10: SCh 355, 270.
70 Weg der Vollkommenheit, c. 35.
71 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 14.
72 Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Brief Communionis notio, 28. Mai 1992, 4: AAS 85 (1993) 839-840.
73 Predigt zu Jesaja 6, 3: PG 56, 139.
74 N. 1385; vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 916; Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen, can. 711.
75 Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der Heiligen Pönitentiarie und an die Beichtväter der römischen Patriarchalbasiliken (30. Januar 1981): AAS 73 (1981) 203. Vgl. Konzil von Trient, Sess. XIII. Decretum de ss. Eucharistia, cap.7 et can 11: DH 1647, 1661.
76 Vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 915; Gesetzbuch der Katholischen Ostkirchen, can. 712.
77 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 14.
78 Heiliger Thomas von Aquin, Summa theologiae, III, q. 73, a. 3c.
79 Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), 11: AAS 85 (1993), 844.
80 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 23.
81 Heiliger Ignatius von Antiochien, Epistola ad Smyrnaeos, 8, 1: J. A. Fischer (Hrsg.), 210.
82 Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 23.
83 Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio Communionis notio (28. Mai 1992), 14: AAS 85 (1993), 847.
84 Sermo 272: PL 38, 1247.
85 Ebd., 1248.
86 Vgl. nn. 31-51: AAS 90 (1998) 731-746.
87 Vgl. ebd., nn. 48-49: AAS 90 (1998) 744.
88 N. 36: AAS 93 (2001) 291-292.
89 Vgl. Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, 1.
90 Vgl. Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 11.
91 „Nos autem omnes, qui de uno pane et calice participamus, iunge ad invicem in unius Spiritus Sancti communionem“ (Byzantinische Anaphora des Basilius von Caesarea: A. Hänggi I. Pahl [Hrsg.], Prex Eucharistica: Textus e variis liturgiis antiquioribus selecti, Fribourg 1968, 239).
92 Vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 908; Gesetzbuch der Katholischen Ostkirchen, can. 702; Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Direktorium für die Ökumene, 25. März 1993, 122-125, 129-131: AAS 85 (1993), 1086-1089; Kongregation für die Glaubenslehre, Brief Ad exsequendam, 18. Mai 2001; AAS (2001), 786.
93 „Wenn eine Communicatio in sacris die Einheit der Kirche verletzt oder wenn sie eine formale Bejahung einer Irrlehre, die Gefahr eines Glaubensabfalls, eines Ärgernisses oder religiöser Gleichgültigkeit in sich birgt, dann ist sie durch göttliches Gesetz verboten“: Dekret Orientalium Ecclesiarum, 26.
94 Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 25. Mai 1995, 45: AAS 87 (1995) 948.
95 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret Orientalium Ecclesiarum, 27.
96 Vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 844 §§ 3-4; Gesetzbuch der Katholischen Ostkirchen, can. 671 §§ 3-4.
97 Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 25. Mai 1995, 46: AAS 87 (1995) 948.
98 Vgl. Ökum. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, 22.
99 Vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, can. 844; Gesetzbuch der Katholischen Ostkirchen, can. 671.
100 Vgl. AAS 91 (1999), 1155-1172.
101 Nr. 22: AAS 92 (2000), 485; vgl. OR (dt.), 30. Jahrgang (2000), Nr. 10, 13.
102 Vgl. Nr. 21: AAS 95 (2003), 20.
103 Nr. 29: AAS 93 (2001) 285.
104 Heiliger Thomas von Aquin, Summa theologiae, III, q. 83, a. 4 c

hl. Papst Johannes Paul II. - Geheimnis und Verehrung der heiligsten Eucharistie
hl. Papst Johannes Paul II. - Mane Nobiscum Domine

Die eucharistische Anbetung wieder lebendig werden lassen
Apostolisches Schreiben „Mane nobiscum Domine“
von Papst Johannes Paul II.
an die Bischöfe, den Klerus und an die Gläubigen zum Jahr der Eucharistie

Einführung

1. „Bleibe bei uns, Herr, denn es will Abend werden“ (vgl. Lk 24, 29). Dies sind die eindringlichen Worte der Einladung, mit denen sich die beiden Jünger, die am Abend des Auferstehungstages nach Emmaus unterwegs sind, an den Wanderer wenden, der sich auf dem Weg zu ihnen gesellt hatte. Mit trüben Gedanken beladen konnten sie sich nicht vorstellen, dass gerade dieser Unbekannte ihr Meister sein würde, der schon von den Toten auferstanden war. Dennoch verspürten sie, während er mit ihnen redete und ihnen den Sinn der Schrift „erschloss“, ein inneres „Brennen“ (vgl. ebd. V. 32). Das Licht des Wortes löste die Blindheit ihres Herzens und ließ ihnen die Augen aufgehen (vgl. ebd. V. 31). Unter den Schatten des zu Ende gehenden Tages und in der Dunkelheit, die ihr Herz zu umhüllen drohte, war jener Wanderer ein Lichtstrahl, der Hoffnung zu wecken vermochte und ihren Geist für den Wunsch nach der Fülle des Lichtes öffnete. „Bleib doch bei uns“, drängten sie ihn. Und er akzeptierte. Kurz darauf war das Antlitz Jesu verschwunden. Der Herr jedoch war „geblieben“, und zwar unter dem Schleier des „gebrochenen Brotes“, vor dem ihnen die Augen aufgegangen waren.

2. Das Bild der Emmausjünger eignet sich gut dafür, einem Jahr Orientierung zu geben, in dem die Kirche sich in besonderer Weise bemühen wird, das Geheimnis der heiligen Eucharistie zu leben. Auf den Straßen unserer Fragen und unserer Unruhe, zuweilen unserer tiefen Enttäuschungen, will der göttliche „Wanderer“ uns weiterhin Gefährte sein, um uns durch die Auslegung der Heiligen Schrift in das Verstehen der Geheimnisse Gottes einzuführen. Wenn die Begegnung mit dem Herrn zur Fülle gelangt, tritt an die Stelle des „Lichtes des Wortes“ jenes Licht, das aus dem „Brot des Lebens“ hervorgeht, mit dem Christus in höchster Form seine Zusage „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ erfüllt (Mt 28, 20).

3. Das „Brotbrechen“, wie die Eucharistie im Anfang genannt wurde, steht von je her im Mittelpunkt des Lebens der Kirche. Mittels ihrer macht Christus durch den Zeitenlauf hindurch das Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung gegenwärtig. In ihr empfangen wir Christus in Person als „das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Joh 6, 51). In Ihm ist uns das Unterpfand des ewigen Lebens gegeben, dank dessen wir das ewige Gastmahl des himmlischen Jerusalem vorauskosten dürfen. Im Gleichklang mit der Lehre der Kirchenväter, der ökumenischen Konzilien und mit meinen Vorgängern habe ich die Kirche mehrfach eingeladen, über die Eucharistie nachzudenken, zuletzt in der Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“. In diesem Schreiben beabsichtige ich daher nicht, die schon dargebotene Lehre erneut vorzulegen, vielmehr verweise ich darauf, damit sie vertieft und aufgenommen wird. Jedenfalls glaube ich, dass es gerade auf dieses Ziel hin sehr hilfreich sein könnte, ein Jahr zu begehen, das ganz diesem wunderbaren Sakrament gewidmet ist.

4. Bekanntlich wird das Jahr der Eucharistie vom Oktober 2004 bis zum Oktober 2005 dauern. Zwei Ereignisse haben mir die günstige Gelegenheit zu dieser Initiative geboten; diese werden entsprechend den Beginn und das Ende des Jahres der Eucharistie markieren: der Internationale Eucharistische Kongress, der vom 10. bis zum 17. Oktober 2004 in Guadalajara (Mexiko) stattfindet, und die Ordentliche Versammlung der Bischofssynode, die sich im Vatikan vom 2. bis zum 29. Oktober 2005 mit dem Thema „Die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche“ beschäftigen wird. Bei meinem Vorhaben hat sodann eine weitere Überlegung nicht gefehlt: In dieses Jahr fällt der Weltjugendtag, der vom 16. bis zum 21. August 2005 in Köln stattfinden wird. Die Eucharistie wird dabei der lebendige Mittelpunkt sein, um den herum – so wünsche ich es – sich die Jugendlichen sammeln, um ihren Glauben und ihren Enthusiasmus zu nähren. Den Gedanken an solch eine eucharistische Initiative trage ich schon länger im Herzen: Tatsächlich stellt sie die natürliche Entwicklung der pastoralen Ausrichtung dar, die ich der Kirche einzuprägen beabsichtigte, besonders seit Beginn der Vorbereitungszeit auf das Große Jubiläum, und die ich dann in den darauf folgenden Jahren wieder aufgegriffen habe.

5. In diesem Apostolischen Schreiben möchte ich die Kontinuität der Ausrichtung unterstreichen, damit es allen leichter wird, ihre geistliche Bedeutung zu erfassen. Hinsichtlich der konkreten Verwirklichung des Jahres der Eucharistie verlasse ich mich auf den persönlichen Einsatz der Hirten der Teilkirchen. Die Verehrung dieses so großen Geheimnisses wird es ihnen nicht daran mangeln lassen, opportune Aktivitäten vorzuschlagen. Meinen Mitbrüdern im Bischofsamt wird es überdies nicht schwer fallen, zu erkennen, dass diese Initiative, die relativ kurz auf den Abschluss des Rosenkranzjahres folgt, sich auf einem derart hohen geistlichen Niveau bewegt, sodass sie in keiner Weise die Pastoralprogramme der einzelnen Diözesen beeinträchtigt. Sie kann diese vielmehr wirksam erleuchten, indem sie sie sozusagen in jenem Mysterium verankert, das die Wurzel und das Geheimnis des geistlichen Lebens der Gläubigen wie ebenso jeder Initiative der Ortskirche ausmacht. Ich verlange daher nicht die Unterbrechung der pastoralen „Wege“, die die einzelnen Kirchen zurücklegen, sondern dass auf ihnen die eucharistische Dimension, die dem ganzen christlichen Leben zu eigen ist, eine Akzentuierung erfahren möge. Ich möchte meinerseits mit diesem Schreiben einige grundlegende Orientierungen anbieten. Dies geschieht in der Hoffnung, dass das Volk Gottes in seinen verschiedenen Gliedern meinen Vorschlag mit Bereitwilligkeit und eifriger Liebe aufnehmen wird.

I. Auf der Linie des Konzils und des Jubiläums

Den Blick auf Christus gerichtet

6. Vor zehn Jahren hatte ich die Freude, mit dem Schreiben Tertio millennio adveniente (10. November 1994) den Weg der Vorbereitung auf das Große Jubiläum des Jahres 2000 aufzuweisen. Ich spürte, dass diese historische Gelegenheit sich am Horizont wie eine große Gnade abzeichnete. Gewiss habe ich mir nicht eingebildet, ein einfacher zeitlicher Übergang – mochte er noch so eindrücklich sein – könne schon selbst große Veränderungen mit sich bringen. Nach dem Beginn des Millenniums zeigte sich leider via facti eine Art rauer Kontinuität der vorausgehenden Ereignisse und oftmals der schlimmsten unter ihnen. Langsam hat so ein Szenarium sichtbare Formen angenommen, dass – neben tröstlichen Perspektiven – düstere Schatten der Gewalt und des Blutes erkennen lässt, die nicht aufhören, uns traurig zu stimmen. Als ich die Kirche einlud, das Jubiläum der zwei Jahrtausende seit der Menschwerdung Gottes zu feiern, war ich fest überzeugt – und ich bin es jetzt mehr denn zuvor! -, auf lange Sicht für die Menschheit zu arbeiten.

Christus steht in der Tat nicht nur im Zentrum der Kirchengeschichte, sondern auch der Menschheitsgeschichte. In ihm wird alles eins (vgl. Eph 1, 10; Kol 1, 15-20). Wie können wir nicht an den Aufbruch denken, mit dem das Zweite Vatikanische Konzil bekannte, indem, es Papst Paul VI. zitierte, dass Christus „das Ziel der menschlichen Geschichte [ist ], der Punkt, auf den hin alle Bestrebungen der Geschichte und der Kultur konvergieren, der Mittelpunkt der Menschheit, die Freude aller Herzen und die Erfüllung ihrer Sehnsüchte“.(1) Die Lehre des Konzils trug zu einer neuen Vertiefung des Wissens um die Natur der Kirche bei, indem es die Herzen der Glaubenden für ein besseres Verstehen der Glaubensgeheimnisse und eben auch der irdischen Wirklichkeit im Lichte Christi öffnete. In Ihm, dem fleischgewordenen Wort, klärt sich nämlich nicht nur das Geheimnis Gottes auf, sondern das Geheimnis des Menschen selbst.(2) In Ihm findet der Mensch Erlösung und Vollendung.

7. In der Enzyklika „Redemptor hominis“ zu Beginn meines Pontifikats habe ich ausführlich diese Thematik behandelt, die ich dann bei verschiedenen anderen Anlässen wieder aufgegriffen habe. Das Jubiläum war der günstige Augenblick, die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf diese grundlegende Wahrheit zu lenken. Die Vorbereitung des großen Ereignisses war ganz trinitarisch und christozentrisch. Bei diesem thematischen Ansatz konnte die Eucharistie gewiss nicht ausgelassen werden. Wenn wir uns heute auf den Weg machen, ein Jahr der Eucharistie zu feiern, erinnere ich gern an das , was ich schon in Tertio millenio adveniente geschrieben habe: „Das Jahr 2000 soll ein intensiv eucharistisches Jahr sein: Im Sakrament der Eucharistie bietet sich der Erlöser, der vor zweitausend Jahren im Schoß Mariens Mensch geworden ist, weiterhin der Menschheit als Quelle göttlichen Lebens dar“.(3) Der Internationale Eucharistische Kongress in Rom verlieh diesem Merkmal des Großen Jubiläums konkreten Ausdruck. Es lohnt sich auch, daran zu erinnern, dass ich mitten in der Vorbereitung auf das Jubiläum im Apostolischen Schreiben „Dies Domini“ das Thema des „Sonntags“ als Tag des auferstandenen Herrn und als besonderer Tag der Kirche den Glaubenden zur Betrachtung vorgeschlagen habe. Damals lud ich alle ein, die Feier der Eucharistie als das Herz des Sonntags wieder zu entdecken.(4)

Mit Maria das Antlitz Christi betrachten

8. Das Erbe des Großen Jubiläums findet sich in gewisser Weise im Apostolischen Schreiben „Novo millennio ineunte“ zusammengestellt. In diesem programmatischen Dokument empfahl ich eine Perspektive des pastoralen Einsatzes, der auf der Betrachtung des Antlitzes Christi gründet, innerhalb einer kirchlichen Pädagogik, die fähig ist, nach dem „hohen Maßstab“ der Heiligkeit zu streben, besonders durch die Kunst des Gebets.(5) Und wie konnte in dieser Perspektive der liturgische Einsatz und in besonderer Weise die Aufmerksamkeit gegenüber dem eucharistischen Leben fehlen? Damals schrieb ich: „Im zwanzigsten Jahrhundert, besonders seit dem Konzil, ist die christliche Gemeinde in der Feier der Sakramente, vor allem der Eucharistie, gewachsen. Man muss diese Richtung weiterverfolgen durch besondere Hervorhebung der sonntäglichen Eucharistiefeier und des Sonntags selbst, der als besonderer Tag des Glaubens, als Tag des auferstandenen Herrn und des Geschenkes des Geistes, als wöchentliches Ostern wahrgenommen wird“.(6) Im Zusammenhang mit der Erziehung zum Gebet forderte ich dann dazu auf, das Stundengebet zu pflegen, durch das die Kirche die verschiedenen Stunden des Tages und den Rhythmus der Zeit in der dem liturgischen Jahr eigenen Gliederung heiligt.

9. Später, mit der Ausrufung des Jahres des Rosenkranzes und der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens „Rosarium Virginis Maria;“, habe ich das Thema der Betrachtung des Antlitzes Christi von der marianischen Perspektive her durch das neuerliche Angebot des Rosenkranzes wieder aufgegriffen. Dieses traditionelle Gebet, vom Lehramt sehr empfohlen und dem Gottesvolk sehr teuer, hat in der Tat eine ausgesprochen biblische und evangeliumsentsprechende Gestalt, die vorwiegend auf den Namen und das Antlitz Jesu hin ausgerichtet ist in der Betrachtung der Geheimnisse und im Wiederholen des Ave Maria. Sein Fortgang in der Wiederholung stellt eine Art Pädagogik der Liebe dar, die dazu dient, den Geist der Liebe selbst zu entfachen, die Maria ihrem Sohn gegenüber hegte. Als weitere Reifung eines jahrhundertealten Weges wollte ich daher, dass. diese bevorzugte Form der Betrachtung in ihren Grundzügen als „Kompendium des Evangeliums“ durch die Eingliederung der lichtreichen Geheimnisse ergänzt, wird. (7) Und wie hätte man nicht die lichtreichen Geheimnisse des Rosenkranzes in der Betrachtung der heiligen Eucharistie gipfeln lassen sollen?

Vom Jahr des Rosenkranzes zum Jahr der Eucharistie

10. Mitten im Jahr des Rosenkranzes veröffentlichte ich die Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, mit der ich das Geheimnis der Eucharistie in seiner untrennbaren und lebenswichtigen Beziehung zur Kirche veranschaulichen wollte. Ich ermahnte alle, das eucharistische Opfer mit dem ihm gebührenden Einsatz zu feiern, während Jesus, gegenwärtig in der Eucharistie , auch außerhalb der Messe ein Kult der Anbetung erwiesen wird, der dem so großen Geheimnis würdig ist. Vor allem warf ich wieder die Forderung nach einer eucharistischen Spiritualität auf, indem ich Maria, die „eucharistische Frau“,(8 ) zum Vorbild gab. Das Jahr der Eucharistie erscheint also vor einem Hintergrund, der von Jahr zu Jahr Bereicherung erfahren hat, wobei er jedoch thematisch immer gut auf Christus und die Betrachtung seines Antlitzes bezogen blieb. In einem gewissen Sinn bietet sich das Eucharistische Jahr als eine Synthese an, als eine Art Höhepunkt des beschrittenen Weges. Vieles könnte gesagt werden, um dieses Jahr gut zu begehen. Ich beschränke mich darauf, einige Perspektiven aufzuzeigen, die allen helfen können, in erleuchteten und fruchtbaren Handlungsweisen zusammenzuwirken.

II. Die Eucharistie als Geheimnis des Lichtes

„Er legte ihnen dar, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht“ (Lk 24, 27)

11. Die Erzählung von der Erscheinung des auferstandenen Jesus vor den zwei Jüngern von Emmaus hilft uns, einen ersten Aspekt des eucharistischen Geheimnisses zu beleuchten, der immer in der Frömmigkeit des Volkes Gottes vorhanden sein muss: die Eucharistie als Geheimnis des Lichtes! Wie kann man dies sagen und welche Folgen ergeben sich daraus für die Spiritualität und das christliche Leben?

Jesus hat sich selbst als „Licht der Welt“ (Joh 8, 12) bezeichnet. Diese Eigenschaft kommt in jenen Augenblicken seines Lebens, in denen seine göttliche Herrlichkeit klar erstrahlt, wie Verklärung und Auferstehung, gut zum Vorschein. In der Eucharistie hingegen ist die Glorie Christi verhüllt. Das Sakrament der Eucharistie ist „mysterium fidei“ schlechthin! Dennoch wird Christus gerade durch das Geheimnis seines völligen Verborgenseins zum Geheimnis des Lichtes, dank dessen der Glaubende in die Tiefe des göttlichen Lebens eingeführt wird. Nicht ohne glückliche Eingebung stellt die Ikone der Dreifaltigkeit von Rublev viel sagend die Eucharistie in die Mitte des dreifaltigen Lebens.

12. Die Eucharistie ist vor allem deshalb Licht, weil in jeder Messe der Wortgottesdienst der Eucharistiefeier in der Einheit der beiden „Tische“ des Wortes und des Brotes vorausgeht. Diese Kontinuität tritt in der eucharistischen Rede des Johannesevangeliums zu Tage, in der die Verkündigung Jesu von der grundlegenden Darlegung seines Geheimnisses zur Veranschaulichung der eigentlich eucharistischen Dimension voranschreitet: „Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank (Joh 6, 55). Wir wissen, dass dieses Wort einen Großteil der Zuhörer in eine Krise stürzte und Petrus veranlasste, sich zum Sprecher des Glaubens der anderen Apostel und der Kirche aller Zeiten zu machen: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6, 68). In der Erzählung der Emmausjünger greift Jesus selbst ein, um zu zeigen, „ausgehend von Mose und allen Propheten“, wie die „gesamte Schrift“ zum Geheimnis seiner Person hinführt (vgl. Lk 24, 27). Seine Worte bringen die Herzen der Jünger zum „Brennen“, sie entziehen sie dem Dunkel der Traurigkeit und der Verzweiflung und wecken in ihnen den Wunsch, bei ihm zu bleiben: „Bleibe bei uns, Herr“ (vgl. Lk 24, 29).

13. In der Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ verlangten die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass der „Tisch des Wortes“ den Gläubigen die Schätze der Schrift reich erschließt.(9) Daher haben sie erlaubt, dass in der Feier der Liturgie insbesondere die biblischen Lesungen in der allen verständlichen Sprache vorgetragen werden. Christus selbst spricht, wenn in der Kirche die Heilige Schrift gelesen wird.(10) Zugleich haben die Konzilsväter dem Zelebranten die Homilie als Teil der Liturgie selbst empfohlen: Sie soll dazu dienen, das Wort Gottes zu veranschaulichen und es auf das christliche Leben hin zu aktualisieren.(11) Vierzig Jahre nach dem Konzil kann das Jahr der Eucharistie ein wichtiger Anlass dafür werden, in den christlichen Gemeinden diesen Aspekt zu überprüfen. Denn es reicht nicht aus, dass die Abschnitte aus der Bibel in verständlicher Sprache vorgetragen werden, wenn die Verkündigung nicht mit jener Sorgfalt und vorausgehenden Vorbereitung, jenem ergebenen Hinhören und besinnlichen Schweigen einhergeht, die nötig sind, damit das Wort Gottes das Leben berührt und es erhellt.

„Sie erkannten ihn, als er das Brot brach“ (vgl. Lk 24, 35)

14. Es ist von Bedeutung, dass die beiden Emmausjünger, die durch die Worte des Herrn entsprechend vorbereitet worden waren, ihn bei Tisch an der einfachen Geste des „Brotbrechens“ erkannten. Wenn einmal der Verstand erleuchtet und das Herz erwärmt ist, dann „sprechen“ die Zeichen. Die Eucharistie vollzieht sich ganz im dynamischen Kontext von Zeichen, die eine dichte und helle Botschaft in sich tragen. Durch die Zeichen öffnet sich in gewisser Weise das Geheimnis dem Auge des Glaubenden.

Wie ich in der Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ betont habe, ist es wichtig, dass kein Aspekt dieses Sakraments vernachlässigt wird. In der Tat steht der Mensch immer in der Versuchung, die Eucharistie auf eigene Gesichtspunkte zu reduzieren; hingegen ist er es, der sich in Wirklichkeit den Dimensionen des Mysteriums öffnen muss. „Die Eucharistie ist ein zu großes Gut, um Zweideutigkeiten und Verkürzungen zu dulden“.(12)

15. Es besteht kein Zweifel, dass unter den verschiedenen Aspekten der Eucharistie jener des Gastmahles am meisten ins Auge fällt. Die Eucharistie entstand im Kontext des Paschamahles am Abend des Gründonnerstages. Daher ist ihrer Struktur die Bedeutung der Tischgemeinschaft eingeschrieben: „Nehmt und esst … Dann nahm er den Kelch … und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: Trinkt alle daraus“ (Mt 26, 26.27). Dieser Aspekt drückt die Gemeinschaftsbeziehung gut aus, die Gott mit uns aufnehmen will und die wir selbst untereinander entfalten müssen.

Dennoch darf nicht vergessen werden, dass das eucharistische Mahl auch und zuerst einen tiefen Opfercharakter besitzt. (13) Christus legt uns darin das Opfer wieder vor, das er ein für allemal auf Golgota dargebracht hat. Wenn er darin auch als Auferstandener gegenwärtig ist, so trägt er doch die Zeichen seines Leidens, zu dessen „Gedächtnis“ jede heilige Messe gefeiert wird. Daran erinnert uns die Liturgie in der Akklamation nach der Wandlung: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir …“. Während die Eucharistie das Vergangene vergegenwärtigt, versetzt sie uns zugleich in die Zukunft der letzten Wiederkunft Christi am Ende der Geschichte. Dieser „eschatologische“ Aspekt verleiht dem eucharistischen Sakrament eine mitreißende Dynamik, die den christlichen Weg mit dem Schritt der Hoffnung ausstattet.

„Ich bin bei euch alle Tage …“ (Mt 28, 20)

16. Diese Dimensionen der Eucharistie verdichten sich in einem Aspekt, der mehr als alle anderen unseren Glauben auf die Probe stellt: das Geheimnis der „Realpräsenz“. Mit der Gesamttradition der Kirche glauben wir, dass unter den eucharistischen Gestalten Jesus wirklich gegenwärtig ist. Es handelt sich um eine Gegenwart – wie Papst Paul Vl. vortrefflich erklärte -, die „wirklich“ genannt wird nicht im ausschließlichen Sinn, als ob die anderen Formen der Gegenwart nicht wirklich wären, sondern hervorhebend, denn kraft der Realpräsenz wird der ganze und vollständige Christus in der Wirklichkeit seines Leibes und seines Blutes substanziell gegenwärtig.(14) Deswegen verlangt der Glaube von uns, vor der Eucharistie zu stehen im Bewusstsein, vor Christus selbst zu stehen. Gerade seine Gegenwart verleiht den übrigen Dimensionen – des Gastmahls, des Pascha-Gedächtnisses, der eschatologischen Vorausnahme – eine Bedeutung, die weit über einen reinen Symbolismus hinausgeht. Die Eucharistie ist das Geheimnis der Gegenwart, durch das sich die Verheißung Christi, immer bei uns zu sein bis ans Ende der Welt, auf höchste Weise verwirklicht.

Feiern, anbeten, betrachten

17. Die Eucharistie – ein großes Geheimnis! Es ist ein Geheimnis, das vor allem gut gefeiert werden muss. Die heilige Messe muss in die Mitte des christlichen Lebens gestellt werden. Jede Gemeinde soll alles tun, um sie gemäß den Vorschriften würdevoll zu feiern, unter Teilnahme des Volkes, wobei von den verschiedenen Diensten in der Ausübung der für sie vorgesehenen Aufgaben Gebrauch gemacht wird. Dazu gehört eine ernste Aufmerksamkeit gegenüber dem Aspekt der Sakralität, die den Gesang und die liturgische Musik kennzeichnen muss. Eine konkrete Aufgabe dieses Jahrs der Eucharistie könnte in jeder Pfarrgemeinde das gründliche Studium der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch sein. Der bevorzugte Weg, um in das Geheimnis der unter den heiligen „Zeichen“ verwirklichten Erlösung eingeführt zu werden, besteht darin, den Ablauf des liturgischen Jahres treu mitzuverfolgen. Die Hirten sollen sich für die den Kirchenvätern so kostbare „mystagogische“ Katechese einsetzen. Sie trägt dazu bei, die Bedeutung der Handlungen und Worte der Liturgie zu entdecken, indem sie den Gläubigen hilft, von den Zeichen zum Geheimnis zu gelangen und in dieses ihr ganzes Dasein mit hineinzunehmen.

18. Insbesondere ist es notwendig, sowohl in der Feier der Messe als auch im eucharistischen Kult außerhalb der Messe das lebendige Bewusstsein der realen Gegenwart Christi zu pflegen, indem Sorgfalt darauf verwendet wird, diese Gegenwart mit dem Ton der Stimme, den Gesten, den Bewegungen, mit der Gesamtheit des Verhaltens zu bezeugen. In diesem Zusammenhang erinnern die Vorschriften – und ich selbst hatte kürzlich die Gelegenheit, dies zu bekräftigen (15) – an die Bedeutung, die den Momenten der Stille sowohl bei der Feier der Eucharistie als auch bei der eucharistischen Anbetung gegeben werden muss. Mit einem Wort, es ist notwendig, dass die Art und Weise des Umgangs mit der Eucharistie seitens der in der Liturgie Mitwirkenden und der Gläubigen von tiefem Respekt geprägt sind.(16) Die Gegenwart Jesu im Tabernakel muss ein Anziehungspunkt für eine immer größere Anzahl von Seelen sein, die von Liebe zu ihm erfüllt sind und fähig sind, lange da zu bleiben, um seine Stimme zu hören und gleichsam seinen Herzschlag zu spüren. „Kostet und seht, wie gütig der Herr ist“ (Ps 34, 9).

Die eucharistische Anbetung außerhalb der heiligen Messe soll während dieses Jahres zu einer besonderen Aufgabe für die einzelnen Pfarrgemeinden und Ordensgemeinschaften werden. Verweilen wir lange auf den Knien vor dem in der Eucharistie gegenwärtigen Herrn, indem wir mit unserem Glauben und unserer Liebe die Nachlässigkeit, die Vergessenheit und sogar die Beleidigungen wiedergutmachen, die unser Erlöser in vielen Teilen der Welt erleiden muss. Vertiefen wir in der eucharistischen Anbetung unsere persönliche und gemeinschaftliche Betrachtung, indem wir uns auch der Gebetshilfen bedienen, die vom Wort Gottes und von der Erfahrung vieler alter und neuer Mystiker durchdrungen sind. Selbst der Rosenkranz – verstanden in seiner tiefen biblischen und christozentrischen Bedeutung, die ich im Apostolischen Schreiben „Rosarium Virginis Mariae“ ans Herz gelegt habe – kann ein Weg sein, der für die eucharistische Betrachtung besonders geeignet ist, wird sie doch in Gemeinschaft mit Maria und in der Schule Mariens vollzogen.(17)

Das Hochfest Fronleichnam mit seiner traditionellen Prozession soll in diesem Jahr mit besonderer Inbrunst begangen werden. Der Glaube an Gott, der in seiner Menschwerdung zum Gefährten auf unserer Reise wurde, soll überall verkündet werden, besonders auf unseren Straßen und in unseren Häusern als Ausdruck unserer dankbaren Liebe und als Quelle unerschöpflichen Segens.

III. Die Eucharistie als Quelle und Epiphanie der Gemeinschaft

„Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“ (Joh 15, 4)

19. Auf die Bitte der Jünger von Emmaus, „bei“ ihnen zu bleiben, antwortet Jesus mit einem viel größeren Geschenk: Durch das Sakrament der Eucharistie fand er Gelegenheit, „in“ ihnen zu bleiben. Die Eucharistie empfangen bedeutet in tiefe Gemeinschaft mit Jesus eintreten. „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“ (Joh 15, 4). Diese Beziehung eines zuinnersten, wechselseitigen „Verbleibens“ erlaubt uns in gewisser Weise, den Himmel auf der Erde vorwegzunehmen.

Ist dies nicht das größte Verlangen des Menschen? Ist es nicht das, was Gott sich vorgenommen hat in der Verwirklichung seines Heilsplans in der Geschichte? Er hat in das Herz des Menschen den „Hunger“ nach seinem Wort gelegt (vgl. Am 8, 11), einen Hunger, der nur in der vollen Einheit mit ihm gestillt werden wird. Die eucharistische Gemeinschaft ist uns geschenkt, um uns auf dieser Erde an Gott zu „sättigen“ in Erwartung der vollen Befriedigung im Himmel.

Ein Brot, ein Leib

20. Diese besondere Vertrautheit aber, die sich in der eucharistischen „Gemeinschaft“ mit dem Herrn vollzieht, kann außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft weder richtig verstanden noch voll gelebt werden. Dies alles habe ich in der Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ mehrfach hervorgehoben. Die Kirche ist der Leib Christi: Man ist in dem Maß „mit Christus“ auf dem Weg, in dem man in Beziehung „zu seinem Leib“ steht. Um diese Einheit zu bilden und zu fördern, trägt Christus mit der Ausgießung des Heiligen Geistes Sorge. Und er selbst hört nicht auf, diese Einheit durch seine eucharistische Gegenwart zu nähren. Es ist wirklich das eine eucharistische Brot, das uns zu dem einen Leib vereint. Dies bekräftigt schon der Apostel Paulus: „Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot“ (1 Kor 10, 17). Im eucharistischen Geheimnis baut Christus die Kirche als Gemeinschaft auf gemäß dem höchsten, im hohepriesterlichen Gebet beschworenen Vorbild: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Job 17, 21).

21. Wenn die Eucharistie die Quelle der kirchlichen Einheit ist, dann ist sie auch deren höchster Ausdruck. Die Eucharistie ist die Epiphanie der Gemeinschaft. Deswegen stellt die Kirche Bedingungen für die vollgültige Teilnahme an der Feier der Eucharistie.(18) Die verschiedenen Einschränkungen sind dazu da, damit wir uns immer mehr bewusst werden, welche Erfordernisse die Gemeinschaft verlangt, die Jesus von uns erbittet. Diese ist eine hierarchische Gemeinschaft, die auf dem Bewusstsein der verschiedenen Aufgaben und Dienste beruht und auch im eucharistischen Hochgebet durch die Erwähnung des Papstes und des Diözesanbischofs ständig bekräftigt wird. Sie ist eine brüderliche Gemeinschaft, die mit einer „Spiritualität der Gemeinschaft“ gepflegt werden will, welche uns zu einer Gesinnung von gegenseitiger Öffnung, Zuneigung, Verständnis und Vergebung bewegt.(19)

22. Bei jeder heiligen Messe sind wir aufgerufen, uns am Ideal der Gemeinschaft messen zu lassen, das das Buch der Apostelgeschichte als Vorbild für die Kirche aller Zeiten umreißt. Es ist die um die Apostel gesammelte Kirche, die vom Wort Gottes zusammengerufen ist und fähig ist zu einem Teilen, das nicht nur die geistlichen, sondern auch die materiellen Güter selbst betrifft (Apg 2, 42-47; 4, 32-35). In diesem Jahr der Eucharistie lädt uns der Herr ein, uns so weit als möglich diesem Ideal anzunähern. Mit besonderem Einsatz sollen die Momente begangen werden, die schon von der Liturgie des „Stationsgottesdienstes“ vorgeschlagen werden, bei dem der Bischof in der Kathedrale mit seinen Priestern und Diakonen zelebriert, unter Teilnahme des Volkes Gottes in all seinen Gliedern. Hier hauptsächlich „manifestiert“ sich die Kirche.(20) Es ist aber lobenswert, andere bedeutungsreiche Gelegenheiten festzulegen, auch auf Pfarrebene, damit der Gemeinschaftssinn wächst, der aus der Eucharistiefeier neue Inbrunst bezieht.

Der Tag des Herrn

23. Es ist mein besonderer Wunsch, dass in diesem Jahr ein spezieller Einsatz unternommen werde, um den Sonntag als Tag des Herrn und Tag der Kirche neu zu entdecken und voll zu begehen. Glücklich wäre ich, wenn man neu darüber nachdächte, was ich bereits im Apostolischen Schreiben „Dies Domini“ ausgeführt habe. „In der Tat erleben die Christen in der Sonntagsmesse auf besonders intensive Weise wieder die Erfahrung, die von den versammelten Aposteln am Abend des ersten Tages der Woche gemacht wurde, als sich ihnen der Auferstandene zeigte (vgl. Joh 20, 19). In jener kleinen Kerngruppe von Jüngern, in der Frühzeit der Kirche, war in gewisser Weise das Gottesvolk aller Zeiten gegenwärtig“.(21) Während dieses Gnadenjahres mögen die Priester in ihrem seelsorglichen Einsatz eine noch größere Aufmerksamkeit der Sonntagsmesse als jener Feier schenken, bei der sich die Pfarrgemeinde gesammelt wiederfindet. Sie sieht dabei gewöhnlich auch die verschiedenen Gruppen, Bewegungen und Vereinigungen teilnehmen, die es in ihr gibt.

 

IV. Die Eucharistie als Prinzip und Plan der“ Mission „

„Noch in derselben Stunde brachen sie auf“ (Lk 24, 33)

24. Nachdem die beiden Emmausjünger den Herrn erkannt hatten, brachen sie noch in derselben Stunde auf (vgl. Lk 24, 33), um über das Gesehene und Gehörte zu berichten. Wer eine wahre Erfahrung des Auferstandenen gemacht hat und sich durch seinen Leib und sein Blut nährt, kann die erlebte Freude nicht für sich behalten. Die Begegnung mit Christus, die in der Vertrautheit mit der Eucharistie stetig vertieft wird, erweckt in der Kirche und in jedem Christen den Drang zum Zeugnisgeben und zur Evangelisierung. Dies habe ich in der Predigt hervorgehoben, mit der ich das Jahr der Eucharistie ankündigte. Ich zitierte die Worte des heiligen Paulus: „Sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1 Kor 11, 26). Der Apostel setzt das Mahl und die Verkündigung in eine enge Beziehung zueinander: In Gemeinschaft mit Christus im Ostergedächtnis zu treten heißt zugleich, die Verpflichtung zu spüren, Boten und Verkünder des Ereignisses zu werden, das durch diesen Ritus vergegenwärtigt wird. (22) Die Entlassung am Schluss jeder Messe stellt einen Auftrag dar, welcher den Christen zum Einsatz für die Verbreitung des Evangeliums und die christliche Beseelung der Gesellschaft drängt.

25. Für diese Sendung gibt die Eucharistie nicht nur die innere Kraft, sondern liefert auch – in gewissem Sinne – den Plan . Die Eucharistie ist wirklich eine Seinsweise, die von Jesus auf jeden Christen übergeht und durch sein bzw. ihr Zeugnis in die Gesellschaft und in die Kultur ausstrahlen möchte. Damit das geschieht, ist es nötig, dass jeder Gläubige in der persönlichen wie der gemeinschaftlichen Betrachtung die Werte in sich aufnimmt, welche die Eucharistie ausdrückt, die Geisteshaltung, die sie anregt, und die Lebensvorsätze, die sie auslöst. Ist hierin nicht auch der besondere Auftrag zu sehen, der aus dem Jahr der Eucharistie entspringen könnte?

Dank sagen

26. Ein grundsätzliches Element dieses Plans ergibt sich aus der Bedeutung des Wortes „Eucharistie“ selbst: Danksagung . In Jesus, in seiner Hingabe, in seinem bedingungslosen „Ja“ zum Willen des Vaters fußt das „Ja“, das „Danke“, das „Amen“ der ganzen Menschheit. Die Kirche ist aufgerufen, die Menschen an diese große Wahrheit zu erinnern. Es ist dringend erforderlich, dies vor allem in unserer säkularisierten Welt zu tun, die in Gottvergessenheit lebt und eine eitle Selbstgenügsamkeit des Menschen pflegt. Dem eucharistischen Plan im Alltag, dort, wo wir arbeiten und leben – in der Familie, in der Schule, in der Fabrik wie in den verschiedensten Lebensbedingungen -, eine Gestalt zu geben, heißt unter anderem zu bezeugen, dass sich die menschliche Wirklichkeit nicht ohne Bezug zum Schöpfer begründen lässt: „Denn das Geschöpf sinkt ohne den Schöpfer ins Nichts“.(23) Der übernatürliche Bezug, der uns zu einem ewigen „Danke“ für alles , was wir haben und sind, – also zu einer eucharistischen Haltung – verpflichtet, beeinträchtigt nicht die legitime Autonomie der irdischen Wirklichkeiten,(24) sondern begründet sie in einer viel wahreren Weise, indem sie sie zugleich in ihren rechten Grenzen einordnet.

In diesem Jahr der Eucharistie setze man sich von Seiten der Christen dafür ein, mit größerer Kraft die Gegenwart Gottes in der Welt zu bezeugen. Wir sollen keine Furcht haben, von Gott zu reden und die Zeichen des Glaubens auf hoher Stirn zu tragen. Die „Kultur der Eucharistie“ fördert eine Kultur des Dialogs, die in ihr Kraft und Nahrung findet. Hier irren diejenigen, die meinen, dass der öffentliche Verweis auf den Glauben ein Angriff auf die rechte Autonomie des Staates und der öffentlichen Einrichtungen sei oder dass dieser sogar zu einer Haltung der Intoleranz ermutigen könne. Wenn es auch in der Vergangenheit unter den Gläubigen nicht an Fehlern in diesem Bereich gemangelt hat – wie ich anlässlich des Jubiläums bekannt habe -, so kann man dies nicht den „christlichen Wurzeln“ anlasten, sondern der Inkohärenz der Christen gegenüber ihren eigenen Wurzeln. Wer auf Art des gekreuzigten Christus „Danke“ sagen lernt, kann ein Märtyrer werden, aber nie ein Peiniger.

Der Weg der Solidarität

27. Die Eucharistie ist nicht nur ein Ausdruck der Lebensgemeinschaft der Kirche, sondern auch ein Projekt der Solidarität für die gesamte Menschheit. Die Kirche erneuert beständig in der Feier der Eucharistie ihr Bewusstsein, „Zeichen und Werkzeug“ nicht nur der inneren Gemeinschaft mit Gott, sondern auch der Einheit des ganzen Menschengeschlechtes zu sein.(25) Jede Messe, auch wenn sie im Verborgenen und in einer abgelegenen Region der Erde gefeiert wird, trägt immer das Zeichen der Universalität. Der an der Eucharistie teilnehmende Christ lernt daraus, sich zum Förderer von Gemeinschaft, Frieden und Solidarität zu machen, und zwar in allen Lebensumständen. Das zerrissene Bild unserer Welt, die das neue Jahrtausend mit einem Spektrum von Terrorismus und Kriegstragödien begonnen hat, ruft die Christen mehr denn je dazu auf, die Eucharistie wie eine große Schule der Liebe zu leben, in der sich Männer und Frauen bilden, die auf verschiedenen Verantwortungsebenen im sozialen, kulturellen und politischen Leben Strukturen des Dialogs und der Gemeinschaft weben.

Im Dienst an den Geringsten

28. Es gibt noch einen Punkt, auf den ich die Aufmerksamkeit lenken möchte, weil sich an ihm in beträchtlichem Maße die Echtheit der Teilnahme an der Eucharistie erweist, die in der Gemeinde gefeiert wird: es ist der Anstoß, den die Gemeinde aus ihr im Hinblick auf einen tatkräftigen Einsatz für die Errichtung einer gerechteren und brüderlichen Welt bezieht. In der Eucharistie hat unser Gott seine Liebe bis aufs äußerste gezeigt, indem er alle Kriterien der Herrschaft, die zu oft die menschlichen Beziehungen bestimmen, umkehrt und in radikaler Weise das Kriterium des Dienstes formuliert: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (Mk 9, 35). Nicht von ungefähr finden wir im Johannesevangelium den Einsetzungsbericht der Eucharistie nicht, wohl aber den der „Fußwaschung“ (vgl. Joh 13, 1-20): Indem er sich herabbeugt, um die Füße seiner Jünger zu waschen, erklärt Jesus in unmissverständlicher Weise den Sinn der Eucharistie. Der heilige Paulus betont mit Nachdruck, dass eine Feier der Eucharistie nicht zulässig ist, wenn in ihr nicht die im konkreten Teilen mit den Ärmsten bezeugte Nächstenliebe aufleuchtet (vgl. 1 Kor 11, 17-22.27-34).

Warum sollte in diesem Jahr der Eucharistie nicht ein Zeitraum geschaffen werden, in dem die Diözesen und Pfarrgemeinden sich in besonderer Weise dafür einsetzen, dass jeder der vielen Armutserscheinungen in unserer Welt mit brüderlicher Anstrengung begegnet wird? Ich denke an das Drama des Hungers, der hundert Millionen Menschen quält, ich denke an die Krankheiten, welche die Entwicklungsländer geißeln, ich denke an die Einsamkeit vieler älterer Mitmenschen, an die Beschwernisse der Arbeitslosen und an die Widrigkeiten, mit denen die Immigranten konfrontiert sind. Diese Übel kennzeichnen – wenn auch in unterschiedlichem Maße – selbst die reichen Länder. Wir können uns nicht täuschen: an der gegenseitigen Liebe und insbesondere an der Sorge für die Bedürftigen erkennt man uns als wahre Jünger Christi (vgl. Joh 13, 35; Mt 25, 31-46). Dies ist das Kriterium, auf Grund dessen die Echtheit unserer Eucharistiefeiern überprüft wird.

Schluss

29. O Sacrum Convivium, in quo Christus sumitur! Das Jahr der Eucharistie erwächst aus dem Staunen, mit dem die Kirche diesem großen Geheimnis begegnet. Es ist ein Staunen, das nicht aufhört, meinen Geist zu erfüllen. Die Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ ist daraus entstanden. Ich empfinde es als eine große Gnade im beginnenden siebenundzwanzigsten Jahr meines Petrusamtes, dass ich nun die ganze Kirche dazu aufrufen kann, dieses unaussprechliche Sakrament in besonderer Weise zu betrachten, zu preisen und anzubeten. Das Jahr der Eucharistie sei für alle eine kostbare Gelegenheit für ein erneuertes Bewusstsein dieses unvergleichlichen Schatzes, den Christus seiner Kirche anvertraut hat. Es sei ein Ansporn für eine lebendigere und innigere Feier der Eucharistie, aus der ein von der Liebe durchdrungenes christliches Leben entspringen möge.

Viele Initiativen könnten in dieser Hinsicht nach dem Urteil der Hirten der Teilkirchen verwirklicht werden. Die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wird es nicht versäumen, dazu nützliche Empfehlungen und Vorschläge zu machen. Ich erwarte nicht, dass man außergewöhnliche Dinge unternimmt. Alle Initiativen seien aber von einer tiefen Innerlichkeit geprägt. Wenn die Frucht dieses Jahres auch nur in der Verlebendigung der Feier der Sonntagsmesse und in der Förderung der eucharistischen Anbetung außerhalb der heiligen Messe in allen christlichen Gemeinschaften bestünde, hätte dieses Gnadenjahr ein bedeutsames Ergebnis erreicht. Es ist gut, nach hohen Zielen zu streben und sich nicht mit dem Mittelmaß zufrieden zu geben, da wir immer auf Gottes Hilfe zählen können.

30. Euch, liebe Mitbrüder im Bischofsamt, vertraue ich dieses Jahr in der Gewissheit an, dass ihr meine Einladung mit eurem ganzen apostolischen Eifer annehmen werdet.

Ihr Priester, die ihr täglich neu die Konsekrationsworte sprecht und Zeugen wie Künder des großen, sich in euren Händen vollziehenden Geheimnisses der Liebe seid, lasst euch ansprechen von der Gnade dieses besonderen Jahres, indem ihr jeden Tag die heilige Messe mit der Freude und der Inbrunst des ersten Mals feiert und gerne im Gebet vor dem Tabernakel verharrt.

Dies sei ein Gnadenjahr für euch Diakone, die ihr ganz nahe am Dienst des Wortes und am Dienst des Altars teilnehmt. Auch ihr Lektoren, Akolythen und außerordentliche Kommunionhelfer: Seid euch der Gabe bewusst, die euch mit den euch anvertrauten Aufgaben im Hinblick auf eine würdige Feier der Eucharistie gemacht wird.

Besonders wende ich mich an euch, zukünftige Priester: Sucht im Seminarleben die Erfahrung zu machen, wie schön es ist, nicht nur täglich an der heiligen Messe teilzunehmen, sondern lange im Zwiegespräch mit dem eucharistischen Jesus zu verweilen.

Ihr Ordensleute seid durch eure Weihe an Gott zu einer längeren und tieferen Betrachtung gerufen. Erinnert euch, dass Jesus im Tabernakel euch an seiner Seite erwartet, um in eure Herzen jene innere Erfahrung seiner Freundschaft einfließen zu lassen, die eurem Leben allein Sinn und Erfüllung geben kann.

Ihr Gläubigen alle, entdeckt das Geschenk der Eucharistie neu als Licht und Kraftquelle für euer tägliches Leben in der Welt, in der Ausübung der jeweiligen Berufe und im Kontakt mit den verschiedensten Situationen. Entdeckt dieses Geschenk wieder neu, um ganz und gar die Familie in ihrer Schönheit und Aufgabe zu leben.

Sehr viel erwarte ich schließlich von euch, liebe Jugendliche, während ich unsere Verabredung für den Weltjugendtag in Köln in Erinnerung rufe. Das Thema „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten“ (vgl. Mt 2, 2) eignet sich in besonderer Weise dafür, um euch die rechte Haltung nahezubringen, wie wir dieses eucharistische Jahr leben können. Bringt zu diesem Treffen mit dem unter dem eucharistischen Schleier verborgenen Jesus die ganze Begeisterung eurer Jugend, eurer Hoffnung und eurer Liebesfähigkeit mit!

31. Vor unseren Augen sind die Beispiele der Heiligen, die in der Eucharistie die Nahrung für ihren Weg der Vollkommenheit gefunden haben. Wie oft haben sie Tränen der Ergriffenheit in der Erfahrung eines so großen Geheimnisses vergossen und welch unsagbare Stunden „hochzeitlicher“ Freude haben sie vor dem Altarssakrament verbracht! Es helfe uns vor allem die heilige Jungfrau Maria, die mit ihrer ganzen Existenz die Logik der Eucharistie verkörpert hat. „Die Kirche, die auf Maria wie auf ihr Urbild blickt, ist berufen, sie auch in ihrer Beziehung zu diesem heiligsten Mysterium nachzuahmen“.(26) Das eucharistische Brot, das wir empfangen, ist das makellose Fleisch des Sohnes: „Ave verum Corpus natum de Maria Virgine“. In diesem Gnadenjahr möge die Kirche mit der Hilfe Marias neuen Elan für ihre Mission erhalten und in der Eucharistie immer mehr die Quelle und den Höhepunkt ihres ganzen Lebens erkennen.

Allen erteile ich als Unterpfand der Gnade und der Freude meinen Segen.

Aus dem Vatikan, am 7. Oktober, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz, im Jahr 2004, dem sechsundzwanzigsten meines Pontifikats.
Johannes Paul II.

 

Fußnoten

(1) Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute (Gaudium et spes, 45).

(2) Vgl. ebd., 22.

(3) Nr. 55: AAS 87 (1995), 38.

(4) Vgl. Nm. 32-34: AAS 90 (1998), 732-734.

(5) Vgl. Nm. 30-32: AAS 93 (2001), 287-289.

(6) Ebd., 35: a.a.O., 290-291.

(7) Vgl. Apostolisches Schreiben Rosarium Virginis Marias (16. Oktober 2002), 19.21: AAS 95 (2003), 18-20.,

(8) Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 53: AAS 95 (2003), 469.

(9) Vgl. Nr. 51. (10) Vgl. ebd., ‚7. (11) Vgl. ebd., 52.

(12) Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 10: AAS 95 (2003), 439.

(13) Vgl. Johannes. Paul II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 10: AAS 95 (2003), 439; Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instruktion Redemptionis Sacramen tum über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind (25. März 2004), 38: L’Osservatore Romano, 24. April 2004, Suppl., S. 3.

(14) Vgl. Enzyklika Mysterium fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965), 764; Heilige Ritenkongregation, Instruktion Eucharisticum mysterium über den Kult des eucharistischen Mysteriums, 9: AAS 59 (1967), 547.

(15) Vgl. Botschaft Spiritus et Sponsa zum 40. Jahrestag der Konstitution Sacrosanctum Concilium über die heilige Liturgie (4. Dezember 2003), 13: AAS 96 (2004 ), 425.

(16) Vgl. Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Instruktion Redemptionis Sacramentum über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind (25. März 2004): L’Osservatore Romano, 24. April 2004, Suppl.

(17) Vgl. ebd., 137: a.a.O., S. 7.

(18) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 44: AAS 95 (2003), 462; Codex des kanonischen Rechtes, can. 908; Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen, can. 702; Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Directorium (Ecumenicorum (25. März 1993), 122-125.129-131: AAS 85 (1993), 1086-1089; Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben Ad exsequendam (18. Mai 2001): AAS 93 (2001), 786.

(19) Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2004), 43: AAS 93 (2001), 297.

(20) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 41.

(21) Nr. 33: AAS 90 (1998), 733.

(22) Vgl. Homilie zum Hochfest des Leibes und Blutes Christi (10. Juni 2004), 1: L’Osservatore Romano, 11.-12. Juni 2004, S. 6.

(23) Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 36.

(24) Vgl. ebd.

(25) Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.

(26) Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia (17. April 2003), 53: AAS 95 (2003), 469.

hl. Papst Paul VI. - Credo des Gottesvolkes

Feierliches Glaubensbekenntnis Papst Pauls VI.
vom 30. Juni 1968 (nach dem XXI. Ökumenischen Konzil)
Credo des Volkes Gottes

Papst Paul VI. hat nach dem Konzil dieses eindrucksvolle Glaubensbekenntnis formuliert und dabei auch den Glauben der Kirche zur anbetungswürdigen Gegenwart Jesu im Allerheiligsten Altarsakrament bekannt. Wir bringen hier nur die Ausschnitte, die sich auf die Eucharistie und die Anbetung beziehen.

29. Messe und Kreuzesopfer

Wir glauben, dass die heilige Messe, wenn sie vom Priester, der die Person Christi darstellt, kraft der durch das Weihesakrament empfangenen Gewalt gefeiert und im Namen Jesu Christi und der Glieder Seines mystischen Leibes dargebracht wird, das Opfer von Calvaria ist, das auf unseren Altären sakramental vergegenwärtigt wird.

30. Christus im Sakrament

Wir glauben, dass in der Weise, wie Brot und Wein vom Herrn beim letzten Abendmahl konsekriert und in Seinen Leib und Sein Blut verwandelt worden sind, die Er für uns am Kreuze geopfert hat, auch Brot und Wein, wenn sie vom Priester konsekriert werden, in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden, der glorreich in den Himmel aufgefahren ist. Und wir glauben, dass die geheimnisvolle Gegenwart des Herrn unter den äußeren Gestalten, die für unsere Sinne in derselben Weise wie vorher fortzubestehen scheinen, eine wahre, wirkliche und wesentliche Gegenwart ist.

31. Wirkliche Wesensverwandlung …

Christus kann in diesem Sakrament nicht anders gegenwärtig sein als durch Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in Seinen Leib und die Verwandlung der ganzen Substanz des Weines in Sein Blut. Dabei bleiben nur die Gestalten von Brot und Wein, wie sie unsere Sinne wahrnehmen, unverändert erhalten. Diese geheimnisvolle Verwandlung nennt die Kirche auf sehr treffende Weise Transsubstantiation (Wesensverwandlung).

32. … unabhängig von unserem Denken

Jede theologische Erklärung, die sich um das Verständnis dieses Geheimnisses bemüht, muss, um mit unserem Glauben übereinstimmen zu können, daran festhalten, dass Brot und Wein de

r Substanz nach, in der objektiven von unserem Denken unabhängigen Wirklichkeit, nach der Konsekration zu bestehen aufgehört haben, so dass nunmehr der anbetungswürdige Leib und das anbetungswürdige Blut unseres Herrn vor uns gegenwärtig sind – unter den sakramentalen Gestalten von Brot und Wein. So hat es der Herr gewollt, um sich uns zur Speise zu geben und uns einzugliedern in die Einheit Seines mystischen Leibes.

33. Der verklärte Christus

Das eine und unteilbare Dasein des verklärten Herrn im Himmel wird damit keineswegs vervielfältigt. Es ist durch das Sakrament vergegenwärtigt an den vielen Orten der Erde, wo das Meßopfer dargebracht wird.

34. … bleibend im Sakrament

Diese gleiche Gegenwart bleibt auch nach der Feier des heiligen Opfers im allerheiligsten Sakrament fortbestehen, das im Tabernakel aufbewahrt wird, der die Herzmitte unserer Kirchen ist. Es ist uns eine heilige Pflicht, das fleischgewordene Wort, das unsere Augen nicht erblicken können und das, ohne den Himmel zu verlassen, sich uns vergegenwärtigt, in der heiligen Hostie, die unsere Augen sehen können, anzubeten und zu verehren.

Dieser Auszug stammt aus der Webseite von Padre Alex, hier auch der gesamte Text dieses Glaubensbekenntnisses: www.padre.at/credo.htm

hl. Papst Paul VI. - Mysterium Fidei

An die ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe, und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle leben, und dem Klerus und den Gläubigen des ganzen Erdkreises

PAPST PAUL VI.

Gruß und Apostolischen Segen!

Ehrwürdige Brüder!

Das unaussprechliche Geheimnis des Glaubens , nämlich das Geschenk der Eucharistie, das sie von ihrem Bräutigam Christus als Unterpfand seiner Liebe empfangen hat, hat die katholische Kirche gleichsam als ihren kostbarsten Schatz stets treu bewahrt und ihm im Zweiten Vatikanischen Konzil eine neue und sehr ehrfürchtige, feierliche Bezeugung des Glaubens und des Kultes erwiesen.

Bei der Erneuerung der Liturgie hielten die Konzilsväter in ihrer Sorge für das Wohl der Gesamtkirche nichts für wichtiger, als die Gläubigen zu ermahnen, daß sie mit unversehrtem Glauben und größter Frömmigkeit aktiv an der Feier dieses hochheiligen Geheimnisses teilnehmen und dieses gemeinsam mit dem Priester Gott als Opfer für das eigene und das Heil der ganzen Welt darbringen und sich von ihm wie von einer geistigen Speise nähren.

Wenn die heilige Liturgie im Leben der Kirche den ersten Platz einnimmt, so ist das eucharistische Mysterium gleichsam das Herz und der Mittelpunkt der Liturgie, weil es der Lebensquell ist, der uns reinigt und stärkt, damit wir nicht mehr für uns, sondern für Gott leben und untereinander geeint sind durch die engsten Bande der Liebe.

Damit aber das unauflösliche Band zwischen Glaube und Frömmigkeit offenbar werde, wollten die Konzilsväter als Bestätigung der Lehre, die die Kirche immer festgehalten und gelehrt und die das Konzil von Trient feierlich definiert hat, diese Lehrzusammenfassung dem Abschnitt über das hochheilige eucharistische Geheimnis voranstellen: “Unser Erlöser hat beim letzten Abendmahl in der Nacht, da er überliefert wurde, das eucharistische Opfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, um dadurch das Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch bis zu seiner Wiederkunft fortdauern zu lassen und so der Kirche, seiner geliebten Braut, eine Gedächtnisfeier seines Todes und seiner Auferstehung anzuvertrauen: das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen der Einheit, das Band der Liebe, das Ostermahl, in dem Christus genossen, das Herz mit Gnade erfüllt und uns das Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegeben wird” (Konst. De Sacra Liturgia, c. 2, n. 47, AAS 56 [1964] S. 113).

Mit diesen Worten werden zugleich das Opfer, das zum Wesen der täglichen Meßfeier gehört, und das Sakrament hervorgehoben, an dem die Gläubigen durch die heilige Kommunion teilhaben, indem sie das Fleisch Christi essen und sein Blut trinken und die Gnade empfangen, die der Vorbeginn des ewigen Lebens und das “Heilmittel der Unsterblichkeit” ist nach den Worten des Herrn: “Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben und den werde ich auferwecken am jüngsten Tage” (Joh. 6, 54).

Wir hoffen fest, daß aus der Liturgiereform reiche Früchte eucharistischer Frömmigkeit hervorgehen, damit die heilige Kirche unter diesem heilbringenden Zeichen der Frömmigkeit täglich fortschreite auf dem Wege zur vollkommenen Einheit (vgl. Joh. 17, 2 3) und alle, die sich Christen nennen, zur Einheit im Glauben und in der Liebe einlade und sie mit Hilfe der Gnade milde an sich ziehe.

Es will Uns scheinen, daß Wir in der großen Freude und Bereitschaft, mit der die Gläubigen der katholischen Kirche die Konstitution über die Liturgiereform aufgenommen haben, und auch in den vielen und guten Veröffentlichungen, die sich eine tiefere Erforschung und eine fruchtbarere Kenntnis der Lehre über die heilige Eucharistie, besonders was ihre Beziehung zum Geheimnis der Kirche betrifft, zum Ziele gesetzt haben, diese Früchte sehen und die Erstlingsgaben erhalten.

All dies ist für Uns ein Grund nicht geringer Tröstung und Freude, die Wir sehr gerne mit Euch, ehrwürdige Brüder, teilen möchten , damit Ihr mit Uns Gott, dem Geber alles Guten, dankt, der durch seinen Geist die Kirche lenkt und an Tugend zunehmen läßt.

Gründe pastoraler Sorge und Beunruhigung

Jedoch gibt es, ehrwürdige Brüder, gerade in der Sache, von der Wir sprechen, Gründe für ernste pastorale Sorge und Beunruhigung, über die zu schweigen Uns Unser Apostolisches Amt im Gewissen nicht gestattet.

Denn Wir haben erfahren, daß es unter denen, die über dieses hochheilige Geheimnis sprechen und schreiben, einige gibt, die über die Privatmessen, das Dogma der Wesensverwandlung und den eucharistischen Kult solche Ansichten verbreiten, daß sie die Gläubigen beunruhigen und in ihnen nicht geringe Verwirrung bezüglich der Glaubenswahrheiten verursachen, als ob es jedem gestattet wäre, eine von der Kirche einmal definierte Lehre in Vergessenheit geraten zu lassen oder sie in einer Weise zu erklären, daß die wahre Bedeutung der Worte oder die geltenden Begriffe abgeschwächt werden.

Es ist, um ein Beispiel anzuführen, nicht erlaubt, die sogenannte Messe “in Gemeinschaft” so herauszustellen, daß die privat zelebrierten Messen an Bedeutung verlieren. Auch darf man das sakramentale Zeichen nicht so pressen, als ob die Symbolbedeutung, die nach der Meinung aller in der heiligen Eucharistie vorhanden ist, die Gegenwart Christi in diesem Sakrament erschöpfend zum Ausdruck bringe. Gleichfalls ist es nicht gestattet, über das Geheimnis der Wesensverwandlung zu sprechen, ohne die wunderbare Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in den Leib und der ganzen Substanz des Weines in das Blut Christi zu erwähnen, von der das Konzil von Trient spricht, und sich nur, wie man sagt, auf die “Transsignifikation” oder “Transfinalisation” zu beschränken. Schließlich geht es nicht an, eine Ansicht zu vertreten und zu praktizieren, derzufolge unser Herr Jesus Christus in den konsekrierten und nach der Feier des Meßopfers übriggebliebenen Hostien nicht mehr gegenwärtig wäre.

Jeder sieht, wie in solchen oder ähnlichen in Umlauf gesetzten Ansichten der Glaube und der Kult der heiligen Eucharistie schwer verletzt werden.

Damit also die vom Konzil geweckte Hoffnung eines neuen Lichtes für die eucharistische Frömmigkeit, die die ganze Kirche beseelte, nicht zuschanden und durch die schon vorbereiteten falschen Meinungen ausgehöhlt werde, haben Wir Uns entschlossen, zu Euch, ehrwürdige Brüder, über diese wichtige Sache zu sprechen und Euch kraft apostolischer Autorität mitzuteilen, was Wir davon halten.

Gewiß sprechen Wir denen, die solche Ansichten verbreiten, nicht das ehrliche Verlangen ab, ein so großes Geheimnis zu ergründen, die unerschöpflichen Reichtümer darzulegen und den Menschen unserer Zeit das Verständnis dafür zu erschließen. ja, Wir erkennen dieses Verlangen an und heißen es gut. Wir können aber die Ansichten nicht gutheißen, die sie vertreten, und Wir halten es für Unsere Pflicht, Euch vor der schweren Gefahr zu warnen, die diese Ansichten für den rechten Glauben darstellen.

Die Eucharistie ist ein Glaubensgeheimnis

Vor allem wollen Wir eine Euch zwar wohlbekannte Wahrheit in Erinnerung rufen, die aber doch sehr notwendig ist, um jedes Gift des Rationalismus auszuscheiden, eine Wahrheit, die viele Märtyrer mit dem eigenen Blut besiegelten und die berühmte Kirchenväter und Kirchenlehrer unablässig bekannt und gelehrt haben, daß nämlich die Eucharistie ein ganz großes Geheimnis, ja, wie die heilige Liturgie sagt, ein Glaubensgeheimnis im eigentlichen Sinn ist. “In ihm allein sind”, wie sehr weise Unser Vorgänger, Leo XIII., sagte, “in einzigartiger Fülle und Vielfalt der Wunder alle übernatürlichen Wirklichkeiten enthalten” (Enz. Mirae caritatis, Acta Leonis, Vol. 22 [19021903] S. 122).

Es ist also notwendig, daß wir uns besonders diesem Geheimnis demütig nahen, indem wir nicht menschlichen Vernunftgründen folgen, die schweigen müssen, sondern mit fester Überzeugung der göttlichen Offenbarung anhangen.

Der heilige Johannes Chrysostomus, der, wie Ihr wißt, mit großer Eloquenz und mit sehr tiefem religiösem Verständnis über das eucharistische Geheimnis schrieb, gebrauchte einst bei einer Unterweisung seiner Gläubigen über diese Wahrheit folgende passenden Worte: “Beugen wir uns Gott überall, ohne ihm zu widersprechen, auch wenn das, was er sagt, unserer Vernunft und Einsicht zu widersprechen scheint. Sein Wort habe den Vorrang vor unserer Vernunft und Einsicht. So wollen wir uns auch gegenüber dem (eucharistischen) Geheimnis verhalten, indem wir nicht nur berücksichtigen, was die Sinne feststellen, sondern uns an seine Worte halten, denn sein Wort kann nicht in Irrtum führen” (In Matth. homil. 82, 4; PG 58, 743).

Dasselbe haben oft die Lehrer der Scholastik gesagt. Daß in diesem Sakramente der wahre Leib und das wahre Blut Christi gegenwärtig sind, “kann man mit den Sinnen nicht feststellen”, sagt der heilige Thomas, “sondern nur durch den Glauben, der sich auf die Autorität Gottes stützt. Deswegen sagt Cyrillus in dem Kommentar zu Lukas 22, 19: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird: zweifle nicht, ob das wahr ist, sondern nimm vielmehr gläubig die Worte des Erlösers an, der, weil er die Wahrheit ist, nicht lügt” (S. th. II, q. 75, a. 1 c).

Die Worte des “Doctor Angelicus” wiederholend, singt das christliche Volk oft: “Auge, Mund und Hände trügen sich in dir, doch der Schall der Botschaft offenbart dich mir. Alles will ich glauben Gottes wahrem Sohn, seiner Rede lausch ich als der Wahrheit Ton.”

Ja, der heilige Bonaventura sagt: “Daß Christus im Sakrament wie in einem Zeichen ist, bereitet keine Schwierigkeit; daß er aber wahrhaft im Sakrament ist, wie er im Himmel ist, das bereitet die größte Schwierigkeit. Das also zu glauben, ist höchst verdienstlich” (In IV Sent. dist. X, P. I art. un. qu. I; Oper. omn. tom. IV., Ad Claras Aquas 1889, P. 217). Dasselbe deutet das Evangelium an, wenn es berichtet, daß viele unter den Jüngern Christi, nachdem sie die Rede vom Essen des Fleisches und vom Trinken des Blutes gehört hatten, sich abwandten und den Herrn verließen mit den Worten: “Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?” Als Jesus fragte, ob auch die Zwölf fortgehen wollten, bekannte Petrus bereitwillig und entschlossen seinen und der Apostel Glauben mit der wunderbaren Antwort: “Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens” (Joh. 6, 61-69).

Es ist also folgerichtig, daß wir bei der Ergründung dieses Geheimnisses wie einem Stern dem Lehramt der Kirche folgen, der der göttliche Erlöser das geschriebene oder überlieferte Wort Gottes anvertraut hat, damit sie es bewahre und auslege, überzeugt, daß “wenn es auch durch den Verstand nicht erforscht und durch das Wort nicht erklärt wird, so bleibt doch wahr, was von alters her mit wahrem katholischem Glauben in der ganzen Kirche gepredigt und geglaubt wird” (S. Aug. “Contra Iulianum”, VI, 5, II; PL 44, 829).

Aber nicht genug damit. Bei Wahrung der Unversehrtheit des Glaubens ist es auch notwendig, eine exakte Ausdrucksweise beizubehalten, damit beim Gebrauch unüberlegter Worte uns, was Gott verhüte, nicht falsche Ansichten in den Sinn kommen, die den Glauben an die tiefsten Geheimnisse betreffen. Hierher paßt die ernste Mahnung des heiligen Augustinus über die verschiedene Art zu sprechen bei Philosophen und beim Christen: “Die Philosophen”, schreibt er, “sprechen freimütig ohne Scheu, religiöse Menschen zu verletzen, über sehr schwerverständliche Dinge. Wir hingegen müssen eine festgelegte Ausdrucksweise befolgen, um zu vermeiden, daß ein zu freier Gebrauch der Worte eine gottlose Ansicht verursache auch über das, was sie bedeuten” (De Civit. Dei X, 23; PL 44 300).

Die Norm zu sprechen (regula loquendi), die die Kirche in jahrhundertelanger Arbeit und nicht ohne den Beistand des Heiligen Geistes festgelegt und die sie durch die Autorität der Konzilien bestätigt hat und die Ausweis und Banner der Rechtgläubigkeit geworden ist, muß heiliggehalten werden. Niemand wage es, sie nach seinem Gutdünken oder unter dem Vorwand einer neuen Wissenschaft zu ändern. Wer könnte je dulden, daß die dogmatischen Formeln, die von den ökumenischen Konzilien für die Geheimnisse der Heiligsten Dreifaltigkeit und der Menschwerdung gebraucht wurden, für die Menschen unserer Zeit nicht mehr geeignet gehalten werden und vermessen durch andere ersetzt werden müßten? In gleicher Weise kann man nicht dulden, daß jeder auf eigene Faust die Formeln antasten kann, mit denen das Konzil von Trient das eucharistische Geheimnis zu glauben vorgelegt hat. Denn diese und die anderen Formeln, deren sich die Kirche bedient, um die Dogmen des Glaubens vorzulegen, drücken Begriffsinhalte aus, die nicht an eine bestimmte Kulturform, nicht an eine bestimmte Phase wissenschaftlichen Fortschritts noch an diese oder jene theologische Schule gebunden sind, sondern stellen das dar, was der menschliche Geist über die Wirklichkeit in der universalen und notwendigen Erfahrung ausmacht und mit geeigneten und bestimmten Worten bezeichnet, die der Umgangssprache oder der gehobenen Sprache entnommen sind. Deswegen sind diese Formeln den Menschen aller Zeiten und aller Orte angepaßt.

In der Tat können diese Formeln mit Nutzen klarer und tiefer erklärt werden, nie aber in einem anderen Sinn, als in dem sie gebraucht wurden, so daß mit dem Fortschritt des Glaubensverständnisses die Glaubenswahrheit unberührt bleibt. Denn das Erste Vatikanische Konzil lehrt, daß man in den heiligen Dogmen “immer an der Bedeutung festhalten muß, die die heilige Mutter Kirche einmal für gültig erklärt hat, und es ist nicht erlaubt, von dieser Bedeutung abzugehen unter dem Vorwand und im Namen eines tieferen Verständnisses” (Const. dogm. De Fide cathol. c. 4).

Das eucharistische Mysterium geschieht im Meßopfer

Zur gemeinsamen Erbauung und Freude, ehrwürdige Brüder, möchten Wir hier die Lehre wiederholen, an der die katholische Kirche als überliefert festhält und die sie einmütig lehrt.

Es ist von Nutzen, sich vor allem an das zu erinnern, was gleichsam die Synthese und der Gipfel dieser Lehre ist, daß nämlich im eucharistischen Mysterium auf wunderbare Weise das Kreuzopfer vergegenwärtigt ist, das einmal auf Kalvaria vollbracht wurde; hier wird es immer ins Gedächtnis zurückgerufen, und es kommt seine heilbringende Kraft zur Wirkung in der Vergebung der Sünden, die täglich begangen werden (vgl. Concil. Trid. Doctrina de SS. Missae Sacrificio, c. 1). Unser Herr Jesus Christus hat durch die Einsetzung des eucharistischen Mysteriums mit seinem Blut den Neuen Bund begründet, dessen Mittler er ist, wie einst Moses den Alten Bund mit dem Blut von Kälbern geschlossen hat (vgl. Ex. 24, 8). Wie die Evangelisten berichten, nahm er beim letzten Abendmahl das Brot, “sagte Dank, brach es und gab es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird: tut das zu meinem Andenken. Ähnlich nahm er den Kelch nach dem Mahl und sagte: Das ist der Kelch des Neuen Bundes in meinem Blut, das für euch vergossen wird” (Luk. 22, 1920; vgl. Matth. 26, 2628; Mark. 14, 2224). Indem er aber den Aposteln den Auftrag gab, es zu seinem Andenken zu tun, wollte er, daß es immerdar erneuert werde.

Das hat die Urkirche treu ausgeführt, indem sie in der Lehre der Apostel verharrte und zur Feier des eucharistischen Opfers zusammenkam. “Sie harrten aber aus”, wie der hl. Lukas sorgfältig berichtet, “in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft des Brotbrechens und im Gebet” (Apg. 2, 42). Und so groß war der Eifer, den die Gläubigen daraus empfingen, daß man von ihnen sagen konnte: “Die Gesamtheit der Gläubigen war ein Herz und eine Seele” (Apg. 4, 32). Der Apostel Paulus, der uns auf das Treueste überliefert hat, was er vom Herrn empfangen hatte (1 Kor. 11, 23 ff.), spricht offen vom eucharistischen Opfer, wenn er den Christen zeigt, daß sie an den heidnischen Opfern nicht teilnehmen dürfen, weil sie des Tisches des Herrn teilhaft geworden sind. “Der Kelch des Segens, den wir segnen”, sagt er, “ist er nicht die Teilnahme am Blute Christi? Und das Brot, das wir brechen , ist es nicht die Anteilnahme am Leib Christi? … : Ihr könnt nicht den Kelch des Herrn trinken und den Kelch der Dämonen, ihr könnt nicht des Tisches des Herrn teilhaft sein und des Tisches der Dämonen” (1 Kor. 10, 16). Dieses “Opfer des Neuen Bundes” , auf das Malachias im voraus hingewiesen hatte (1, 11), hat die Kirche, vom Herrn und den Aposteln belehrt, immer dargebracht, “nicht nur für die Sünden, Strafen, Sühneleistungen und andere Bedürfnisse der lebenden Gläubigen, sondern auch für die in Christus Gestorbenen und noch nicht ganz Gereinigten” (Concil. Trid., Doctrina de SS. Missae Sacrificio, c. 2).

An ein Zeugnis erinnern Wir noch, um von den übrigen zu schweigen, nämlich an das des hl. Cyrillus von Jerusalem, der bei der Unterweisung der Neugetauften im christlichen Glauben die beachtenswerten Worte sprach. “Nachdem das geistliche Opfer dargebracht ist, der unblutige Kult, bitten wir Gott, über diesem Versöhnungsopfer für den allgemeinen Frieden der Kirchen, für die rechte Ordnung der Welt, für die Herrscher, für die Soldaten und Gefährten, für die, die von Krankheiten geplagt sind, für die, die von Heimsuchung bedrängt werden, und allgemein für alle, die der Hilfe bedürfen, wir alle bitten für sie und bringen dieses Opfer dar … Dann auch für die verstorbenen heiligen Väter und Bischöfe und für alle allgemein, die unter uns vom Leben geschieden sind (bitten wir), im Glauben, daß das eine große Hilfe für die sein wird, für die das Gebet dargebracht wird, während das heilige und schauererregende Opfer vor uns liegt.” Nachdem er diesen Gegenstand mit dem Beispiel des Kranzes erhärtet hat, der für den Kaiser geflochten wird, damit er den Verbannten Verzeihung gewähre, schließt der Kirchenlehrer seine Predigt mit den Worten: “Auf dieselbe Weise bemühen auch wir uns, Gott für die Verstorbenen, auch wenn sie Sünder sind, und für uns selbst gnädig zu stimmen, nicht indem wir einen Kranz flechten, sondern Gott Gebete darbringen und den hingeschlachteten Christus für unsere Sünden aufopfern” (Catecheses, 23 [Myst. 5] 818; PG 33, 1115-1118). Der hl. Augustinus bezeugt, daß dieser Brauch, “das Opfer unseres Lösepreises” auch für die Verstorbenen darzubringen, in der römischen Kirche lebendig ist (vgl. Confess. IX. 12, 32; PL 32, 777; vgl. ebd. IX, 11, 27; PL 32, 775). Gleichzeitig bemerkt er, daß dieser Brauch als von den Vätern überliefert von der ganzen Kirche beobachtet wird (vgl. Serm. 172, 2; PL 38, 936; vgl. De cura gerenda pro mortuis, 13; PL 40, 593).

Aber es ist noch etwas anderes, was Wir hinzufügen möchten, weil es sehr dazu dient, das Geheimnis der Kirche zu illustrieren: daß nämlich die Kirche, die mit Christus zusammen das Amt des Priesters und Opfers ausübt, das ganze Meßopfer darbringt und in ihm auch selbst ganz dargebracht wird …, dieser in der Tat wunderbaren Lehre, die einst die Väter gelehrt haben (vgl. S. August. De Civit. Dei X, 6; PL 41, 284), die vor wenigen Jahren Unser Vorgänger seligen Angedenkens Pius XII. dargelegt hat (vgl. Enz. Mediator Dei; AAS 49 [1947] S. 552) und die neuerdings das Zweite Vatikanische Konzil in der Konstitution über die Kirche, wo sie vom Volke Gottes spricht, ausgedrückt hat (vgl. Const. Dogm. de Ecclesia, C. 2, n. 11; AAS 57 [1965] S. 15), wünschen Wir sehr, daß bei aller notwendigen Wahrung der nicht nur gradmäßigen, sondern wesensmäßigen Unterscheidung, die zwischen dem allgemeinen und dem hierarchischen Priestertum. besteht (vgl. ebd. C. 2, n. 10; AAS 57 [1965] S. 4, daß sie immer wieder erklärt werde und den Gläubigen tief eingeprägt werde; sie ist nämlich sehr geeignet, die eucharistische Frömmigkeit zu fördern und die Würde aller Gläubigen zu betonen und sie anzueifern, daß sie den Gipfel der Heiligkeit erreichen oder was dasselbe ist, mit einer hochherzigen Selbsthingabe sich ganz der göttlichen Majestät zu eigen geben.

Außerdem muß an die Folgerung, die sich daraus ergibt, an den “öffentlichen und sozialen Charakter jeder Messe” (Const. de Sacra Liturgia c. 1, n. 27; AAS 56 [1964] S. 107) erinnert werden. Denn jede Messe, auch wenn sie privat vom Priester zelebriert wird, ist dennoch nicht privat, sondern ein Akt Christi und der Kirche, und diese Kirche lernt nämlich im Opfer, das sie darbringt, sich selbst als ein universales Opfer darzubringen, und sie wendet die einzige und unendliche erlösende Kraft des Kreuzesopfers der ganzen Welt zum Heile zu. Denn jede Messe, die zelebriert wird, wird nicht nur für unser Heil, sondern auch für das Heil der ganzen Welt dargebracht. Daraus folgt, daß, wenn zur Feier der Messe wesentlich die häufige und aktive Teilnahme der Gläubigen gehört, dennoch eine Messe nicht zu tadeln ist, sondern vielmehr gutzuheißen ist, die nach den Vorschriften der Kirche und den rechtmäßigen Traditionen aus gerechtem Grund vom Priester privat dargebracht wird, auch wenn nur ein Ministrant dient und antwortet; aus ihr kommt nämlich kein geringes, sondern ein großes Maß von Gnaden zum Heil sowohl für den Priester selbst als auch für das gläubige Volk und die ganze Kirche und auch für die ganze Welt, und dieses Maß von Gnaden wird durch eine Kommunion allein nicht erlangt. Darum empfehlen Wir also väterlich und ernstlich den Priestern, die Unsere besondere Freude und Unsere Krone im Herrn sind, daß sie eingedenk sind der Gewalt, die sie durch den weihenden Bischof empfingen, nämlich das Opfer Gott darzubringen und Messen zu zelebrieren sowohl für die Lebenden als auch für die Verstorbenen, im Namen des Herrn (vgl. Pontificale Romanum), daß sie täglich würdig und andächtig die Messe feiern, damit sie selbst und die übrigen Christgläubigen die Zuwendung der Früchte genießen, die aus dem Kreuzopfer überreich hervorfließen. So werden sie auch am meisten zum Heil des Menschengeschlechtes beitragen.

Im Meßopfer wird Christus sakramental gegenwärtig

Das wenige, was Wir über das Meßopfer gesagt haben, regt Uns an, daß Wir auch einiges anführen über das Sakrament der Eucharistie; denn beides, Opfer und Sakrament, gehören zum gleichen Mysterium, und das eine kann vom andern nicht getrennt werden. Der Herr opfert sich unblutig im Meßopfer, in dem er das Kreuzesopfer vergegenwärtigt und uns seine heilbringende Kraft zuwendet, wenn er kraft der Wandlungsworte beginnt, sakramental gegenwärtig zu werden als geistliche Speise der Gläubigen unter den Gestalten von Brot und Wein. Wir wissen alle wohl, daß es nicht nur eine einzige Weise gibt, unter der Christus seiner Kirche gegenwärtig ist; es ist nützlich, die beglückende Tatsache, die die Konstitution de sacra Liturgia kurz dargelegt hat (vgl. c. 1, n. 7; AAS 56 [1964] S. 100101), etwas weiter auszuführen. Gegenwärtig ist Christus seiner Kirche, wenn sie betet, da er selbst es ist, der für uns betet und in uns betet, zu dem wir beten; er betet für uns als unser Priester, er betet in uns als unser Haupt, und wir beten zu ihm als unserem Gott” (S. August., In Ps. 85, 1; PL 37, 1081), und er selbst hat verheißen: “Wo zwei oder drei in meinem Namen vereint sind, da bin ich mitten unter ihnen” (Matth. 18, 20). Gegenwärtig ist er seiner Kirche, wenn sie Werke der Barmherzigkeit ausübt, nicht nur weil wir, wenn wir einem seiner geringsten Brüder etwas Gutes tun, dieses Christus selbst tun (vgl . Matth. 25, 40), sondern auch weil Christus es ist, der durch die Kirche diese Werke tut, indem er beständig den Menschen mit seiner göttlichen Liebe zu Hilfe kommt. Gegenwärtig ist er seiner Kirche, die auf der Pilgerfahrt ist und zum Hafen des ewigen Lebens zu gelangen strebt, da er selbst durch den Glauben in unseren Herzen wohnt (vgl. Eph. 3, 17) und in ihr die Liebe ausgießt durch den Heiligen Geist, den er uns gibt (vgl. Röm. 5, 5).

Auf eine andere Weise zwar, aber ganz wirklich, ist er seiner Kirche gegenwärtig, wenn sie predigt, da das Evangelium, das verkündet wird, das Wort Gottes ist, und nur im Namen und in der Autorität Christi, des fleischgewordenen Wortes Gottes, und unter seinem Beistand gepredigt wird, damit sie “eine Herde sicher geborgen unter einem Hirten” sei (S. August., Contra litt. Petiliani 3, 10, 11; PL 43, 353).

Gegenwärtig ist er seiner Kirche, wenn sie das Volk Gottes regiert und führt, da die heilige Gewalt von Christus ist und den Hirten, die sie ausüben, Christus beisteht “der Hirt der Hirten” (S. August. In Ps. 86, 3; PL 37, 1102) nach dem Versprechen, das er den Aposteln gemacht hat.

Darüber hinaus und auf eine sublimere Weise ist Christus seiner Kirche gegenwärtig, die das Meßopfer in seinem Namen darbringt; und er ist bei ihr, wenn sie die Sakramente spendet. über die Gegenwart Christi bei der Darbringung des Meßopfers wird man an das erinnert, was der hl. Chrysostomus voll Bewunderung treffend sagt: “ich möchte etwas ganz Erstaunliches anfügen, aber erschreckt nicht und beunruhigt euch nicht. Was ist das? Die Opferhandlung ist dieselbe, wer auch immer opfert, sei es Paulus, sei es Petrus, es ist dieselbe, die Christus den Jüngern anvertraute und die nun die Priester vollziehen; keine von beiden ist weniger, weil nicht Menschen sie heiligen, sondern der selbst, der sie geheiligt hat. Wie nämlich die Worte, die Gott gesprochen hat, dieselben sind wie die, die nun der Priester sagt, so ist auch die Opferung dieselbe” (In Epist. II ad Timoth. Homil. 2, 4; PG 62, 612). Daß aber die Sakramente Taten Christi sind, der sie durch Menschen spendet, weiß jeder. Und deshalb sind die Sakramente durch sich selbst heilig, und durch die Kraft Christi gießen sie dem Herzen Gnade ein, während sie den Leib berühren. Diese verschiedenen Weisen der Gegenwart erfüllen den Geist mit Staunen und lassen das Geheimnis der Kirche betrachten. Aber ein anderer ist der Grund, und zwar ein ganz vorzüglicher, warum Christus seiner Kirche gegenwärtig ist im Sakrament der Eucharistie , und dieses Sakrament ist deswegen unter den anderen Sakramenten “inniger an Andacht, schöner in seinem Sinngehalt, heiliger in seinem Wesen” (Aegidius Romanus, Theoremata de Corpore Christi, theor. 50, Venedig 1521, S. 127); es enthält nämlich Christus selbst und ist “gewissermaßen die Vollendung des geistlichen Lebens und das Ziel aller Sakramente” (S. Thomas, Summa theol. III, q. 73, a. 3 c).

Diese Gegenwart wird zwar “wirklich” genannt, nicht im ausschließenden Sinn, als ob die anderen nicht “wirklich” wären, sondern hervorhebend, weil sie substantiell ist, wie auch, weil sie die Gegenwart des ganzen und vollen Christus, des Gottmenschen, mit sich bringt (vgl. Conc. Trid., Decr. de SS. Euchar., c. 3). Falsch würde also jemand diese Weise der Gegenwart erklären, wenn er eine sogenannte “pneumatische” allgegenwärtige Natur des glorreichen Leibes Christi erfindet oder sie in den Grenzen eines Symbols einengt, als ob dieses erhabenste Sakrament aus nichts anderem bestünde als einem wirksamen Zeichen der “geistlichen Gegenwart Christi und seiner innigen Verbindung mit den gläubigen Gliedern im mystischen Leibe” (Pius XII., Enz. Humani generis; AAS 42 [1950] S. 578).

Freilich haben über die Symbolik der Eucharistie, besonders hinsichtlich der Einheit der Kirche, die Väter und die Lehrer der Scholastik viel gehandelt, und das Konzil von Trient hat ihre Lehre zusammenfassend erklärt, daß unser Erlöser in seiner Kirche die Eucharistie hinterlassen habe “gleichsam als Symbol … ihrer Einheit und Liebe, durch die er alle Christen unter sich verbunden und geeint wissen wollte”, und zwar “als Symbol jenes einen Leibes, dessen Haupt er selbst ist” (Decr. de SS. Euchar., prooem. c. 2).

Schon zu Beginn der frühen christlichen Literatur lesen wir beim unbekannten Autor der “Didache oder ZwölfApostelLehre” diese Sätze zu unserem Thema: “Was die Eucharistie angeht, so sagt so Dank: … Wie dieses gebrochene Brot über die Berge zerstreut war und gesammelt zu einem geworden ist, so soll deine Kirche von den Enden der Erde in dein Reich zusammengeführt werden” (Didache 9, 1; Funk, Patres Apostolici 1, 20).

Ebenso sagt der hl. Cyprian (an der Stelle), wo er auf die Einheit der Kirche in der Abwehr des Schismas drängt: “Endlich erklären auch die Herrenopfer selbst die Einstimmigkeit der Christen, die mit fester und unzertrennlicher Liebe mit ihm verbunden sind, denn wenn der Herr seinen Leib ein Brot nennt, das durch die Vereinigung vieler Körner eins geworden ist, bezeichnet er unser geeintes Volk, das er aufrechterhält, und wenn er sein Blut einen Wein nennt, der aus vielen Trauben und Beeren ausgepreßt und in eins gebracht ist, bezeichnet er ebenso unsere Herde, die durch die Mischung einer versammelten Vielheit verbunden ist” (Epist. ad magnum. 6, PL 3, 1189). Übrigens ging allen bereits der Apostel voraus, wenn er an die Korinther schrieb: “Weil es ein Brot ist, so bilden wir viele einen Leib, wir nehmen ja alle an dem einen Brote teil” (1 Kor. 10, 17).

Aber wenn uns auch die eucharistische Symbolik zum Verständnis der diesem Sakrament eigenen Wirkung, die die Einheit des mystischen Leibes ist, in geeigneter Weise hinführt, so erklärt sie dennoch nicht das Wesen des Sakramentes, wodurch es sich von anderen unterscheidet, noch drückt sie es aus. Denn die Unterweisung, die die katholische Kirche zu allen Zeiten den Katechumenen gegeben hat, das Empfinden des christlichen Volkes, die vom Trienter Konzil definierte Lehre und die Worte Christi selbst, mit denen er die heiligste Eucharistie eingesetzt hat, befehlen uns, zu bekennen, daß die Eucharistie das Fleisch unseres Heilandes Jesus Christus ist, der für unsere Sünden gelitten hat und den der Vater in seiner Güte auferweckt hat” (S. Ign. Epist. ad Smyrn. 7, 1; PG 5, 714). Diesen Worten des hl. Ignatius von Antiochien kann man noch die Worte hinzufügen, mit denen Theodor von Mopsuestia, in diesem Punkt ein treuer Zeuge des Glaubens der Kirche, an das Volk berichtet hat: “Denn der Herr sagte nicht: das ist ein Symbol meines Leibes und das ein Symbol meines Blutes, sondern: das ist mein Leib und mein Blut. Er lehrt uns, nicht auf das Wesen des vorliegenden sinnenfälligen Gegenstandes zu achten, denn dieses Wesen ist durch die Danksagung und die Worte, die über es gesprochen wurden, in das Fleisch und Blut verwandelt worden” (in Matth. Comm. c. 26; PG 66, 714).

Gestützt auf diesen Glauben, erklärte die Synode von Trient “schlicht und einfach, daß im erhabenen Sakrament der Eucharistie nach der Verwandlung des Brotes und Weines unser Herr Jesus Christus als wahrer Gott und Mensch wirklich, real und substantiell unter der Gestalt jener sinnfälligen Dinge enthalten ist”. Deswegen ist unser Erlöser nach seiner Menschheit gegenwärtig nicht nur zur Rechten des Vaters, nach der natürlichen Existenzweise, sondern zugleich auch im Sakrament der Eucharistie, “in der Existenzweise, von der wir, wenn wir sie auch mit Worten kaum ausdrücken können, dennoch mit unserem, vom Glauben erleuchteten Denken erkennen können, daß sie für Gott möglich ist, und von der wir das beharrlich glauben müssen” (Conc. Trid., Decr. de SS. Euchar. can. 1).

Christus der Herr ist im Sakrament der Eucharistie gegenwärtig durch die Wesensverwandlung

Damit aber niemand diese Weise der Gegenwart, die über die Naturgesetze hinausgeht und das größte aller Wunder in ihrer Art bewirkt (vgl. Enz. Mirae Caritatis, Acta Leonis XIII, vol. 22 [19021903] S. 123), falsch verstehe, müssen wir mit aufnahmebereitem Geist die Stimme der lehrenden und betenden Kirche hören. Nun sagt uns diese Stimme, Echo der Stimme Christi, daß Christus in diesem Sakrament nicht anders gegenwärtig wird als durch die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in seinen Leib und der ganzen Substanz des Weines in sein Blut, eine ganz wunderbare und einzigartige Verwandlung, die die katholische Kirche passend und im eigentlichen Sinn Wesensverwandlung nennt (vgl. Conc. Trid., Decr. de SS. Euchar. can. 4 et can. 2). Nach der Wesensverwandlung bekommen die Gestalten des Brotes und Weines ohne Zweifel eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck, da sie nicht fürderhin gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Trank sind, sondern Zeichen einer heiligen Sache und Zeichen geistlicher Speise, aber sie bekommen eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck, weil sie eine neue “Wirklichkeit” oder Realität enthalten, die wir mit Recht ontologisch nennen, denn unter den vorhin genannten Gestalten ist nicht mehr das verborgen, was vorher war, sondern etwas ganz Neues; und zwar nicht nur auf Grund des Urteils des Glaubens der Kirche, sondern durch die objektive Realität, da nach der Verwandlung der Substanz oder des Wesens des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi von Brot und Wein nichts bleibt als die Gestalten, unter denen der ganze und vollständige Christus in seiner physischen, ja auch körperlichen “Realität” gegenwärtig ist, wenn auch nicht auf die Weise, in der sonst körperliche Gegenstände sich an ihrem Ort befinden.

Darum hielten es die Väter für wichtig, die Gläubigen zu ermahnen, daß sie bei der Betrachtung dieses erhabensten Sakramentes nicht den Sinnen trauen, die die Eigenschaften von Brot und Wein wiedergeben, sondern den Worten Christi, die eine solche Kraft haben, daß sie das Brot und den Wein in seinen Leib und sein Blut verwandeln und umformen und “in neue Elemente umwandeln” (transelementent); da ja, wie dieselben Väter oft sagen, die Kraft, die das vollbringt, dieselbe Kraft des allmächtigen Gottes ist, die am Anfang der Zeit das All aus dem Nichts geschaffen hat.

“Durch dies belehrt und durchdrungen mit dem sichersten Glauben”, sagt der heilige Cyrillus von Jerusalem am Schluß seiner Predigt über die Glaubensgeheimnisse, “daß das, was Brot scheint, kein Brot ist, trotz des Geschmackseindrucks, sondern der Leib Christi; und das, was Wein scheint, kein Wein ist, auch wenn es dem Geschmack so scheint, sondern das Blut Christi … mach dein Herz stark, indem du jenes Brot als geistliches nimmst, und mach dein inneres Antlitz froh” (Catech. 22, 9 [Myst. 4]; PG 33, 1103).

Der heilige Chrysostomus aber betont: “Nicht der Mensch bewirkt, daß die Gaben Leib und Blut Christi werden, sondern Christus selbst, der für uns gekreuzigt worden ist. Der Priester, der jene Worte spricht, stellt Christus dar, aber die Kraft und die Gnade ist Gottes. Das ist mein Leib, sagt er, dieses Wort wandelt die Gaben um” (De prodit. Iudae Hom. 1, 6; PG 49, 3 80, vgl. in Matth. Hom. 82, 5; PG 5 8, 744).

Dem Bischof Johannes von Konstantinopel aber stimmt der Bischof Cyrillus von Alexandrien zu, der in seinem Kommentar zum Matthäusevangelium schreibt: “Er sagt aber in Aussageform: das ist mein Leib und das ist mein Blut, damit du nicht glaubst, daß das, was sichtbar ist, ein Bild sei, sondern daß auf geheimnisvolle Weise vom allmächtigen Gott wahrhaft die Opfergaben verwandelt werden in den Leib und das Blut Christi, deren wir teilhaft geworden die lebendige und heiligende Kraft Christi empfangen” (in Matth. Hom. 26, 27; PG 72, 451).

Ambrosius, der Bischof von Mailand, spricht klar die eucharistische Verwandlung aus: “Stimmen wir zu”, sagt er, “daß es nicht das ist, was die Natur geformt hat, sondern was durch die Konsekration geweiht wurde, und daß die Konsekration eine größere Kraft hat als die Natur, weil durch die Konsekration auch die Natur selbst geändert wird.” Im Bestreben, die Wahrheit des Geheimnisses zu bekräftigen, führt er viele Beispiele von Wundern an, die in der Heiligen Schrift berichtet werden, unter ihnen auch die Geburt Christi aus der Jungfrau Maria, und nachdem er auf das Werk der Schöpfung hingewiesen hat, schließt er mit den Worten: “Das Wort Christi, das also das aus Nichts machen konnte, was vorher nicht existierte, kann es nicht das, was existiert, in etwas verändern, was es vorher nicht war? Denn es ist nicht geringer, den Dingen eine neue Natur zu geben, als ihre Natur zu ändern” (De myster. 9, 50-52; PL 16, 422-424).

Aber es ist nicht notwendig, viele Zeugnisse zusammenzutragen, es hilft mehr, an die Festigkeit des Glaubens zu erinnern, mit der die Kirche einstimmig Berengar widerstand, der, den Schwierigkeiten der menschlichen Vernunft nachgebend, zuerst die eucharistische Verwandlung zu leugnen gewagt hat, indem sie ihm mehrmals Verurteilung androhte, wenn er nicht seinen Sinn ändere. Darum befahl ihm Unser Vorgänger, der heilige Gregor VII., einen Eid zu schwören mit den folgenden Worten: “Ich glaube von Herzen und bekenne laut, daß das Brot und der Wein, die auf den Altar gebracht werden, durch das Geheimnis des Gebetes und die Worte unseres Erlösers substantiell verwandelt werden in das wahre und eigene und lebenspendende Fleisch und Blut Jesu Christi, unseres Herrn, und daß es nach der Wandlung der wahre Leib Christi bleibt, der aus der Jungfrau geboren ist und der für das Heil der Welt geopfert am Kreuze hing und der zur Rechten des Vaters sitzt, und das wahre Blut Christi, das aus seiner Seite vergossen wurde, nicht nur durch das Zeichen und die Kraft des Sakramentes, sondern in der eigenen Natur und in seiner wirklichen Substanz” (Mansi, Coll. ampliss. Conc. 20, 524 D).

Mit diesen Worten stimmt überein als wunderbares Beispiel der Unerschütterlichkeit des katholischen Glaubens, was die ökumenischen Konzilien vom Lateran, von Konstanz, von Florenz und endlich von Trient über das Geheimnis der eucharistischen Verwandlung beständig gelehrt haben durch die Erklärung der Lehre der Kirche und die Verurteilung der Irrtümer. Nach dem Trienter Konzil mahnte Unser Vorgänger Pius VI. ernst gegen die Irrtümer der Synode von Pistoja, daß die Pfarrer in ihrer Unterweisung nicht unterlassen sollen, die Wesensverwandlung zu erwähnen, die zu den Artikeln des Glaubens gehört (Const. Auctorum Fidei, 28. August 1794). Ebenso hat Unser Vorgänger Pius XII, an die Grenzen erinnert, die jene nicht überschreiten dürfen, die über das Geheimnis der Wesensverwandlung scharfsinnig disputieren (Anspr. V. 22. g. 56, AAS 48 ([1956] S. 720); und Wir selbst haben beim Eucharistischen Kongreß Italiens in Pisa vor kurzem gemäß Unserem Apostolischen Amt dem Glauben der Kirche offen und feierlich Zeugnis gegeben (AAS 57 [1965] S. 588-592).

Im übrigen hat die katholische Kirche den Glauben an die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in der Eucharistie nicht nur in der Lehre, sondern auch im Leben festgehalten, da sie dieses große Sakrament zu allen Zeiten mit dem latreutischen Kult, der nur Gott gebührt, verehrt hat. Davon sagt der heilige Augustinus: “In seinem Fleisch ist der Herr auf Erden gewandelt, und dieses Fleisch hat er uns zur Speise, zum Heil gegeben; niemand aber ißt dieses Fleisch, bevor er es nicht angebetet hat … und wir sündigen keineswegs, wenn wir es anbeten, sondern wir sündigen, wenn wir es nicht anbeten” (In Ps. 98, 9; PL 37, 1264).

Der Kult der Anbetung, der dem Sakrament der Eucharistie gebührt

Die katholische Kirche erweist der heiligen Eucharistie nicht nur während der heiligen Messe, sondern auch außerhalb der Meßfeier den Kult der Anbetung, indem sie die konsekrierten Hostien mit größter Sorgfalt aufbewahrt, sie der feierlichen Verehrung der Gläubigen aussetzt und sie in Prozessionen unter freudiger Anteilnahme des Volkes herumträgt.

Für diese Art der Verehrung haben wir zahlreiche altkirchliche Zeugnisse. So schärften die Seelsorger den Gläubigen immer wieder ein, die heilige Eucharistie, die sie mit sich nach Hause nahmen, mit großer Ehrfurcht aufzubewahren. Der heilige Hippolytus z. B. mahnt nachdrücklich: “Der Leib Christi soll von den Gläubigen genossen, aber nicht verunehrt werden” (Tradit. Apost.: Ed. Botte, La tradition Apostolique de St. Hippolyte, Münster 1963, S. 84).

Die Gläubigen hielten sich auch wirklich für schuldig  und mit vollem Recht  wenn, wie Origenes schreibt, beim Empfang und der vorsichtigen und ehrfürchtigen Aufbewahrung etwas durch Nachlässigkeit verlorenging (In Exod. fragm.; PG 12, 391).

Novatian, dem man in diesem Punkt glauben kann, bezeugt, daß die Seelsorger jeden Mangel an gebührender Ehrfurcht streng tadelten; er hielt jeden der Verdammung würdig, “der nach Beendigung des Gottesdienstes die heilige Eucharistie, wie es Brauch ist , bei sich trägt … und dann den Leib des Herrn herumträgt”, aber nicht in sein Haus, sondern ins Theater (De Spectaculis, C.S.E.L. III3, S. 8).

Der heilige Cyrill von Alexandrien weist die Auffassung jener, die meinten, die heilige Eucharistie werde für die Heiligung wertlos, wenn das, was von ihr übrigbleibe, für den nächsten Tag aufbewahrt werde, als Unsinn zurück. “Denn”, so sagt er, “es ändert sich weder Christus, noch geht mit seinem Leibe eine Änderung vor sich; sondern es bleiben die Kraft, die Macht und die lebenspendende Gnade der Segnung in ihm dauernd fortbestehen” (Epist. ad Calosyrium; PG 76, 1075).

Man darf auch nicht außer acht lassen, daß die Gläubigen früher, in Zeiten der Verfolgung oder wenn sie aus Liebe zum monastischen Leben in der Einsamkeit lebten, sich täglich mit der heiligen Eucharistie stärkten und sich, wenn kein Priester oder Diakon zugegen war, selbst die heilige Kommunion reichten (vgl. Basil., Epist. 93; PG 32, 483-486).

Das sagen Wir aber nicht, um den Brauch irgendwie zu ändern, die Eucharistie aufzubewahren und die heilige Kommunion zu empfangen, der später durch Kirchengesetze vorgeschrieben wurde und heute noch gilt, sondern um des Glaubens der Kirche froh zu werden, der stets ein und derselbe bleibt.

Diesem einmütigen Glauben verdankt auch das Fronleichnamsfest seinen Ursprung, das zum erstenmal in der Diözese Lüttich, besonders durch das Bemühen der seligen Juliana von Cornillon, gefeiert wurde und dann von Unserem Vorgänger Urban IV. für die ganze Kirche eingesetzt wurde. Aus diesem Glauben sind auch viele Übungen und Werke eucharistischer Frömmigkeit hervorgegangen, die unter dem Einfluß der göttlichen Gnade immer zahlreicher wurden und mit denen die Kirche gleichsam wetteifert, um Christus zu ehren, ihm für ein so großes Geschenk zu danken und seine Barmherzigkeit zu erflehen.

Mahnung zur Förderung des eucharistischen Kultes

Wir bitten Euch daher, ehrwürdige Brüder, diesen Glauben, der ja nichts anderes will als treu an den Worten Christi und der Apostel festzuhalten, von allen falschen und schädlichen Auffassungen frei zu halten, ihn unter dem Eurer wachen Sorge anvertrauten Volk rein und unversehrt zu bewahren und den eucharistischen Kult, in den schließlich alle Formen der Frömmigkeit hineinführen und einmünden müssen, in Wort und Tat unermüdlich zu fördern.

Dringt darauf, daß die Gläubigen es mehr und mehr einsehen und erfahren: “Wer leben will, findet hier, wo und wovon er leben kann. Er komme, glaube, lasse sich eingliedern, damit er lebe. Er verzichte nicht auf die Verbindung mit den Gliedern, er sei kein abgestorbenes Glied, das abgeschnitten werden muß, er sei vielmehr ein schönes, taugliches und gesundes Glied; er bleibe verbunden mit dem Leibe, er lebe von Gott und für Gott; er mühe sich jetzt auf Erden, um dann im Himmel zu herrschen” (S. August., In Ioann. tract 26, 13; PL 35, 1613).

Die Gläubigen mögen sooft wie möglich, am besten täglich, aktiv am heiligen Meßopfer teilnehmen, mit reinem und frommem Herzen die heilige Kommunion empfangen und Christus, dem Herrn, auch gebührend für ein so großes Geschenk danken. Sie mögen an folgende Worte denken: “Der Wunsch Jesu, Christi und der Kirche, daß alle Gläubigen täglich zur heiligen Kommunion gehen, hat vor allem den Sinn, daß sie durch das Sakrament mit Gott verbunden werden und daraus die Kraft schöpfen, die Leidenschaften zu beherrschen, die täglichen läßlichen Sünden zu tilgen und sich vor dem Fall in schwere Sünden, denen die menschliche Schwachheit immer ausgesetzt ist, zu bewahren” (Decr. S. Congr. Concil. 20. dec. 1905; approb. a S. Pio X, AAS XXVIII [1905] P. 401).

Außerdem sollen sie es nicht unterlassen, das allerheiligste Sakrament, das an einem bevorzugten Ort und mit größter Ehrfurcht den liturgischen Gesetzen entsprechend in den Kirchen aufzubewahren ist, tagsüber zu besuchen; eine solche Besuchung ist ein Beweis der Dankbarkeit und ein Zeichen der Liebe und der schuldigen Verehrung gegenüber Christus, dem Herrn, der hier gegenwärtig ist.

Es liegt auf der Hand, daß die heilige Eucharistie dem christlichen Volke eine Würde gibt, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Denn nicht nur zur Zeit, da das Opfer dargebracht und das Sakrament vollzogen wird, sondern auch nach der Darbringung des Opfers und nach Vollzug des Sakramentes, wenn die heilige Eucharistie in den Kirchen oder in Oratorien aufbewahrt wird, ist Christus der wahre Emanuel, d. h. der “Gott mit uns”. Tag und Nacht weilt er in unserer Mitte und wohnt in uns voll der Gnade und Wahrheit (vgl. Joh. 1, 14). Er formt unser sittliches Verhalten, er entfaltet die Tugend, tröstet die Trauernden, stärkt die Schwachen und lädt alle, die zu ihm kommen, zu seiner Nachfolge ein, damit sie an seinem Beispiel lernen, sanftmütig und demütig von Herzen zu sein und nicht sich, sondern Gott zu suchen. jeder, der eine besondere Andacht zur heiligen Eucharistie hat und sich bemüht, die unendliche Liebe Christi zu uns vorbehaltlos und großmütig zu erwidern, erfährt daher und erfaßt zutiefst mit großer innerer Freude und Frucht, welchen hohen Wert ein Leben hat, das mit Christus in Gott verborgen ist (vgl. Kol 3, 3), und was es bedeutet, mit Christus eine Zwiesprache zu pflegen, die hier auf Erden das Beglückendste und das Wirksamste auf dem Wege zur Heiligkeit ist.

Ihr wißt auch, ehrwürdige Brüder, daß die heilige Eucharistie in Kirchen und Oratorien aufbewahrt wird als geistlicher Mittelpunkt einer Ordensgemeinschaft oder Pfarrgemeinde, ja der gesamten Kirche und der ganzen Menschheit, da sie unter dem Schleier der Gestalten Christus, das unsichtbare Haupt der Kirche, den Erlöser der Welt, den Mittelpunkt aller Herzen, enthält, “von dem alles kommt und für den wir sind” (1 Kor. 8, 6).

Deshalb drängt auch die Verehrung der heiligen Eucharistie zur “sozialen” Liebe (vgl. S. August., De Gen. ad litt. XI, 15, 20; PL 34, 437), die uns befähigt, das Gemeinwohl dem Privatwohl vorzuziehen, die Sache der Gemeinschaft, der Pfarrei, der Gesamtkirche zu der unsrigen zu machen und die Liebe auf die ganze Welt auszudehnen, weil wir wissen, daß es überall Glieder Christi gibt.

Da also, ehrwürdige Brüder, das Sakrament der heiligen Eucharistie Zeichen und Ursache der Einheit des mystischen Leibes Christi ist und in denen, die es mit größerem Eifer verehren, ein stärkeres zur Tat drängendes Kirchenbewußtsein weckt, so unterlaßt nicht, eure Gläubigen immer wieder darauf hinzuweisen, daß sie lernen, wenn sie zum eucharistischen Geheimnis hinzutreten, die Sache der Kirche zur ihren zu machen, unablässig zu Gott zu beten und sich selbst dem Herrn als wohlgefälliges Opfer für den Frieden und die Einheit der Kirche darzubringen, damit alle Kinder der Kirche eins und eines Sinnes seien und unter ihnen keine Spaltungen aufkommen, sondern nach der Vorschrift des Apostels (vgl. 1 Kor. 1, 10) alle vollkommen eines Sinnes und einer Meinung seien; damit aber auch alle, die noch nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche verbunden sind, insofern sie von ihr getrennt sind, aber doch den christlichen Namen tragen und sich dessen rühmen  sich mit Hilfe der Gnade Gottes möglichst bald mit uns zusammen jener Einheit des Glaubens und jener Gemeinschaft erfreuen, die nach dem Willen Christi seinen Jüngern eigen sein soll.

Dieses Verlangen, für die Einheit der Kirche zu beten und sich für sie zu weihen, sollen vor allem jene Ordensleute, Männer und Frauen als ihre Aufgabe ansehen, die in besonderer Weise die Anbetung des allerheiligsten Sakramentes pflegen und durch ihre Gelübde gleichsam seine Krone hier auf Erden geworden sind.

Dieses Verlangen nach der Einheit aller Christen, das der Kirche von alters her sehr am Herzen liegt, wollen Wir von neuem zum Ausdruck bringen, und zwar gerade mit den Worten, mit denen seinerzeit das Konzil von Trient das Dekret über die heilige Eucharistie schloß: “Väterlich ermahnt, bittet, beschwört bei dem herzlichen Erbarmen unseres Gottes (Luk. 1, 78) die heilige Synode alle und jeden einzelnen, die sich Christen nennen, endlich in diesem Zeichen der Einheit, in diesem Band der Liebe, in diesem Symbol der Eintracht eins zu werden; sie mögen an die Majestät und die einzigartige Liebe unseres Herrn Jesus Christus denken, der sein Leben als Preis für unser Heil und sein Fleisch uns zur Speise (Joh. 6, 48 ff .) gegeben hat, und sie mögen diese heiligen Geheimnisse seines Leibes und Blutes mit solcher Unerschütterlichkeit des Glaubens, mit solcher Andacht und Frömmigkeit glauben und verehren, daß sie jenes ‚übernatürliche’ (supersubstantialem) (Matth. 6, 11) Brot häufig empfangen können. Dieses soll ihnen wirklich das Leben der Seele und die ständige Gesundheit des Geistes sein, ‚durch dessen Kraft sie gestärkt’ (Reg. 19, 8) von dieser mühseligen Pilgerschaft zur himmlischen Heimat gelangen können; dort sollen sie ‚das Brot der Engel’ (Ps. 77, 25), das sie jetzt unter heiliger Verhüllung empfangen, unverschleiert genießen” (Decr. de SS. Eucharist., c. 8).

Möge der gütige Erlöser, der im Angesicht des Todes zum Vater betete, daß alle, die an ihn glauben würden, eins seien, wie er selbst und der Vater eins sind (vgl. Joh. 17, 20. 21), Unser und der ganzen Kirche sehnliches Verlangen möglichst bald erfüllen, daß wir alle einmütig im gleichen Glauben das eucharistische Geheimnis feiern, am Leibe Christi teilhaben und ein Leib werden (vgl . 1 Kor. 10, 17), durch die gleichen Bande zusammengehalten, durch die der Leib nach seinem Willen Bestand haben soll.

Schließlich wenden Wir Uns noch in brüderlicher Liebe an alle, die den ehrwürdigen Kirchen des Orients angehören, denen so zahlreiche berühmte Väter entstammen und deren Zeugnisse vom Glauben an die Eucharistie Wir gerne in dieses Unser Schreiben aufgenommen haben. Es ist für Uns eine besondere Freude, wenn Wir sehen, wie Euer Glaube an die Eucharistie auch der Unsrige ist; wenn Wir auf die liturgischen Gebete lauschen, mit denen Ihr das große Geheimnis feiert, wenn Wir Eure eucharistische Feier sehen; wenn Wir Eure Theologen lesen, die die Lehre vom allerheiligsten Sakrament darlegen und verteidigen.

Die allerseligste Jungfrau Maria, aus der Christus der Herr jenes Fleisch annahm, das in diesem Sakrament unter den Gestalten von Brot und Wein “enthalten ist, dargebracht und genossen wird” (CIC, can. 801) und alle Heiligen Gottes, besonders jene, die eine besonders innige Verehrung zur heiligen Eucharistie hatten, mögen den Vater der Barmherzigkeit bitten, daß aus dem uns gemeinsamen Glauben und der Feier der Eucharistie die vollkommene Einheit der Gemeinschaft unter allen Christen erwachse und sich entfalte. Es mögen sich unserer Seele die Worte des heiligen Ignatius einprägen, mit denen er die Gemeinde von Philadelphia vor Trennung und Spaltung warnte, gegen die die Eucharistie das Heilmittel bringt: “Bemüht euch daher”, sagt er, “die eine Eucharistie zu feiern. Denn es gibt nur ein Fleisch unseres Herrn Jesus Christus; es gibt nur einen Kelch in der Einheit seines Blutes , es gibt nur einen Altar, einen Bischof…” (Epistola ad Philadelph. 4; PG 5, 700).

In der zuversichtlichen Hoffnung auf das Gute, das aus einer Zunahme des eucharistischen Kultes für die ganze Kirche und für die ganze Welt erwachsen wird, spenden Wir Euch, ehrwürdige Brüder, den Priestern, Ordensleuten, allen Euren Mitarbeitern und allen Eurer Sorge anvertrauten Gläubigen als Zeichen der Gnade des Himmels von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 3. September 1965, am Fest des heiligen Papstes Pius X., im dritten Jahre Unseres Pontifikates.

Paulus PP VI.

hl. Papst Paul VI. - Mystericum Eucharisticum
II. Vaticanum

Das II. Vatikanische Konzil und die Verehrung der Eucharistie
Konstitution über die heilige Liturgie „Sacrosanctum Concilium“

2. In der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, „vollzieht sich“ „das Werk unserer Erlösung“1, und so trägt sie in höchstem Maße dazu bei, dass das Leben der Gläubigen Ausdruck und Offenbarung des Mysteriums Christi und des eigentlichen Wesens der wahren Kirche wird, der es eigen ist, zugleich göttlich und menschlich zu sein, sichtbar und mit unsichtbaren Gütern ausgestattet, voll Eifer der Tätigkeit hingegeben und doch frei für die Beschauung, in der Welt zugegen und doch unterwegs; und zwar so, dass dabei das Menschliche auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung, das Gegenwärtige auf die künftige Stadt, die wir suchen2.

10. … Aus der Liturgie, besonders aus der Eucharistie, fließt uns wie aus einer Quelle die Gnade zu; in höchstem Maß werden in Christus die Heiligung der Menschen und die Verherrlichung Gottes verwirklicht, auf die alles Tun der Kirche als auf sein Ziel hinstrebt.

47. Unser Erlöser hat beim Letzten Abendmahl in der Nacht, da er überliefert wurde, das eucharistische Opfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, um dadurch das Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch bis zu seiner Wiederkunft fortdauern zu lassen und so der Kirche, seiner geliebten Braut, eine Gedächtnisfeier seines Todes und seiner Auferstehung anzuvertrauen: das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen der Einheit, das Band der Liebe36, das Ostermahl, in dem Christus genossen, das Herz mit Gnade erfüllt und uns das Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegeben wird37.

Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“

11. …In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm20; so übernehmen alle bei der liturgischen Handlung ihren je eigenen Teil, sowohl in der Darbringung wie in der heiligen Kommunion, nicht unterschiedslos, sondern jeder auf seine Art. Durch den Leib Christi in der heiligen Eucharistiefeier gestärkt, stellen sie sodann die Einheit des Volkes Gottes, die durch dieses hocherhabene Sakrament sinnvoll bezeichnet und wunderbar bewirkt wird, auf anschauliche Weise dar.

33. … Durch die Sakramente, vor allem durch die heilige Eucharistie, wird jene Liebe zu Gott und den Menschen mitgeteilt und genährt, die die Seele des ganzen Apostolates ist.

Dekret über Dienst und Leben der Priester „Presbyterorum ordinis“

2. … Diese Verherrlichung besteht darin, dass die Menschen die in Christus vollendete Tat Gottes bewußt, frei und dankbar annehmen und in ihrem ganzen Leben kundtun. Ob die Priester sich darum dem Gebet und der Anbetung hingeben, ob sie das Wort verkünden, das eucharistische Opfer darbringen und die übrigen Sakramente verwalten oder den Menschen auf andere Weise dienen, immer fördern sie die Ehre Gottes und das Wachstum des göttlichen Lebens im Menschen.

5. … Mit der Eucharistie stehen die übrigen Sakramente im Zusammenhang; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die anderen kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke15. Die Heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle16, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben; so werden sie ermuntert und angeleitet, sich selbst, ihre Arbeiten und die ganze Schöpfung mit ihm darzubringen. Darum zeigt sich die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt aller Evangelisation:…

Das Gotteshaus, in dem die Heiligste Eucharistie gefeiert und aufbewahrt wird, in dem die Gläubigen sich versammeln und die Gegenwart des auf dem Opferaltar für uns dargebrachten Erlösers zur Hilfe und zum Trost der Gläubigen verehrt wird, soll schön sein, geeignet zu Gebet und heiliger Handlung18.

18. … Zur treuen Erfüllung ihres Dienstes soll ihnen die tägliche Zwiesprache mit Christus dem Herrn in Besuchung und persönlicher Andacht der Heiligsten Eucharistie Herzenssache sein. Gern sollen sie sich für Tage geistlicher Zurückgezogenheit frei machen und die geistliche Führung hochschätzen.  Auf vielfache Weise, vor allem durch das bewährte innere Gebet und frei zu wählende verschiedene Gebetsarten, suchen und erbitten die Priester von Gott inständig jenen Geist echter Anbetung, durch den sie sich zugleich mit dem ihnen anvertrauten Volk innig Christus, dem Mittler des Neuen Bundes, einen und so in der Gnade der Kindschaft rufen können: „Abba, Vater“ (Röm 8,15).

Fußnote 19 „Außerdem sollen sie es nicht unterlassen, das Allerheiligste Sakrament, das an einem bevorzugten Ort und mit größter Ehrfurcht den liturgischen Gesetzen entsprechend aufzubewahren ist, tagsüber zu besuchen; eine solche Besuchung ist ein Beweis der Dankbarkeit und ein Zeichen der Liebe und der schuldigen Verehrung gegenüber Christus dem Herrn, der hier gegenwärtig ist“: Paul VI., Enz. Mysterium Fidei, 3. Sept. 1965: AAS 57 (1965) 771.

Rituale Romanum

In der offiziellen im Rahmen der Liturgiereform nach dem II. Vatikanum herausgegebenen liturgischen Handreichung “Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe” heißt es in der Einleitung:

“Auch eine außerhalb der Messe nach den von der rechtmäßigen Autorität aufgestellten Normen vollzogene private und öffentliche Verehrung der heiligen Eucharistie wird eindringlich empfohlen; denn das eucharistische Opfer ist Quelle und Höhepunkt des gesamten christlichen Lebens.

Die Gläubigen sollen sich bei der Verehrung des im Sakrament gegenwärtigen Christus bewusst sein, dass diese Gegenwart aus dem Opfer hervorgeht und auf die sakramentale und geistliche Kommuni- on hinzielt.

Denn die Frömmigkeit, welche die Gläubigen zur Anbetung der heiligen Eucharistie bewegt, ermuntert sie auch dazu, voll und ganz am österlichen Geheimnis teilzuhaben; sie ist dankbare Antwort auf das Geschenk dessen, der durch seine Menschwerdung unaufhörlich die Glieder seines Leibes mit göttlichem Leben erfüllt.

Indem die Gläubigen bei Christus, dem Herrn, verweilen, vertrauen sie sich ihm an, schütten vor ihm ihr Herz aus und bitten für sich und alle die Ihrigen, für den Frieden und das Heil der Welt.

Mit Christus bringen sie im Heiligen Geiste ihr ganzes Leben dem Vater dar und empfangen aus dieser erhabenen Verbindung Wachstum im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.

So wird in ihnen jene rechte innere Haltung genährt, mit der sie in gebührender Ehrfurcht das Gedächtnis des Herrn feiern und häufig das Brot empfangen können, das uns der Vater geschenkt hat.

Die Gläubigen sollen daher ihren Lebensverhältnissen entsprechend Christus, den Herrn, im Sakrament verehren. Die Seelsorger aber mögen ihnen darin Beispiel sein und sie durch ihr Wort dazu anleiten.

Auch sollen die Gläubigen sich bewusst sein, dass sie durch dieses Gebet zum Herrn im Sakrament jene Verbindung mit ihm fortsetzen, die sie in der heiligen Kommunion erlangt haben:

durch die Erneuerung des Bundes mit ihm empfangen sie die Kraft, in ihrem Leben das zu verwirklichen, was sie in der Eucharistiefeier im Glauben und im Sakrament empfangen haben.”

Hier der gesamte Einleitungstext zu diesem offiziellen liturgischen Buch “Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe”

Papst Pius XII. - Mediator Dei
Konzil von Trient

Vorwort

Auch wenn sich das hochheilige und allgemeine Konzil von Trient … nicht ohne die besondere Führung und Leitung des Heiligen Geistes zu dem Zweck versammelt hat, die wahre und alte Lehre über den Glauben und die Sakramente darzulegen und für alle Häresien und andere äußerst schwerwiegende Unannehmlichkeiten, von denen die Kirche Gottes heute elend geplagt und in viele verschiedene Teile zerspalten wird, ein Heilmittel beizubringen, so hat sie <doch> schon von Anfang an vor allem beabsichtigt, das Unkraut verabscheuungswürdiger Irrtümer und Spaltungen mit Stumpf und Stiel auszureißen, die der feindliche Mensch in diesen unseren unheilvollen Zeiten in Glaubenslehre, Gebrauch und Verehrung der hochheiligen Eucharistie aussäte [vgl. Mt 13,25], die unser Erlöser ansonsten in seiner Kirche als Zeichen ihrer Einheit und Liebe hinterließ, durch die alle Christen nach seinem Willen untereinander verbunden und verknüpft sein sollen.

Deshalb untersagt dasselbe hochheilige Konzil,

jene gesunde und echte Lehre über dieses ehrwürdige und göttliche Sakrament der Eucharistie überliefernd, die die katholische Kirche – von unserem Herrn Jesus Christus selbst und seinen Aposteln unterrichtet sowie vom Heiligen Geist, der ihr alle Wahrheit täglich eingibt [vgl. Joh 14,26], belehrt – immer festgehalten hat und bis zum Ende der Zeit bewahren wird,

allen Christgläubigen, es künftig zu wagen, über die heiligste Eucharistie anders zu glauben, zu lehren oder zu predigen, als wie es in diesem vorliegenden Dekret erklärt und festgelegt ist.

Kap. 1. Die wirkliche Gegenwart unseresHerrn Jesus Christus im heiligsten Sakrament der Eucharistie

Zu Beginn lehrt das heilige Konzil und bekennt offen und ehrlich, dass im segensreichen Sakrament der heiligen Eucharistie nach der Konsekration von Brot und Wein unser Herr Jesus Christus als wahrer Gott und Mensch wahrhaft, wirklich und substanzhaft [Kan. 1] unter der Gestalt jener sinnenfälligen Dinge enthalten ist. Es widerstreitet sich nämlich nicht, dass eben unser Erlöser entsprechend der natürlichen Daseinsweise immer zur Rechten des Vaters in den Himmeln sitzt, und dass er nichtsdestoweniger an vielen anderen Orten in seiner Substanz sakramental gegenwärtig bei uns ist, in einer Daseinsweise, die wir zwar kaum mit Worten ausdrücken können, von der wir jedoch mit Hilfe der durch den Glauben erleuchteten Überlegung erfassen können und unerschütterlich glauben müssen, dass sie Gott möglich ist [vgl. Mt 19,26; Lk 18,27].

So haben nämlich alle unsere Vorfahren, die in der wahren Kirche Christi lebten und die über dieses heiligste Sakrament Erörterungen anstellten, ganz offen bekannt, dass unser Erlöser dieses so wunderbare Sakrament beim letzten Abendmahl eingesetzt hat, als er nach der Segnung von Brot und Wein mit klaren und deutlichen Worten bezeugte, dass er ihnen seinen eigenen Leib und sein Blut hingebe; da diese Worte, die von den heiligen Evangelisten berichtet [vgl. Mt 26,26-29; Mk 14,22-25; Lk 22,19f] und später vom göttlichen Paulus wiederholt wurden [vgl. 1 Kor 11,24f], jene eigentümliche und ganz offensichtliche Bedeutung an den Tag legen, in der sie von den Vätern verstanden wurden, ist es fürwahr eine höchst abscheuliche Niederträchtigkeit, wenn sie von bestimmten streitsüchtigen und verdorbenen Menschen gegen die allgemeine Auffassung der Kirche zu erdichteten und bildhaften Redeweisen verdreht werden, in denen die Wahrheit des Fleisches und des Blutes Christi geleugnet wird; als „Säule und Stütze der Wahrheit“ [1 Tim 3,15] hat sie <= die Kirche> diese von gottlosen Menschen ausgedachten Erdichtungen als satanisch verabscheut und immer mit dankbarem und gedenkendem Herzen diese ganz vorzügliche Wohltat Christi anerkannt.

Kap. 2. Die Weise der Einsetzung dieses heiligsten Sakramentes

Als unser Erlöser im Begriff war, aus dieser Welt zum Vater wegzugehen, hat er also dieses Sakrament eingesetzt, in dem er gleichsam den Reichtum seiner göttlichen Liebe gegenüber den Menschen ausgoss, „eine Erinnerung an seine Wunder schaffend“ [Ps 111,4]; und er gebot, wir sollten in seinem Genuss sein Gedächtnis begehen [vgl. Lk 22,19; 1 Kor 11,24] und seinen Tod verkünden, bis er selbst kommt, um die Welt zu richten [vgl. 1 Kor 11,26].

Er wollte aber, dass dieses Sakrament genossen werde als geistliche Speise der Seelen [vgl. Mt 26,26], mit der die Lebenden durch das Leben desjenigen genährt und gestärkt werden sollen [Kan. 5], der gesagt hat: „Wer mich isst, wird auch selbst leben durch mich“ [Joh 6,57], und als Gegenmittel, durch das wir von der täglichen Schuld befreit und vor Todsünden bewahrt werden sollen.

Außerdem wollte er, dass es ein Unterpfand unserer künftigen Herrlichkeit und immerwährenden Seligkeit sei und insofern ein Zeichen jenes einen Leibes, dessen Haupt er selbst ist [vgl. 1 Kor 11,3; Eph 5,23] und dem wir nach seinem Willen als Glieder durch das engste Band des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe verbunden sein sollen, auf dass wir alle dasselbe sagen und unter uns keine Spaltungen seien [vgl. 1 Kor 1,10].

Kap. 3. Die Erhabenheit der heiligsten Eucharistie über die anderen Sakramente

Zwar ist es der heiligsten Eucharistie mit den übrigen Sakramenten gemeinsam, dass sie „ein Zeichen für eine heilige Sache und die sichtbare Gestalt der unsichtbaren Gnade ist“1; aber in ihr findet sich jenes Erhabene und Einzigartige, dass die übrigen Sakramente erst dann die Kraft zu heiligen haben, wenn sie einer gebraucht; in der Eucharistie aber ist der Urheber der Heiligkeit selbst vor dem Gebrauch [Kan. 4].

Die Apostel hatten nämlich die Eucharistie noch nicht aus der Hand des Herrn empfangen [vgl. Mt 26,26; Mk 14,22], als er selbst dennoch wahrhaft versicherte, es sei sein Leib, den er darbot; und stets war dieser Glaube in der Kirche Gottes, dass sogleich nach der Konsekration der wahre Leib unseres Herrn und sein wahres Blut unter der Gestalt des Brotes und des Weines zusammen mit seiner Seele und Gottheit da sei: und zwar der Leib unter der Gestalt des Brotes und das Blut unter der Gestalt des Weines kraft der Worte, derselbe Leib aber unter der Gestalt des Weines und das Blut unter der Gestalt des Brotes und die Seele unter beiden kraft jener natürlichen Verknüpfung und Begleitung, durch die die Teile Christi, des Herrn, der schon von den Toten auferstanden ist und nicht mehr sterben wird [vgl. Röm 6,9], untereinander verbunden sind, die Gottheit jedoch wegen jener wunderbaren hypostatischen Einung mit seinem Leib und seiner Seele [Kan. 1 und 3].

Deswegen ist es ganz wahr, dass ebensoviel unter einer der beiden Gestalten wie unter beiden enthalten ist. Ganz und unversehrt ist nämlich Christus unter der Gestalt des Brotes und unter jedwedem Teil ebendieser Gestalt, ganz ebenso unter der Gestalt des Weines und unter seinen Teilen [Kan. 3].

Kap. 4. Die Wesensverwandlung

Weil aber Christus, unser Erlöser, sagte, das, was er unter der Gestalt des Brotes darbrachte [vgl. Mt 26,26-29; Mk 14,22-25; Lk 22 ,19f; 1 Kor 11,24-26], sei wahrhaft sein Leib, deshalb hat in der Kirche Gottes stets die Überzeugung geherrscht, und dieses heilige Konzil erklärt es jetzt von neuem: durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung genannt Kan. 2].

Kap. 5. Der Kult und die Verehrung, die diesem heiligsten Sakrament zu erweisen sind

Es bleibt daher kein Platz mehr für einen Zweifel, ob alle Christgläubigen diesem heiligsten Sakrament bei der Verehrung gemäß dem in der katholischen Kirche stets gepflegten Brauche den Kult der Gottesverehrung, der dem wahren Gott geschuldet wird, erweisen sollen [Kan. 6]. Es ist nämlich deswegen nicht weniger anzubeten, weil es von Christus, dem Herrn, eingesetzt wurde, um genossen zu werden [vgl. Mt 26,26-29]. Denn wir glauben, dass eben jener Gott in ihm gegenwärtig ist, von dem der ewige Vater, als er ihn in den Erdkreis einführt, sagt: „Und anbeten sollen ihn alle Engel Gottes“ Hebr 1,6; aus Ps 97,7], den die Weisen niederfallend anbeteten [vgl. Mt 2,11], von dem schließlich die Schrift bezeugt, dass er in Galiläa von den Aposteln angebetet wurde [vgl. Mt 28,17; Lk 24,52].

Das heilige Konzil erklärt außerdem, dass in sehr frommer und religiöser Gesinnung der Brauch in der Kirche Gottes eingeführt wurde, dass dieses erhabene und ehrwürdige Sakrament in jedem Jahr an einem eigenen Festtag mit besonderer Verehrung und Festlichkeit gefeiert wird, und dass es in Prozessionen ehrfürchtig und ehrenvoll durch öffentliche Straßen und Plätze herumgetragen wird.

Es ist nämlich höchst richtig, dass einige heilige Tage festgelegt sind, an denen alle Christen durch eine besondere und gewissermaßen seltene Kundgebung ihre dankbare und erkenntliche Gesinnung gegenüber dem gemeinsamen Herrn und Erlöser bezeugen angesichts der so unaussprechlichen und eindeutig göttlichen Wohltat, durch die der Sieg und Triumph seines Todes dargestellt wird. Und zwar sollte die siegreiche Wahrheit einen solchen Triumph über Lüge und Häresie feiern, dass ihre Gegner, in den Anblick eines so großen Glanzes und in eine so große Freude der gesamten Kirche versetzt, entweder entkräftet und gebrochen dahinschwinden oder von Scham erfüllt und verwirrt irgendwann einmal wieder zur Einsicht kommen.

Kap. 6. Die Aufbewahrung des Sakramentes der heiligen Eucharistie und seine Überbringung zu den Kranken

Die Gepflogenheit, die heilige Eucharistie an heiligem Ort aufzubewahren, ist so alt, dass sie sogar schon die Zeit des Konzils von Nikaia kannte. Ferner: diese heilige Eucharistie zu den Kranken zu bringen und zu diesem Zweck sorgfältig in den Kirchen aufzubewahren, findet sich abgesehen davon, dass es mit höchster Billigkeit und Vernünftigkeit verbunden ist – auch auf vielen Konzilien als Gebot und wurde nach ältestem Brauch der katholischen Kirche beachtet. Deshalb legte dieses heilige Konzil fest, dass dieser durchaus heilsame und notwendige Brauch beizubehalten ist [Kan. 7].

Kap. 7. Die Vorbereitung, die anzuwenden ist, damit einer die heilige Eucharistie würdig empfange

Wenn es sich nicht ziemt, dass einer zu irgendwelchen heiligen Verrichtungen anders hinzutrete als heilig, so muss sich sicherlich, je mehr die Heiligkeit und Göttlichkeit dieses himmlischen Sakramentes einem christlichen Manne bekannt ist, jener umso gewissenhafter davor hüten, ohne große Ehrfurcht und Heiligkeit [Kan. 11] zu seinem Empfang hinzutreten, zumal da wir bei dem Apostel jene schreckensvollen Worte lesen: „Wer unwürdig isst und trinkt, isst und trinkt sich das Gericht, wenn er nicht den Leib des Herrn unterscheidet“ [1 Kor 11,29]. Deshalb muss sich derjenige, der kommunizieren will, sein Gebot ins Gedächtnis zurückrufen: „Es prüfe aber der Mensch sich selbst“ [1 Kor 11,28].

Die kirchliche Gepflogenheit aber erklärt, dass diese Prüfung notwendig ist, so dass keiner, der sich einer Todsünde bewusst ist, so sehr er sich auch reuevoll erscheinen mag, ohne vorausgeschickte sakramentale Beichte zur heiligen Eucharistie hinzutreten darf.

Dieses heilige Konzil beschloss, dass dies von allen Christen, auch von denjenigen Priestern, denen es von Amts wegen obliegt, zu zelebrieren, immerfort beachtet werden muss, sofern ihnen nicht die Gelegenheit fehlt, einen Beichtvater <zu erreichen>. Wenn ein Priester aber aufgrund dringender Notwendigkeit ohne vorangehende Beichte zelebriert, soll er möglichst bald [vgl. DH 2058] beichten.

Kap. 8. Der Gebrauch dieses wunderbaren Sakramentes

In Bezug auf den Gebrauch aber haben unsere Väter richtig und klug drei Weisen, dieses heilige Sakrament zu empfangen, unterschieden. Sie lehrten nämlich, dass manche es lediglich sakramental genießen als Sünder; andere nur geistlich, nämlich jene, die , jenes vor Augen gestellte himmlische Brot dem Verlangen nach essend, mit lebendigem Glauben, „der durch die Liebe wirkt“ [Gal 5,6], seine Frucht und seinen Nutzen verspüren; die dritten aber zugleich sakramental und geistlich [Kan. 8]; es sind aber diejenigen, die sich zuvor so prüfen und herrichten, dass sie, mit dem Hochzeitsgewande angetan, zu diesem göttlichen Tische hinzutreten [vgl. Mt 22,11f].

Beim sakramentalen Empfang aber war es in der Kirche Gottes immer Brauch, dass die Laien die Kommunion von den Priestern empfangen, die zelebrierenden Priester aber sich selbst die Kommunion reichen [Kan. 10]; diese Sitte muss als aus apostolischer Überlieferung herrührend mit Fug und Recht beibehalten werden.

Schließlich aber ermahnt, ermuntert, bittet und beschwört das heilige Konzil mit väterlicher Zuneigung „beim Innigsten der Barmherzigkeit unseres Gottes“ [Lk 1,78], dass alle und jeder einzelne, die zum christlichen Namen gerechnet werden, in diesem „Zeichen der Einheit“, in diesem „Band der Liebe“1, in diesem Symbol der Eintracht nun endlich einmal zusammenfinden und übereinstimmen und eingedenk der so großen Erhabenheit und so außerordentlichen Liebe unseres Herrn Jesus Christus, der seine geliebte Seele zum Lösegeld unseres Heiles und sein Fleisch uns zu essen gab [vgl. Joh 6,48-58], diese heiligen Geheimnisse seines Leibes und Blutes mit solcher Beständigkeit und Festigkeit des Glaubens, solcher Ergebenheit des Herzens, solcher Frömmigkeit und Beflissenheit glauben und verehren, dass sie jenes überwesenhafte Brot [vgl.Mt 6,11] häufig empfangen können und ihnen jener wahrhaft Leben der Seele und immerwährende Gesundheit des Geistes ist, durch dessen Kraft gestärkt [vgl. 1 Kön 19,8] sie von der Reise dieser elenden Pilgerschaft zur himmlischen Heimat gelangen können, um dasselbe „Brot der Engel“ [Ps 78,25], das sie nun unter heiligen Schleiern verzehren, ohne jeden Schleier zu essen.

Weil es aber nicht genügt, die Wahrheit zu sagen, ohne dass die Irrtümer aufgedeckt und zurückgewiesen werden, beschloss das heilige Konzil, folgende Kanones anzufügen, damit alle, nachdem sie schon die katholische Lehre kennen gelernt haben, auch innewerden, vor welchen Häresien sie sich vorsehen und hüten müssen.

Kan. 1. Wer leugnet, dass im Sakrament der heiligsten Eucharistie wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten ist, vielmehr sagt, er sei lediglich wie in einem Zeichen bzw. Abbild oder der Wirkkraft nach in ihm: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1636 DH 1640].

Kan. 2. Wer sagt, im hochheiligen Sakrament der Eucharistie verbliebe zusammen mit dem Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus die Substanz des Brotes und des Weines, und jene wunderbare und einzigartige Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in den Leib und der ganzen Substanz des Weines in das Blut, wobei lediglich die Gestalten von Brot und Wein bleiben, leugnet – und zwar nennt die katholische Kirche diese Wandlung sehr treffend Wesensverwandlung -: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1642].

Kan. 3. Wer leugnet, dass im ehrwürdigen Sakrament der Eucharistie unter jeder der beiden Gestalten und – nach erfolgter Trennung – unter den einzelnen Teilen jeder Gestalt der ganze Christus enthalten ist: der sei mit dem Anathema belegt [vgl.DH 1641].

Kan. 4. Wer sagt, nach erfolgter Konsekration sei im wunderbaren Sakrament der Eucharistie nicht der Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus, sondern nur beim Gebrauch, wenn er genossen wird, nicht aber davor oder danach, und in den Hostien bzw. den konsekrierten Teilchen, die nach der Kommunion aufbewahrt werden bzw. übrig bleiben, verbleibe nicht der wahre Leib des Herrn: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1639f].

Kan. 5. Wer sagt, die hauptsächliche Frucht der heiligsten Eucharistie sei die Vergebung der Sünden, oder aus ihr gingen keine anderen Wirkungen hervor: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1638].

Kan. 6. Wer sagt, im heiligen Sakrament der Eucharistie sei Christus, der einzig geborene Sohn Gottes, nicht auch mit dem äußeren Kult der Gottesverehrung anzubeten und daher weder durch eine besondere festliche Feier zu verehren noch gemäß der lobenswerten und allgemeinen Sitte und Gepflogenheit der heiligen Kirche in Prozessionen feierlich herumzutragen, oder nicht öffentlich dem Volke vor Augen zu stellen, damit er angebetet werde, und seine Anbeter seien Götzendiener: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1643f].

Kan. 7. Wer sagt, es sei nicht erlaubt, die heilige Eucharistie an heiligem Ort aufzubewahren, sondern sie müsse sogleich nach der Konsekration den Anwesenden ausgeteilt werden; oder es sei nicht erlaubt, dass sie ehrenvoll zu den Kranken gebracht werde: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1645].

Kan. 8. Wer sagt, man esse den in der Eucharistie dargereichten Christus nur geistlich und nicht auch sakramental und wirklich: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1648].

Kan. 9. Wer leugnet, dass alle und jeder einzelne Christgläubige beiderlei Geschlechts, sobald sie in die Jahre der Unterscheidung gekommen sind, gehalten sind, in jedem Jahr wenigstens an Ostern gemäß dem Gebot der heiligen Mutter Kirche zu kommunizieren: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 812].

Kan. 10. Wer sagt, es sei dem zelebrierenden Priester nicht erlaubt, sich selbst die Kommunion zu reichen: der sei mit dem Anathema belegt [vgl. DH 1648].

Kan. 11. Wer sagt, allein der Glaube sei eine hinreichende Vorbereitung für den Genuss des Sakramentes der heiligsten Eucharistie [vgl. DH 1646]: der sei mit dem Anathema belegt.

Und damit ein so großes Sakrament nicht unwürdig und daher zum Tod und zur Verurteilung genossen werde, bestimmt und erklärt dieses heilige Konzil, dass diejenigen, die das Bewusstsein einer Todsünde niederdrückt, so sehr sie sich auch für reuevoll halten, sofern ein Beichtvater verfügbar ist, notwendig eine sakramentale Beichte vorausschicken müssen.

Wer sich aber untersteht, das Gegenteil zu lehren, zu predigen bzw. hartnäckig zu behaupten oder auch in der öffentlichen Diskussion zu verteidigen, soll eben dadurch exkommuniziert sein [vgl. DH 1647].

(Denzinger-Schönmetzer 1635-1661)

Papst Urban IV. - Einführung des Fronleichnamsfestes

Urban IV.
Bulle “Transiturus” zur Einführung des Fronleichnamsfestes

Papst Urban IV. – 11. August 1264

Urban, Bischof, Knecht der Knechte Gottes, an Unsere ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Erzbischöfe und andere Prälaten der Kirche.

Als unser Herr und Heiland Jesus Christus ehe er die Welt verlassen und zu seinem Vater zurückkehren wollte, am Abende vor seinem leiden mit seinen Jüngern das Abendmahl genossen hatte, setzte er das allerheiligste, kostbarste Sakrament seines Leibes und Blutes ein, in welchem er uns seinen Leib zur Speise, und sein Blut zum Trank gab. Denn sooft wir von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken, verkündigen wir den Tod des Herrn. Bei der Einsetzung dieses Geheimnisses sagte er zu seinen Jünger: “Tut dies zu meinem Gedächtnis,” indem er ihnen zu erkennen geben wollte, dass das große und verehrungswürdige Sakrament, das er eben eingesetzt hat, das vorzüglichste und bedeutendste Andenken seiner unendlichen Liebe gegen uns sei, ein bewunderungswürdiges, angenehmes, liebliches, süßes und über alles kostbare Andenken, in dem alle Gnadenbezeigungen erneuert, alle Wunder übertroffen sind, in dem man alle Ergötzung, alles Liebliche und das sicherste Pfand des ewigen Lebens finden kann.

Es ist das süßeste, heiligste und heilsamste Andenken, das uns die glücklichsten Augenblicke unserer Erlösung zurückruft, das uns vom Bösen zurückhält und im Guten stärkt, das in uns das Wachstum der Tugend und des Heiles fördert und das uns endlich auf den Pfaden des Himmels leitet und darauf erhält. Die anderen Geheimnisse, welche die Kirche verehrt, beten wir im Geist und in der Wahrheit an, aber bei keinem erfreuen wir uns der Gegenwart des Herrn; nur im Andenken des heiligen Abendmahls ist Jesus Christus wahrhaftig gegenwärtig und wahrhaft mit uns; denn als er zum Himmel emporstieg, sagte er zu seinen Aposteln und Schülern: “Seht, ich bin bei euch bis an das Ende der Welt,” um sie so über seine Abwesenheit zu trösten und ihnen zu versichern, dass er stets auch körperlich in ihrer Mitte weile.

O würdiges und ewig verehrungswürdiges Andenken, das uns erinnert, dass der Tod seinen Stachel verloren, und dass wir vom Untergang gerettet sind, seitdem der an dem Kreuzesstamm geheftete, belebende Leib des Herrn uns das Leben wiedergegeben hat. Es ist ein ruhmwürdiges Andenken, welches die Gläubigen mit heilsamer Freude erfüllt, und in ihrer Freudenergießung sie Tränen des Dankes weinen macht. Wir triumphieren bei dem Andenken unserer Erlösung, und uns hiebei an den Tod Jesu, – welcher uns erkauft hat, – erinnernd, können wir uns der Tränen nicht enthalten.

Bei diesem Andenken, welches uns Freude bereitet und Tränen entlockt, freuen wir uns weinend und weinen frohlockend, weil unser Herz im Andenken an eine so großen Wohltat in Wonne schwimmt, und wir in der gerechtesten Dankbarkeit, die wir demselben schulden, unsere Tränen nicht zurückhalten können.

O unermessliche, göttliche Liebe! O übergroßes Mitleid unseres Gottes, o staunenswertes Wunder seiner Freigebigkeit! Nicht genug, dass er uns zu Herren der Erdengüter gemacht, hat er auch alle Geschöpfe unserer Herrschaft unterworfen. Auch damit hat sich seine Barmherzigkeit noch nicht beschränkt, sondern er hat den Menschen noch zu der Würde erhoben, dass er ihnen Engel zum Schutz gegeben, himmlische Geister zu seinem Dienst bestellt hat, um die Auserwählten zum Besitz des Erbes zu führen, welches ihnen im Himmel bereitet ist. Nach so vielen glänzenden Zeugnissen seiner Herrlichkeit, hat er uns noch mehr Proben seiner unaussprechlichen Barmherzigkeit erzeigt und sich selbst dahingegeben. Alle Fülle der Gnaden und alles Maß der Liebe überschreitend, bietet er sich selbst zur Speise und zum Tranke dar!

O erhabene und wunderbare Freigebigkeit, in der der Geber die Gabe ist, und dieser derjenige selber ist, welcher sie gibt. O Freigebigkeit ohne Gleichen, wenn jemand sich selbst dahingibt. Unser Gott hat sich also uns zur Speise gegeben, weil der zum Tod verdammte Mensch nur durch dieses Mittel wieder zum Leben gelangen konnte. Von der verbotenen Frucht genießend, war er dem Tode verfallen, und durch den Genuss vom Baume des Lebens wurde er wiedererkauft. In jener war die Angel des Todes, in diesem die Speise des Lebens. Indem er jene aß, wurde er verwundet, und der Genuss dieser machte ihn gesund; der Genuss hat verwundet, der Genuss hat geheilt. die Heilung ist aus demselben hervorgegangen, welches die Wunde verursachte, und was uns den Tod brachte, hat uns das Leben zurückgegeben. Denn von jenem ist gesagt: “An dem Tage, da ihr davon esset, werdet ihr des Todes sterben,” und von diesem: “Wer von diesem Brot isst, der wird ewig leben.”

O wesentliche Speise, die nicht den Körper, sondern das Herz, nicht das Fleisch sondern die Seele vollkommen sättigt und wahrhaft nährt. Unser mitleidiger Erlöser, der wusste, dass dem Menschen eine geistliche Nahrung fehle, hat durch diese mitleidige und barmherzige Anordnung ihm die edelste und kräftigste Seelenspeise, welche es auf der Welt geben kann, bereitet. Auch war es die geeignetste Freigebigkeit und ein der Barmherzigkeit angemessenes Werk, dass das ewige Wort Gottes, welches die wahre Speise und wahre Mahlzeit der vernünftigen Kreatur ist, nachdem es Fleisch geworden, sich auch dem Fleische und Körper, das heißt dem Menschen zur Nahrung gab. Der Mensch hat Engelbrot gegessen, und deswegen sagt unser Herr: “Mein Fleisch ist die wahre Speise.” Dieses göttliche Brot wird gegessen, aber es verändert sich nicht, weil es in demjenigen, der es genießt, keine andere Gestalt annimmt. Wenn man es würdig empfängt, wandelt derjenige, der es auf diese Art genießt, sich in ihm.

O vortreffliches, anbetungswürdiges und ehrwürdiges Sakrament, das man nicht genug verehren und verherrlichen, nicht genug rühmen, dessen Verdienste man nicht genug erheben kann. O Sakrament, das würdig ist, aus Herzensgrund verehrt, aus dem innigsten Gefühl geliebt, und würdig ist, mit unauslöschlichen Zügen unserem Gedächtnis aufs Tiefste eingegraben zu werden. O alleredelstes Andenken, das man allerorten rühmen und verkünden muss, an das sich alle Christen mit dem Gefühl der größten Dankbarkeit erinnern sollen, welches man nicht genugsam betrachten, nicht würdig genug verehren kann.

Wir sind daher verpflichtet, uns ein immerwährendes Andenken an dieses hochheilige Sakrament zu bewahren, damit wir denjenigen beständig vor Augen haben, der uns diese unschätzbare Wohltat anbietet; denn je mehr man die Gaben betrachtet, desto mehr schätzt man denjenigen, der sie gegeben hat. Aber obgleich sein Andenken täglich im heiligen Messopfer begangen wird, halten wir es doch, um die Untreue und den Wahnsinn der Ketzer zu beschämen, für gerecht, wenigstens einmal im Jahr ein besonderes glänzendes Fest zu diesem Zweck zu feiern. An dem Tag an dem Jesus Christus dieses Sakrament ensetzte, ist die Kirche mit der Aussöhnung der Sünder, mit der Konsekration des heiligen Chrisams, der Fußwaschung und anderen Geheimnissen beschäftigt, so dass für die würdige Verehrung des erhabensten Sakramentes die erforderliche Zeit nicht vorhanden ist, weshalb es notwendig sein wird, hiefür einen anderen Tag zu bestimmen. Endlich ist es auch hinsichtlich der Heiligen kirchlicher Gebrauch, dass obgleich sie täglich in Gebeten, Litaneien, in der heiligen Messe und bei anderen Gelegenheiten verehrt werden, ihnen doch noch besondere Festtage gewidmet sind.

Da aber an diesen Tagen die ihnen gebührende Verehrung bisweilen wegen häuslicher Geschäfte oder auch aus menschlicher Schwäche unterlassen wird, so hat unsere Mutter, die heilige Kirche, einen gewissen Tag zum allgemeinen Gedächtnis aller Heiligen bestimmt, damit bei dieser Feier die allenfalls vorgekommenen Unterlassungen wieder gut gemacht werden. Wenn nun dieses schon in der Kirche eingeführt ist, um wie viel mehr sind wir nicht hiezu gegen das belebende Sakrament des Leibes und Blutes Jesu Christi, das die Glorie und die Krone aller Heiligen ist, verbunden? Man wird dabei den Vorteil genießen, durch frommen Eifer hierin das zu ergänzen und gut zu machen, was bei den übrigen Messopfern unterlassen wurde. Die Gläubigen werden beim Herannahen dieses Festes sich ihrer begangenen Fehler erinnern und an demselben in Demut und vom Ganzen Herzen Gott für die Unehrerbietigkeit oder Nachlässigkeit, mit welcher sie dem Heiligsten Messopfer beiwohnten, um Vergebung bitten.

Wirklich haben wir ehemals, als wir noch mit einer geringeren Würde bekleidet waren, vernommen, dass es einigen Katholiken göttlicher Weise geoffenbart worden, dass das Fronleichnamsfest allgemein in der ganzen Kirche gefeiert werden sollte.

Wir haben es daher, um den wahren Glauben zu stärken und zu erhöhen, für recht und billig gehalten, zu verordnen, dass außer dem täglichen Andenken, das die Kirche diesem heiligen Sakrament bezeigt, alle Jahre auf einen gewissen Tag noch ein besonderes Fest, nämlich auf den fünften Wochentag nach der Pfingstoktav, gefeiert werde, an welchem Tag das fromme Volk sich beeifern wird, in großer Menge in unsere Kirchen zu eilen, wo von den Geistlichen und Laien voll heiliger Freude Lobgesänge erschallen. An diesem heiligen Tage sollen aus dem Herzen der Gläubigen, aus ihrem Mund und von ihren Lippen Freudenhymnen ertönen. An diesem denkwürdigen Tage soll der Glaube triumphieren, die Hoffnung sich erheben, die Barmherzigkeit glänzen, die Frömmigkeit frohlocken, unsere Tempel von Freudengesängen widerhallen und die reinen Seelen vor Freude erzittern. Mögen an diesem Tage der Andacht alle Getreuen mit Herzensfreude in unsere Kirchen eilen, mit unbegrenztem Gehorsam sich da ihrer Pflichten entledigen, und so auf eine würdige Weise dieses große Fest begehen. Möge es Gott gefallen, sie zu einem so heiligen Eifer zu entflammen, dass sie durch Ausübung ihrer Frömmigkeit bei demjenigen, welcher sie wieder erkauft hat, am Verdienste zunehmen. Möge dieser Gott, der sich ihnen zur Speise gibt, auch ihr Lohn in der anderen Welt sein.

Daher tun wir Euch kund und ermahnen Euch im Namen des Herrn und durch diese apostolische Anordnung, wir befehlen Euch kraft des heiligen Gehorsams und schärfen euch ein, alle Jahre am fünften oben benannten Wochentag ein so herrliches Fest in allen Kirchen und Orten Eures Bistums feiern zu lassen. Weiter befehlen wir Euch, Eure Untergebenen durch Euch und andere zu ermahnen, sich Sonntags vorher durch eine vollkommene und aufrichtige Beichte, durch Almosen, Gebete und andere gute Werke, welche an diesem Tage des allerheiligsten Sakramentes Gott wohlgefällig sind, sich so vorzubereiten, dass sie dasselbe mit Ehrfurcht genießen, und dadurch eine neue Vermehrung der Gnade erlangen können.

Und da wir die Gläubigen auch durch geistliche Gaben zur Feier und Verehrung dieses Festes aneifern wollen, bewilligen wir jeglichem, der wahrhaftig reumütig beichtend an diesem Tage dem Frühgottesdienst, oder der Messe oder der Vesper beiwohnt, hundert Tage Ablass; jeglichem, der der Prim, Terz, Sext, Non und Komplet beiwohnt, vierzig Tage für jede dieser Stunden.

Überdies erlassen wir allen, welche während der Oktav dem Frühgottesdienst, der Vesper und Messe beiwohnen, gestützt auf die barmherzige Allmacht Gottes und im Vertrauen auf die Autorität der heiligen Apostel Petrus und Paulus, jedesmal hundert Tage an den Bußen, welche ihnen auferlegt sind.

entnommen aus: Ott, Georg, Eucharisticum, Regensburg 1869, S. 207-209 (leicht angepasst an moderne Sprache und Rechtschreibung)